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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
darin besteht, dass in den laufenden Etat nicht die thatsächlich zu er-
wartende Einnahme, sondern ein gewisser Durchschnittsbetrag ein-
gesetzt wird. Werden höhere Einnahmen erzielt, so soll aus dem Über-
schusse ein Reservefond gebildet werden, welchem der Ausfall bei
etwaiger Mindereinnahme entnommen werden könnte.1)

Diese Einrichtung hätte auch den Vorteil, dass sie die bessere
Ausnutzung günstiger Handelskonjunkturen ermöglichen und somit zur
Beseitigung eines vom wirtschaftlichen und finanziellen Standpunkte
gleich berechtigten Vorwurfes beitragen würde. Auf diese Weise wäre
es z. B. wohl angängig gewesen, aus den alten Eichenvorräten des
Spessarts in der ersten Hälfte der 1870er Jahre höchst bedeutende Ein-
nahmen zu erzielen, während diese in der Folgezeit nicht nur um ge-
ringeren Preis verkäuflich waren, sondern auch durch Alter und Krank-
heit immer mehr im Werte zurückgehen.

Es darf allerdings nicht verkannt werden, dass derartige Einrich-
tungen schwer zu schaffen sind, weil das Vorhandensein von Überschüssen,
welche sich bei einer längeren Reihe von günstigen Jahren ansammeln
können, Finanzminister und Volksvertretung leicht zu Eingriffen veran-
lassen; allein wenn es für möglich gehalten wird, auf anderen Gebieten,
z. B. auf jenem der Eisenbahnverwaltungen, durch entsprechende Institu-
tionen eine grössere Gleichmässigkeit der Einnahmen zu sichern, so würden
die Schwierigkeiten auch für die Staatsforstverwaltung nicht unüber-
windlich sein.

Der Staatswaldbesitz bietet weiterhin noch den Vorteil, dass der-
selbe bei Kontrahierung von Anleihen ein in kritischen Zeiten unter
Umständen sehr ins Gewicht fallendes Unterpfand bildet. Vielfach sind
auch dauernde Verpflichtungen des Staates, insbesondere öfters die
Zivillisten (so z. B. in Bayern), mehrfach auch Staatsschuldzinsen be-
züglich ihrer Deckung auf die Einkünfte aus den Domänen und teil-
weise speziell aus den Staatsforsten verwiesen.

Gegen die Veräusserung der Staatsforsten im grossen Massstabe
dürften namentlich die wenig günstigen finanziellen Resultate anzu-
führen sein, welche man überall erzielt hat, wo Verkäufe vorgenommen
wurden, namentlich in Oesterreich. Die Erlöse waren gering und
erreichten häufig kaum die schon niedrig bemessenen Schätzungs-
preise, ausserdem haben inzwischen die Erträge der Waldungen einen
derartigen Aufschwung genommen, dass nachträglich die Verschleude-
rung der Waldungen tief beklagt wird.2)


1) Vgl. die analogen Vorschläge in: Weise, die Taxation der Privatforsten u. s. w.
2) Auch in dieser Beziehung ist die Herrschaft Nadworna interessant: dieselbe
wurde 1845 für 500000 fl. an den Erzherzog Johann verkauft und nachdem inzwischen
durch einen bankerott gewordenen Besitzer Buchmüller sowie die österreichische
Bodenkreditanstalt kolossale Holzmassen abgenutzt worden waren, 1891 um 2270000 fl.
zurückgekauft.

B. Zweiter (spezieller) Teil.
darin besteht, daſs in den laufenden Etat nicht die thatsächlich zu er-
wartende Einnahme, sondern ein gewisser Durchschnittsbetrag ein-
gesetzt wird. Werden höhere Einnahmen erzielt, so soll aus dem Über-
schusse ein Reservefond gebildet werden, welchem der Ausfall bei
etwaiger Mindereinnahme entnommen werden könnte.1)

Diese Einrichtung hätte auch den Vorteil, daſs sie die bessere
Ausnutzung günstiger Handelskonjunkturen ermöglichen und somit zur
Beseitigung eines vom wirtschaftlichen und finanziellen Standpunkte
gleich berechtigten Vorwurfes beitragen würde. Auf diese Weise wäre
es z. B. wohl angängig gewesen, aus den alten Eichenvorräten des
Spessarts in der ersten Hälfte der 1870er Jahre höchst bedeutende Ein-
nahmen zu erzielen, während diese in der Folgezeit nicht nur um ge-
ringeren Preis verkäuflich waren, sondern auch durch Alter und Krank-
heit immer mehr im Werte zurückgehen.

Es darf allerdings nicht verkannt werden, daſs derartige Einrich-
tungen schwer zu schaffen sind, weil das Vorhandensein von Überschüssen,
welche sich bei einer längeren Reihe von günstigen Jahren ansammeln
können, Finanzminister und Volksvertretung leicht zu Eingriffen veran-
lassen; allein wenn es für möglich gehalten wird, auf anderen Gebieten,
z. B. auf jenem der Eisenbahnverwaltungen, durch entsprechende Institu-
tionen eine gröſsere Gleichmäſsigkeit der Einnahmen zu sichern, so würden
die Schwierigkeiten auch für die Staatsforstverwaltung nicht unüber-
windlich sein.

