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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
terisiert, dass bei ihr der Grossbesitz überwiegende Vorteile besitzt. Der
Bedarf an Arbeit, namentlich an rein mechanischer, ist gering, jener an
geistiger Arbeit dagegen verhältnismässig gross, ausserdem erfordert sie sehr
bedeutende Kapitalien und muss mit langen Zeiträumen rechnen. Alle
diese Voraussetzungen lassen gerade den Staat als geeignetsten Unter-
nehmer der Forstwirtschaft erscheinen. Hierzu kommen aber auch noch
wichtige volkswirtschaftliche Rücksichten, welche namentlich bezüglich
der Schutzwaldungen den Staatsbesitz geradezu fordern, da hier der
finanzielle Gesichtspunkt gegenüber dem Interesse des öffentlichen
Wohles, dessen berufenster Vertreter eben der Staat ist, zurücktreten muss.

Häufig wird behauptet, dass die Rentabilität der Staatswaldungen
geringer sei, als jene der Privatwaldungen.

Die Ausnutzung eines Waldes ohne Rücksicht auf die Zukunft wird
allerdings von Privaten in der Regel energischer und gewinnbringender
betrieben, als vom Staate. Wesentlich anders liegt aber das Verhältnis
bei einer auf Nachhaltigkeit berechneten Wirtschaft. Hier besteht ein
erheblicher Unterschied zwischen der Rentabilität der Staatswaldungen
und solcher Waldungen, die im Fideikommissverbande stehen oder kon-
servativ wirtschaftenden Besitzern gehören, nicht, wenn für beide For-
men die gleichen Bedingungen vorliegen. Die höhere Rentabilität
der Privatforsten wird fast stets durch Zahlen darzuthun versucht,
welchen diese Voraussetzung der Vergleichbarkeit fehlt.1)

Die ebenfalls öfters gerügte Schwerfälligkeit ist weniger eine
Folge des Staatsbesitzes an und für sich, als vielmehr durch die Aus-
dehnung des Besitzes veranlasst und findet sich daher in ähnlicher Weise
auch bei anderen grossen Waldbesitzungen.

Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass in den Staatswal-
dungen häufig die technische Seite des Betriebes mit grösserer Vorliebe
gepflegt wird, als die merkantile Seite. Ausserdem wird die rationelle
und lukrative Verwertung der Forstprodukte auch vielfach durch un-
nötige Formalitäten des Rechnungs- und Kassenwesens erschwert. In-
dessen ist in neuerer Zeit doch eine erhebliche Besserung bezüglich der
Verwertung eingetreten. Die Vorsichtsmassregeln beim Verkaufe aber sind
wegen des grossen Umfanges des Betriebes, bis zu einem gewissen Grade
wenigstens, unvermeidbar, obwohl keineswegs behauptet werden kann,
dass alle Formen der büreaukratischen Verwaltung vollkommen seien.

Auch in technischer Beziehung wird der Staatsforstverwaltung der
Vorwurf gemacht, dass sie weniger bereit sei, Reformen und Neuerungen
einzuführen, als der Private. Vorsicht ist gewiss geboten, denn Fehler

1) So hat z. B. Cube in seiner "Geschichtlichen Entwickelung der fürstlich
Stolbergschen Forsten zu Wernigerode" die Erträge dieser Forsten, welche zum
weitaus grössten Teile aus Fichten bestehen, in dichtbevölkerter, industriereicher Gegend
liegen, mit dem Durchschnitt sämtlicher preussischer Staatswaldungen verglichen.

B. Zweiter (spezieller) Teil.
terisiert, daſs bei ihr der Groſsbesitz überwiegende Vorteile besitzt. Der
Bedarf an Arbeit, namentlich an rein mechanischer, ist gering, jener an
geistiger Arbeit dagegen verhältnismäſsig groſs, auſserdem erfordert sie sehr
bedeutende Kapitalien und muſs mit langen Zeiträumen rechnen. Alle
diese Voraussetzungen lassen gerade den Staat als geeignetsten Unter-
nehmer der Forstwirtschaft erscheinen. Hierzu kommen aber auch noch
wichtige volkswirtschaftliche Rücksichten, welche namentlich bezüglich
der Schutzwaldungen den Staatsbesitz geradezu fordern, da hier der
finanzielle Gesichtspunkt gegenüber dem Interesse des öffentlichen
Wohles, dessen berufenster Vertreter eben der Staat ist, zurücktreten muss.

Häufig wird behauptet, daſs die Rentabilität der Staatswaldungen
geringer sei, als jene der Privatwaldungen.

Die Ausnutzung eines Waldes ohne Rücksicht auf die Zukunft wird
allerdings von Privaten in der Regel energischer und gewinnbringender
betrieben, als vom Staate. Wesentlich anders liegt aber das Verhältnis
bei einer auf Nachhaltigkeit berechneten Wirtschaft. Hier besteht ein
erheblicher Unterschied zwischen der Rentabilität der Staatswaldungen
und solcher Waldungen, die im Fideikommiſsverbande stehen oder kon-
servativ wirtschaftenden Besitzern gehören, nicht, wenn für beide For-
men die gleichen Bedingungen vorliegen. Die höhere Rentabilität
der Privatforsten wird fast stets durch Zahlen darzuthun versucht,
welchen diese Voraussetzung der Vergleichbarkeit fehlt.1)

Die ebenfalls öfters gerügte Schwerfälligkeit ist weniger eine
Folge des Staatsbesitzes an und für sich, als vielmehr durch die Aus-
dehnung des Besitzes veranlaſst und findet sich daher in ähnlicher Weise
auch bei anderen groſsen Waldbesitzungen.

