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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838.

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Vorwort.


Es ist eine schöne Eigenthümlichkeit der Mythen und Heldensagen
des klassischen Alterthums, daß sie für die Blicke des Forschers und
für das Auge der Einfalt einen zwar verschiedenartigen, aber doch
gleich mächtigen Reiz haben. Während der Gelehrte in ihnen den
Anfängen alles menschlichen Wissens, den Grundgedanken der Religion
und Philosophie, der ersten Morgendämmerung der Geschichte nachgeht,
entzückt den unbefangenen Betrachter die Entfaltung der reichsten Ge¬
stalten, das Schauspiel einer gleichsam noch in der Schöpfung begrif¬
fenen Natur und Geisterwelt; er sieht mit Lust und Bewunderung die
Erde mit Göttern und Göttersöhnen aus dem Chaos emporsteigen und
in raschen Bilderreihen den Prometheusfunken im Menschen den Kampf
mit der Barbarei beginnen, die Cultur der Wildniß, die Bildung
der Barbarei, die Vernunft oder die Nothwendigkeit der Leidenschaft

Vorwort.


Es iſt eine ſchöne Eigenthümlichkeit der Mythen und Heldenſagen
des klaſſiſchen Alterthums, daß ſie für die Blicke des Forſchers und
für das Auge der Einfalt einen zwar verſchiedenartigen, aber doch
gleich mächtigen Reiz haben. Während der Gelehrte in ihnen den
Anfängen alles menſchlichen Wiſſens, den Grundgedanken der Religion
und Philoſophie, der erſten Morgendämmerung der Geſchichte nachgeht,
entzückt den unbefangenen Betrachter die Entfaltung der reichſten Ge¬
ſtalten, das Schauſpiel einer gleichſam noch in der Schöpfung begrif¬
fenen Natur und Geiſterwelt; er ſieht mit Luſt und Bewunderung die
Erde mit Göttern und Götterſöhnen aus dem Chaos emporſteigen und
in raſchen Bilderreihen den Prometheusfunken im Menſchen den Kampf
mit der Barbarei beginnen, die Cultur der Wildniß, die Bildung
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[[V]/0017] Vorwort. Es iſt eine ſchöne Eigenthümlichkeit der Mythen und Heldenſagen des klaſſiſchen Alterthums, daß ſie für die Blicke des Forſchers und für das Auge der Einfalt einen zwar verſchiedenartigen, aber doch gleich mächtigen Reiz haben. Während der Gelehrte in ihnen den Anfängen alles menſchlichen Wiſſens, den Grundgedanken der Religion und Philoſophie, der erſten Morgendämmerung der Geſchichte nachgeht, entzückt den unbefangenen Betrachter die Entfaltung der reichſten Ge¬ ſtalten, das Schauſpiel einer gleichſam noch in der Schöpfung begrif¬ fenen Natur und Geiſterwelt; er ſieht mit Luſt und Bewunderung die Erde mit Göttern und Götterſöhnen aus dem Chaos emporſteigen und in raſchen Bilderreihen den Prometheusfunken im Menſchen den Kampf mit der Barbarei beginnen, die Cultur der Wildniß, die Bildung der Barbarei, die Vernunft oder die Nothwendigkeit der Leidenſchaft

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. [V]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/17>, abgerufen am 29.03.2024.