Der Staatswaldbesitz bietet weiterhin noch den Vorteil, daſs der-
selbe bei Kontrahierung von Anleihen ein in kritischen Zeiten unter
Umständen sehr ins Gewicht fallendes Unterpfand bildet. Vielfach sind
auch dauernde Verpflichtungen des Staates, insbesondere öfters die
Zivillisten (so z. B. in Bayern), mehrfach auch Staatsschuldzinsen be-
züglich ihrer Deckung auf die Einkünfte aus den Domänen und teil-
weise speziell aus den Staatsforsten verwiesen.

Gegen die Veräuſserung der Staatsforsten im groſsen Maſsstabe
dürften namentlich die wenig günstigen finanziellen Resultate anzu-
führen sein, welche man überall erzielt hat, wo Verkäufe vorgenommen
wurden, namentlich in Oesterreich. Die Erlöse waren gering und
erreichten häufig kaum die schon niedrig bemessenen Schätzungs-
preise, auſserdem haben inzwischen die Erträge der Waldungen einen
derartigen Aufschwung genommen, daſs nachträglich die Verschleude-
rung der Waldungen tief beklagt wird.2)


1) Vgl. die analogen Vorschläge in: Weise, die Taxation der Privatforsten u. s. w.
2) Auch in dieser Beziehung ist die Herrschaft Nadwórna interessant: dieselbe
wurde 1845 für 500000 fl. an den Erzherzog Johann verkauft und nachdem inzwischen
durch einen bankerott gewordenen Besitzer Buchmüller sowie die österreichische
Bodenkreditanstalt kolossale Holzmassen abgenutzt worden waren, 1891 um 2270000 fl.
zurückgekauft.
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[84/0102] B. Zweiter (spezieller) Teil. darin besteht, daſs in den laufenden Etat nicht die thatsächlich zu er- wartende Einnahme, sondern ein gewisser Durchschnittsbetrag ein- gesetzt wird. Werden höhere Einnahmen erzielt, so soll aus dem Über- schusse ein Reservefond gebildet werden, welchem der Ausfall bei etwaiger Mindereinnahme entnommen werden könnte. 1) Diese Einrichtung hätte auch den Vorteil, daſs sie die bessere Ausnutzung günstiger Handelskonjunkturen ermöglichen und somit zur Beseitigung eines vom wirtschaftlichen und finanziellen Standpunkte gleich berechtigten Vorwurfes beitragen würde. Auf diese Weise wäre es z. B. wohl angängig gewesen, aus den alten Eichenvorräten des Spessarts in der ersten Hälfte der 1870er Jahre höchst bedeutende Ein- nahmen zu erzielen, während diese in der Folgezeit nicht nur um ge- ringeren Preis verkäuflich waren, sondern auch durch Alter und Krank- heit immer mehr im Werte zurückgehen. Es darf allerdings nicht verkannt werden, daſs derartige Einrich- tungen schwer zu schaffen sind, weil das Vorhandensein von Überschüssen, welche sich bei einer längeren Reihe von günstigen Jahren ansammeln können, Finanzminister und Volksvertretung leicht zu Eingriffen veran- lassen; allein wenn es für möglich gehalten wird, auf anderen Gebieten, z. B. auf jenem der Eisenbahnverwaltungen, durch entsprechende Institu- tionen eine gröſsere Gleichmäſsigkeit der Einnahmen zu sichern, so würden die Schwierigkeiten auch für die Staatsforstverwaltung nicht unüber- windlich sein. Der Staatswaldbesitz bietet weiterhin noch den Vorteil, daſs der- selbe bei Kontrahierung von Anleihen ein in kritischen Zeiten unter Umständen sehr ins Gewicht fallendes Unterpfand bildet. Vielfach sind auch dauernde Verpflichtungen des Staates, insbesondere öfters die Zivillisten (so z. B. in Bayern), mehrfach auch Staatsschuldzinsen be- züglich ihrer Deckung auf die Einkünfte aus den Domänen und teil- weise speziell aus den Staatsforsten verwiesen. Gegen die Veräuſserung der Staatsforsten im groſsen Maſsstabe dürften namentlich die wenig günstigen finanziellen Resultate anzu- führen sein, welche man überall erzielt hat, wo Verkäufe vorgenommen wurden, namentlich in Oesterreich. Die Erlöse waren gering und erreichten häufig kaum die schon niedrig bemessenen Schätzungs- preise, auſserdem haben inzwischen die Erträge der Waldungen einen derartigen Aufschwung genommen, daſs nachträglich die Verschleude- rung der Waldungen tief beklagt wird. 2) 1) Vgl. die analogen Vorschläge in: Weise, die Taxation der Privatforsten u. s. w. 2) Auch in dieser Beziehung ist die Herrschaft Nadwórna interessant: dieselbe wurde 1845 für 500000 fl. an den Erzherzog Johann verkauft und nachdem inzwischen durch einen bankerott gewordenen Besitzer Buchmüller sowie die österreichische Bodenkreditanstalt kolossale Holzmassen abgenutzt worden waren, 1891 um 2270000 fl. zurückgekauft.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/102>, abgerufen am 29.03.2024.