Es ist allerdings nicht zu verkennen, daſs in den Staatswal-
dungen häufig die technische Seite des Betriebes mit gröſserer Vorliebe
gepflegt wird, als die merkantile Seite. Auſserdem wird die rationelle
und lukrative Verwertung der Forstprodukte auch vielfach durch un-
nötige Formalitäten des Rechnungs- und Kassenwesens erschwert. In-
dessen ist in neuerer Zeit doch eine erhebliche Besserung bezüglich der
Verwertung eingetreten. Die Vorsichtsmaſsregeln beim Verkaufe aber sind
wegen des groſsen Umfanges des Betriebes, bis zu einem gewissen Grade
wenigstens, unvermeidbar, obwohl keineswegs behauptet werden kann,
daſs alle Formen der büreaukratischen Verwaltung vollkommen seien.

Auch in technischer Beziehung wird der Staatsforstverwaltung der
Vorwurf gemacht, daſs sie weniger bereit sei, Reformen und Neuerungen
einzuführen, als der Private. Vorsicht ist gewiſs geboten, denn Fehler

1) So hat z. B. Cube in seiner „Geschichtlichen Entwickelung der fürstlich
Stolbergschen Forsten zu Wernigerode“ die Erträge dieser Forsten, welche zum
weitaus gröſsten Teile aus Fichten bestehen, in dichtbevölkerter, industriereicher Gegend
liegen, mit dem Durchschnitt sämtlicher preuſsischer Staatswaldungen verglichen.
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[82/0100] B. Zweiter (spezieller) Teil. terisiert, daſs bei ihr der Groſsbesitz überwiegende Vorteile besitzt. Der Bedarf an Arbeit, namentlich an rein mechanischer, ist gering, jener an geistiger Arbeit dagegen verhältnismäſsig groſs, auſserdem erfordert sie sehr bedeutende Kapitalien und muſs mit langen Zeiträumen rechnen. Alle diese Voraussetzungen lassen gerade den Staat als geeignetsten Unter- nehmer der Forstwirtschaft erscheinen. Hierzu kommen aber auch noch wichtige volkswirtschaftliche Rücksichten, welche namentlich bezüglich der Schutzwaldungen den Staatsbesitz geradezu fordern, da hier der finanzielle Gesichtspunkt gegenüber dem Interesse des öffentlichen Wohles, dessen berufenster Vertreter eben der Staat ist, zurücktreten muss. Häufig wird behauptet, daſs die Rentabilität der Staatswaldungen geringer sei, als jene der Privatwaldungen. Die Ausnutzung eines Waldes ohne Rücksicht auf die Zukunft wird allerdings von Privaten in der Regel energischer und gewinnbringender betrieben, als vom Staate. Wesentlich anders liegt aber das Verhältnis bei einer auf Nachhaltigkeit berechneten Wirtschaft. Hier besteht ein erheblicher Unterschied zwischen der Rentabilität der Staatswaldungen und solcher Waldungen, die im Fideikommiſsverbande stehen oder kon- servativ wirtschaftenden Besitzern gehören, nicht, wenn für beide For- men die gleichen Bedingungen vorliegen. Die höhere Rentabilität der Privatforsten wird fast stets durch Zahlen darzuthun versucht, welchen diese Voraussetzung der Vergleichbarkeit fehlt. 1) Die ebenfalls öfters gerügte Schwerfälligkeit ist weniger eine Folge des Staatsbesitzes an und für sich, als vielmehr durch die Aus- dehnung des Besitzes veranlaſst und findet sich daher in ähnlicher Weise auch bei anderen groſsen Waldbesitzungen. Es ist allerdings nicht zu verkennen, daſs in den Staatswal- dungen häufig die technische Seite des Betriebes mit gröſserer Vorliebe gepflegt wird, als die merkantile Seite. Auſserdem wird die rationelle und lukrative Verwertung der Forstprodukte auch vielfach durch un- nötige Formalitäten des Rechnungs- und Kassenwesens erschwert. In- dessen ist in neuerer Zeit doch eine erhebliche Besserung bezüglich der Verwertung eingetreten. Die Vorsichtsmaſsregeln beim Verkaufe aber sind wegen des groſsen Umfanges des Betriebes, bis zu einem gewissen Grade wenigstens, unvermeidbar, obwohl keineswegs behauptet werden kann, daſs alle Formen der büreaukratischen Verwaltung vollkommen seien. Auch in technischer Beziehung wird der Staatsforstverwaltung der Vorwurf gemacht, daſs sie weniger bereit sei, Reformen und Neuerungen einzuführen, als der Private. Vorsicht ist gewiſs geboten, denn Fehler 1) So hat z. B. Cube in seiner „Geschichtlichen Entwickelung der fürstlich Stolbergschen Forsten zu Wernigerode“ die Erträge dieser Forsten, welche zum weitaus gröſsten Teile aus Fichten bestehen, in dichtbevölkerter, industriereicher Gegend liegen, mit dem Durchschnitt sämtlicher preuſsischer Staatswaldungen verglichen.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/100>, abgerufen am 28.03.2024.