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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.
nischen Chemie mit einer weit über die Bedürfnisse des Forstmannes
hinausgehenden Spezialisierung behandelt, während anderseits viele
Elemente und die für Pflanzenphysiologie, Bodenkunde und forstliche
Technologie wichtigen Verbindungen dagegen entweder gar nicht oder
doch nur in ungenügender Weise besprochen werden.

Die Zoologie bietet bei der an den Universitäten üblichen Methode,
welche das gesamte Wissensgebiet von weitem Gesichtspunkte syste-
matisch-anatomisch und allgemein biologisch bespricht, dem Forstmann
für die Praxis seines Berufes nichts.

Dass der Forstmann unmöglich alle jene juristischen Spezial-
kollegien hören kann, deren Gebiet im sogenannten Forstrechte berührt
wird, darf wohl als unbestritten angenommen werden.

Wenn die Ausbildung des Forstmannes auf den Universitäten er-
folgen soll, so muss der Unterricht den Bedürfnissen desselben ent-
sprechend modifiziert werden. Hier bieten sich zwei Wege:

Es können nämlich die allgemeinen Vorlesungen auf dem Gebiete
der Naturwissenschaften so eingerichtet werden, dass sie auch die An-
forderungen der forstlichen Ausbildung berücksichtigen. Dieser Weg
wird dann betreten werden können, wenn die betreffenden Studierenden
einen erheblichen Prozentsatz der Zuhörer ausmachen, also am leich-
testen auf einer kleinen Universität, wie z. B. Giessen. Die andere Mög-
lichkeit besteht darin, dass neben den allgemeinen Kollegien noch
Spezialvorlesungen für die Forstleute eingerichtet werden, wie dies
für andere Berufszweige, namentlich für Mediziner und klassische Philo-
logen, allgemein geschieht und für einzelne Disziplinen in Giessen und
Tübingen bezüglich der Forstleute der Fall ist (Forstbotanik und Forst-
recht). Die vollkommenste Einrichtung dieser Art besteht gegenwärtig in
München, wo in der staatswirtschaftlichen Fakultät zwei besondere Lehr-
stühle für Forstbotanik und forstliche Standortslehre, Meteorologie u. s. w.
eingerichtet sind, sowie Spezialvorlesungen über Forstzoologie und Forst-
recht gehalten werden.

Dieser Modus setzt jedoch die Sicherung einer angemessenen Fre-
quenz durch die Konzentrierung des forstlichen Studiums an einzelnen
Universitäten voraus. Es wäre z. B. absolut undurchführbar, an sämt-
lichen preussischen Universitäten Dozenten zur Abhaltung von solchen
Spezialvorlesungen zu veranlassen; hat man doch auch in Bayern von
den dortigen drei Universitäten nur an einer einzigen entsprechende
Einrichtungen getroffen!

Die Organisation des spezifisch forstlichen Studiums an den Uni-
versitäten bietet ebenfalls Schwierigkeiten. Diese liegen hauptsäch-
lich in der zweckmässigen Einrichtung des äusserst wichtigen Demon-
strationsunterrichtes, welcher für den Forstmann ebenso unentbehrlich
ist, wie für den Mediziner der Besuch der Kliniken.


I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.
nischen Chemie mit einer weit über die Bedürfnisse des Forstmannes
hinausgehenden Spezialisierung behandelt, während anderseits viele
Elemente und die für Pflanzenphysiologie, Bodenkunde und forstliche
Technologie wichtigen Verbindungen dagegen entweder gar nicht oder
doch nur in ungenügender Weise besprochen werden.

Die Zoologie bietet bei der an den Universitäten üblichen Methode,
welche das gesamte Wissensgebiet von weitem Gesichtspunkte syste-
matisch-anatomisch und allgemein biologisch bespricht, dem Forstmann
für die Praxis seines Berufes nichts.

Daſs der Forstmann unmöglich alle jene juristischen Spezial-
kollegien hören kann, deren Gebiet im sogenannten Forstrechte berührt
wird, darf wohl als unbestritten angenommen werden.

Wenn die Ausbildung des Forstmannes auf den Universitäten er-
folgen soll, so muſs der Unterricht den Bedürfnissen desselben ent-
sprechend modifiziert werden. Hier bieten sich zwei Wege:

Es können nämlich die allgemeinen Vorlesungen auf dem Gebiete
der Naturwissenschaften so eingerichtet werden, daſs sie auch die An-
forderungen der forstlichen Ausbildung berücksichtigen. Dieser Weg
wird dann betreten werden können, wenn die betreffenden Studierenden
einen erheblichen Prozentsatz der Zuhörer ausmachen, also am leich-
testen auf einer kleinen Universität, wie z. B. Gieſsen. Die andere Mög-
lichkeit besteht darin, daſs neben den allgemeinen Kollegien noch
Spezialvorlesungen für die Forstleute eingerichtet werden, wie dies
für andere Berufszweige, namentlich für Mediziner und klassische Philo-
logen, allgemein geschieht und für einzelne Disziplinen in Gieſsen und
Tübingen bezüglich der Forstleute der Fall ist (Forstbotanik und Forst-
recht). Die vollkommenste Einrichtung dieser Art besteht gegenwärtig in
München, wo in der staatswirtschaftlichen Fakultät zwei besondere Lehr-
stühle für Forstbotanik und forstliche Standortslehre, Meteorologie u. s. w.
eingerichtet sind, sowie Spezialvorlesungen über Forstzoologie und Forst-
recht gehalten werden.

