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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.
zur Erlangung der unentbehrlichen allgemeinen Ausbildung ist von
Staatsforstbeamten der Besuch der Universität unbedingt zu fordern.

Allen Anforderungen und Wünschen kann beim Studium an nur
einer Form von Bildungsstätten nicht gleichmässig entsprochen werden.
Praktische Erwägungen wegen der Zahl der Lehrkräfte, sowie das Be-
dürfnis nach einer besseren allgemeinen und staatswissenschaftlichen
Schulung drängen in der Neuzeit immer mehr dazu, die Ausbildung
der Staatsforstbeamten und damit gleichzeitig den höheren forstlichen
Unterricht überhaupt ganz oder vorläufig doch wenigstens teilweise an
die allgemeinen Hochschulen, und zwar an die Universitäten zu
verlegen.

Man hält die zu Gunsten des Universitätsunterrichtes sprechenden
Gründe für so schwerwiegend, dass der mögliche Ausfall an technisch-
praktischer Schulung nicht die Wagschale zu Gunsten der Akademien
sinken machen kann, und zwar um so weniger, als sich an den theo-
retischen Unterricht doch allenthalben eine mehrjährige Praxis anschliesst,
welche diesen Mangel beseitigen soll.

Der Wunsch einer nach allen Seiten gleichmässigen Durchbildung
hat auch zu dem Vorschlage geführt, das Studium in der Weise zu teilen,
dass zuerst auf der Universität die allgemeinen naturwissenschaftlichen,
staatswirtschaftlichen und die juristischen Kollegien gehört werden sollen,
denen das spezielle Fachstudium an einer Akademie folgen würde, wo
auch die Anwendung der Naturwissenschaften für die Forstwissenschaft
ihre Stätte zu finden hätte.

In der Praxis ist dieser Vorschlag noch nicht durchgeführt; die in
Preussen bestehende Bestimmung, dass ausser an Akademien auch während
zweier Semester an einer Universität studiert werden solle, kann nicht
als eine Verwirklichung desselben gelten, da eine prinzipielle Teilung
des Stoffes zwischen beiden Anstalten nicht durchgeführt ist.

Es kann nicht geleugnet werden, dass diese Trennung allerdings
manche Vorzüge bieten würde; ihnen stehen aber auch erhebliche Be-
denken wegen der Schaffung unvollständiger Anstalten gegenüber.

§ 2. Die gegenwärtige Organisation des forstlichen höheren und
mittleren Unterrichtes
. Die gegenwärtige Organisation des höheren
forstlichen Bildungswesens ist in Kürze folgende:

In Deutschland und Oesterreich wird von den Aspiranten des
Staatsforstverwaltungsdienstes, mit Ausnahme einiger kleinerer Staaten
(Sachsen-Weimar, Meiningen, Koburg-Gotha, Oldenburg und den beiden
Schwarzburg), als Vorbedingung das Reifezeugnis eines humanistischen
oder Realgymnasiums gefordert, nur in Preussen ist in neuerer Zeit
den Absolventen der lateinlosen Realschulen auch die Forstverwaltungs-
karriere eröffnet worden.

Als Vorbereitung für den systematischen Unterricht wird in mehreren

Schwappach, Forstpolitik. 8

I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.
zur Erlangung der unentbehrlichen allgemeinen Ausbildung ist von
Staatsforstbeamten der Besuch der Universität unbedingt zu fordern.

Allen Anforderungen und Wünschen kann beim Studium an nur
einer Form von Bildungsstätten nicht gleichmäſsig entsprochen werden.
Praktische Erwägungen wegen der Zahl der Lehrkräfte, sowie das Be-
dürfnis nach einer besseren allgemeinen und staatswissenschaftlichen
Schulung drängen in der Neuzeit immer mehr dazu, die Ausbildung
der Staatsforstbeamten und damit gleichzeitig den höheren forstlichen
Unterricht überhaupt ganz oder vorläufig doch wenigstens teilweise an
die allgemeinen Hochschulen, und zwar an die Universitäten zu
verlegen.

Man hält die zu Gunsten des Universitätsunterrichtes sprechenden
Gründe für so schwerwiegend, daſs der mögliche Ausfall an technisch-
praktischer Schulung nicht die Wagschale zu Gunsten der Akademien
sinken machen kann, und zwar um so weniger, als sich an den theo-
retischen Unterricht doch allenthalben eine mehrjährige Praxis anschlieſst,
welche diesen Mangel beseitigen soll.

Der Wunsch einer nach allen Seiten gleichmäſsigen Durchbildung
hat auch zu dem Vorschlage geführt, das Studium in der Weise zu teilen,
daſs zuerst auf der Universität die allgemeinen naturwissenschaftlichen,
staatswirtschaftlichen und die juristischen Kollegien gehört werden sollen,
denen das spezielle Fachstudium an einer Akademie folgen würde, wo
auch die Anwendung der Naturwissenschaften für die Forstwissenschaft
ihre Stätte zu finden hätte.

