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Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814.

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stimmung mit dem ursprünglichen Zwecke der Natur,
(Unschädlichkeit) welche dieser Thierformation vor al-
len andern zukommen, sind überhaupt Charakter der äl-
tern Zeit. Noch stehet dieser Kreis von Wesen in einer
Region des Friedens, er ist vor jenem der Raubthiere,
und über ihn erhoben, was sich schon dadurch zeigt,
daß er bis zu einem gewissen Grade von den Raub-
thieren unbezwinglich, für diese gleichsam nicht vorhan-
den, außer Beziehung auf dieselben ist. Zugleich ist
aber auch diese Weltperiode des Thierreichs meist au-
ßer näherem Verhältniß zum Menschen, sie ist auch
für ihn zum Theil unbezwingbar; während sich eine
fast eben so alte Thierwelt, deren Repräsentant der
Stier ist, schon ungleich näher und inniger den Be-
dürfnissen des Menschen anfügt, unmittelbar für den
Menschen vorhanden scheint. Dieser zweyte Kreis
sinkt mit dem Menschen zugleich, in der dritten Pe-
riode, in die Region des Kampfes, der Zerstörung.
Es zeichnet die Thiere der dritten, ebenfalls sehr al-
ten Formation, die größeren Raubthiere, -- eine vor-
zügliche Menschenähnlichkeit aus, sey es nun, daß sie
mit dem Menschen in einer noch näheren Beziehung
gestanden, als die beyden früheren, und daß der
Mensch, der nach der ältesten Tradition Ursache jener
Katastrophe war, durch welche Kampf und Wider-
spruch in die ihn umgebende Natur kam, sie vorzüg-
lich mit in seinen Fall verwickelte; oder daß sie zum
Theile erst ihre Entstehung jener durch den Menschen
herbeygeführten, großen Veränderung verdanken. Re-
präsentant dieses dritten Sternbildes ist der Löwe.
Die körperliche Größe, längere Lebensdauer, jene
Innerlichkeit nnd Ruhe, welche die frühere Thierwelt

cha-

ſtimmung mit dem urſpruͤnglichen Zwecke der Natur,
(Unſchaͤdlichkeit) welche dieſer Thierformation vor al-
len andern zukommen, ſind uͤberhaupt Charakter der aͤl-
tern Zeit. Noch ſtehet dieſer Kreis von Weſen in einer
Region des Friedens, er iſt vor jenem der Raubthiere,
und uͤber ihn erhoben, was ſich ſchon dadurch zeigt,
daß er bis zu einem gewiſſen Grade von den Raub-
thieren unbezwinglich, fuͤr dieſe gleichſam nicht vorhan-
den, außer Beziehung auf dieſelben iſt. Zugleich iſt
aber auch dieſe Weltperiode des Thierreichs meiſt au-
ßer naͤherem Verhaͤltniß zum Menſchen, ſie iſt auch
fuͤr ihn zum Theil unbezwingbar; waͤhrend ſich eine
faſt eben ſo alte Thierwelt, deren Repraͤſentant der
Stier iſt, ſchon ungleich naͤher und inniger den Be-
duͤrfniſſen des Menſchen anfuͤgt, unmittelbar fuͤr den
Menſchen vorhanden ſcheint. Dieſer zweyte Kreis
ſinkt mit dem Menſchen zugleich, in der dritten Pe-
riode, in die Region des Kampfes, der Zerſtoͤrung.
Es zeichnet die Thiere der dritten, ebenfalls ſehr al-
ten Formation, die groͤßeren Raubthiere, — eine vor-
zuͤgliche Menſchenaͤhnlichkeit aus, ſey es nun, daß ſie
mit dem Menſchen in einer noch naͤheren Beziehung
geſtanden, als die beyden fruͤheren, und daß der
Menſch, der nach der aͤlteſten Tradition Urſache jener
Kataſtrophe war, durch welche Kampf und Wider-
ſpruch in die ihn umgebende Natur kam, ſie vorzuͤg-
lich mit in ſeinen Fall verwickelte; oder daß ſie zum
Theile erſt ihre Entſtehung jener durch den Menſchen
herbeygefuͤhrten, großen Veraͤnderung verdanken. Re-
praͤſentant dieſes dritten Sternbildes iſt der Loͤwe.
Die koͤrperliche Groͤße, laͤngere Lebensdauer, jene
Innerlichkeit nnd Ruhe, welche die fruͤhere Thierwelt

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[39/0049] ſtimmung mit dem urſpruͤnglichen Zwecke der Natur, (Unſchaͤdlichkeit) welche dieſer Thierformation vor al- len andern zukommen, ſind uͤberhaupt Charakter der aͤl- tern Zeit. Noch ſtehet dieſer Kreis von Weſen in einer Region des Friedens, er iſt vor jenem der Raubthiere, und uͤber ihn erhoben, was ſich ſchon dadurch zeigt, daß er bis zu einem gewiſſen Grade von den Raub- thieren unbezwinglich, fuͤr dieſe gleichſam nicht vorhan- den, außer Beziehung auf dieſelben iſt. Zugleich iſt aber auch dieſe Weltperiode des Thierreichs meiſt au- ßer naͤherem Verhaͤltniß zum Menſchen, ſie iſt auch fuͤr ihn zum Theil unbezwingbar; waͤhrend ſich eine faſt eben ſo alte Thierwelt, deren Repraͤſentant der Stier iſt, ſchon ungleich naͤher und inniger den Be- duͤrfniſſen des Menſchen anfuͤgt, unmittelbar fuͤr den Menſchen vorhanden ſcheint. Dieſer zweyte Kreis ſinkt mit dem Menſchen zugleich, in der dritten Pe- riode, in die Region des Kampfes, der Zerſtoͤrung. Es zeichnet die Thiere der dritten, ebenfalls ſehr al- ten Formation, die groͤßeren Raubthiere, — eine vor- zuͤgliche Menſchenaͤhnlichkeit aus, ſey es nun, daß ſie mit dem Menſchen in einer noch naͤheren Beziehung geſtanden, als die beyden fruͤheren, und daß der Menſch, der nach der aͤlteſten Tradition Urſache jener Kataſtrophe war, durch welche Kampf und Wider- ſpruch in die ihn umgebende Natur kam, ſie vorzuͤg- lich mit in ſeinen Fall verwickelte; oder daß ſie zum Theile erſt ihre Entſtehung jener durch den Menſchen herbeygefuͤhrten, großen Veraͤnderung verdanken. Re- praͤſentant dieſes dritten Sternbildes iſt der Loͤwe. Die koͤrperliche Groͤße, laͤngere Lebensdauer, jene Innerlichkeit nnd Ruhe, welche die fruͤhere Thierwelt cha-

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/49>, abgerufen am 29.03.2024.