Dieser Modus setzt jedoch die Sicherung einer angemessenen Fre-
quenz durch die Konzentrierung des forstlichen Studiums an einzelnen
Universitäten voraus. Es wäre z. B. absolut undurchführbar, an sämt-
lichen preuſsischen Universitäten Dozenten zur Abhaltung von solchen
Spezialvorlesungen zu veranlassen; hat man doch auch in Bayern von
den dortigen drei Universitäten nur an einer einzigen entsprechende
Einrichtungen getroffen!

Die Organisation des spezifisch forstlichen Studiums an den Uni-
versitäten bietet ebenfalls Schwierigkeiten. Diese liegen hauptsäch-
lich in der zweckmäſsigen Einrichtung des äuſserst wichtigen Demon-
strationsunterrichtes, welcher für den Forstmann ebenso unentbehrlich
ist, wie für den Mediziner der Besuch der Kliniken.


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[109/0127] I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege. nischen Chemie mit einer weit über die Bedürfnisse des Forstmannes hinausgehenden Spezialisierung behandelt, während anderseits viele Elemente und die für Pflanzenphysiologie, Bodenkunde und forstliche Technologie wichtigen Verbindungen dagegen entweder gar nicht oder doch nur in ungenügender Weise besprochen werden. Die Zoologie bietet bei der an den Universitäten üblichen Methode, welche das gesamte Wissensgebiet von weitem Gesichtspunkte syste- matisch-anatomisch und allgemein biologisch bespricht, dem Forstmann für die Praxis seines Berufes nichts. Daſs der Forstmann unmöglich alle jene juristischen Spezial- kollegien hören kann, deren Gebiet im sogenannten Forstrechte berührt wird, darf wohl als unbestritten angenommen werden. Wenn die Ausbildung des Forstmannes auf den Universitäten er- folgen soll, so muſs der Unterricht den Bedürfnissen desselben ent- sprechend modifiziert werden. Hier bieten sich zwei Wege: Es können nämlich die allgemeinen Vorlesungen auf dem Gebiete der Naturwissenschaften so eingerichtet werden, daſs sie auch die An- forderungen der forstlichen Ausbildung berücksichtigen. Dieser Weg wird dann betreten werden können, wenn die betreffenden Studierenden einen erheblichen Prozentsatz der Zuhörer ausmachen, also am leich- testen auf einer kleinen Universität, wie z. B. Gieſsen. Die andere Mög- lichkeit besteht darin, daſs neben den allgemeinen Kollegien noch Spezialvorlesungen für die Forstleute eingerichtet werden, wie dies für andere Berufszweige, namentlich für Mediziner und klassische Philo- logen, allgemein geschieht und für einzelne Disziplinen in Gieſsen und Tübingen bezüglich der Forstleute der Fall ist (Forstbotanik und Forst- recht). Die vollkommenste Einrichtung dieser Art besteht gegenwärtig in München, wo in der staatswirtschaftlichen Fakultät zwei besondere Lehr- stühle für Forstbotanik und forstliche Standortslehre, Meteorologie u. s. w. eingerichtet sind, sowie Spezialvorlesungen über Forstzoologie und Forst- recht gehalten werden. Dieser Modus setzt jedoch die Sicherung einer angemessenen Fre- quenz durch die Konzentrierung des forstlichen Studiums an einzelnen Universitäten voraus. Es wäre z. B. absolut undurchführbar, an sämt- lichen preuſsischen Universitäten Dozenten zur Abhaltung von solchen Spezialvorlesungen zu veranlassen; hat man doch auch in Bayern von den dortigen drei Universitäten nur an einer einzigen entsprechende Einrichtungen getroffen! Die Organisation des spezifisch forstlichen Studiums an den Uni- versitäten bietet ebenfalls Schwierigkeiten. Diese liegen hauptsäch- lich in der zweckmäſsigen Einrichtung des äuſserst wichtigen Demon- strationsunterrichtes, welcher für den Forstmann ebenso unentbehrlich ist, wie für den Mediziner der Besuch der Kliniken.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/127>, abgerufen am 29.03.2024.