In der Praxis ist dieser Vorschlag noch nicht durchgeführt; die in
Preuſsen bestehende Bestimmung, daſs auſser an Akademien auch während
zweier Semester an einer Universität studiert werden solle, kann nicht
als eine Verwirklichung desselben gelten, da eine prinzipielle Teilung
des Stoffes zwischen beiden Anstalten nicht durchgeführt ist.

Es kann nicht geleugnet werden, daſs diese Trennung allerdings
manche Vorzüge bieten würde; ihnen stehen aber auch erhebliche Be-
denken wegen der Schaffung unvollständiger Anstalten gegenüber.

§ 2. Die gegenwärtige Organisation des forstlichen höheren und
mittleren Unterrichtes
. Die gegenwärtige Organisation des höheren
forstlichen Bildungswesens ist in Kürze folgende:

In Deutschland und Oesterreich wird von den Aspiranten des
Staatsforstverwaltungsdienstes, mit Ausnahme einiger kleinerer Staaten
(Sachsen-Weimar, Meiningen, Koburg-Gotha, Oldenburg und den beiden
Schwarzburg), als Vorbedingung das Reifezeugnis eines humanistischen
oder Realgymnasiums gefordert, nur in Preuſsen ist in neuerer Zeit
den Absolventen der lateinlosen Realschulen auch die Forstverwaltungs-
karrière eröffnet worden.

Als Vorbereitung für den systematischen Unterricht wird in mehreren

Schwappach, Forstpolitik. 8
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[113/0131] I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege. zur Erlangung der unentbehrlichen allgemeinen Ausbildung ist von Staatsforstbeamten der Besuch der Universität unbedingt zu fordern. Allen Anforderungen und Wünschen kann beim Studium an nur einer Form von Bildungsstätten nicht gleichmäſsig entsprochen werden. Praktische Erwägungen wegen der Zahl der Lehrkräfte, sowie das Be- dürfnis nach einer besseren allgemeinen und staatswissenschaftlichen Schulung drängen in der Neuzeit immer mehr dazu, die Ausbildung der Staatsforstbeamten und damit gleichzeitig den höheren forstlichen Unterricht überhaupt ganz oder vorläufig doch wenigstens teilweise an die allgemeinen Hochschulen, und zwar an die Universitäten zu verlegen. Man hält die zu Gunsten des Universitätsunterrichtes sprechenden Gründe für so schwerwiegend, daſs der mögliche Ausfall an technisch- praktischer Schulung nicht die Wagschale zu Gunsten der Akademien sinken machen kann, und zwar um so weniger, als sich an den theo- retischen Unterricht doch allenthalben eine mehrjährige Praxis anschlieſst, welche diesen Mangel beseitigen soll. Der Wunsch einer nach allen Seiten gleichmäſsigen Durchbildung hat auch zu dem Vorschlage geführt, das Studium in der Weise zu teilen, daſs zuerst auf der Universität die allgemeinen naturwissenschaftlichen, staatswirtschaftlichen und die juristischen Kollegien gehört werden sollen, denen das spezielle Fachstudium an einer Akademie folgen würde, wo auch die Anwendung der Naturwissenschaften für die Forstwissenschaft ihre Stätte zu finden hätte. In der Praxis ist dieser Vorschlag noch nicht durchgeführt; die in Preuſsen bestehende Bestimmung, daſs auſser an Akademien auch während zweier Semester an einer Universität studiert werden solle, kann nicht als eine Verwirklichung desselben gelten, da eine prinzipielle Teilung des Stoffes zwischen beiden Anstalten nicht durchgeführt ist. Es kann nicht geleugnet werden, daſs diese Trennung allerdings manche Vorzüge bieten würde; ihnen stehen aber auch erhebliche Be- denken wegen der Schaffung unvollständiger Anstalten gegenüber. § 2. Die gegenwärtige Organisation des forstlichen höheren und mittleren Unterrichtes. Die gegenwärtige Organisation des höheren forstlichen Bildungswesens ist in Kürze folgende: In Deutschland und Oesterreich wird von den Aspiranten des Staatsforstverwaltungsdienstes, mit Ausnahme einiger kleinerer Staaten (Sachsen-Weimar, Meiningen, Koburg-Gotha, Oldenburg und den beiden Schwarzburg), als Vorbedingung das Reifezeugnis eines humanistischen oder Realgymnasiums gefordert, nur in Preuſsen ist in neuerer Zeit den Absolventen der lateinlosen Realschulen auch die Forstverwaltungs- karrière eröffnet worden. Als Vorbereitung für den systematischen Unterricht wird in mehreren Schwappach, Forstpolitik. 8

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/131>, abgerufen am 23.04.2024.