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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

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ist, für unzuverlässig halten; *) möge selbst die et-
was bescheidnere Erzählung der epytischen Priester,
welche, da sie, auf die Wandelbarkeit ihrer bewegli-
chen Jahre deutend, dem Herodot berichtet, daß die
Sonne schon viermal den gewöhnlichen Lauf ver-
ändert habe, sich hierbey auf eine mehr als eilftau-
sendjährige Erfahrung beriefen, unglaublich gefunden
werden; so wird man wenigstens eine Menge von
Thatsachen, welche Bailly, der ja selbst die Zahlen der
Jahre in der alten Geschichte so sehr als möglich her-
unter zu setzen suchte, aufgestellt hat, und welche
sämmtlich das Alter der Astronomie auf 7000 Jahre
setzen, nicht läugnen mögen. So wenn man selbst
jene drey und zwanzig und ein halb Jahrtausend alte
Beobachtung der Indier, nach welcher alle fünf älte-
ren Planeten an einem Punkt des Himmels vereinigt
waren, kühn genug erst aus späteren Rechnungen auf-
gestellt glaubte, blieben doch wenigstens jene Tafeln
von der Zunahme der Tage, welche die Braminen noch
jetzt haben, in ihrem 7600jährigen Alter unbestrit-
ten, **) und eben so alt scheint eine ähnliche Beobach-

*) Verschiedene, sonst ziemlich übereinstimmende Schrift-
steller, die z. B. von der egyptischen Geschichte handeln,
setzen dieselben Zeiträume, einige auf 48863, andre auf
23000 Jahre. M. s. Bailly.
**) Diese Tafeln setzen nämlich die Schiefe der Ecliptik über
25 Grad, mithin anderthalb Grad mehr als sie jezt be-
trägt. Da sie nun in 1900 Jahren (von Hipparch bis zu
uns) um 23 Minuten abgenommen hat, hätte sie, wenn

iſt, fuͤr unzuverlaͤſſig halten; *) moͤge ſelbſt die et-
was beſcheidnere Erzaͤhlung der epytiſchen Prieſter,
welche, da ſie, auf die Wandelbarkeit ihrer bewegli-
chen Jahre deutend, dem Herodot berichtet, daß die
Sonne ſchon viermal den gewoͤhnlichen Lauf ver-
aͤndert habe, ſich hierbey auf eine mehr als eilftau-
ſendjaͤhrige Erfahrung beriefen, unglaublich gefunden
werden; ſo wird man wenigſtens eine Menge von
Thatſachen, welche Bailly, der ja ſelbſt die Zahlen der
Jahre in der alten Geſchichte ſo ſehr als moͤglich her-
unter zu ſetzen ſuchte, aufgeſtellt hat, und welche
ſaͤmmtlich das Alter der Aſtronomie auf 7000 Jahre
ſetzen, nicht laͤugnen moͤgen. So wenn man ſelbſt
jene drey und zwanzig und ein halb Jahrtauſend alte
Beobachtung der Indier, nach welcher alle fuͤnf aͤlte-
ren Planeten an einem Punkt des Himmels vereinigt
waren, kuͤhn genug erſt aus ſpaͤteren Rechnungen auf-
geſtellt glaubte, blieben doch wenigſtens jene Tafeln
von der Zunahme der Tage, welche die Braminen noch
jetzt haben, in ihrem 7600jaͤhrigen Alter unbeſtrit-
ten, **) und eben ſo alt ſcheint eine aͤhnliche Beobach-

*) Verſchiedene, ſonſt ziemlich uͤbereinſtimmende Schrift-
ſteller, die z. B. von der egyptiſchen Geſchichte handeln,
ſetzen dieſelben Zeitraͤume, einige auf 48863, andre auf
23000 Jahre. M. ſ. Bailly.
**) Dieſe Tafeln ſetzen naͤmlich die Schiefe der Ecliptik uͤber
25 Grad, mithin anderthalb Grad mehr als ſie jezt be-
traͤgt. Da ſie nun in 1900 Jahren (von Hipparch bis zu
uns) um 23 Minuten abgenommen hat, haͤtte ſie, wenn
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[30/0044] iſt, fuͤr unzuverlaͤſſig halten; *) moͤge ſelbſt die et- was beſcheidnere Erzaͤhlung der epytiſchen Prieſter, welche, da ſie, auf die Wandelbarkeit ihrer bewegli- chen Jahre deutend, dem Herodot berichtet, daß die Sonne ſchon viermal den gewoͤhnlichen Lauf ver- aͤndert habe, ſich hierbey auf eine mehr als eilftau- ſendjaͤhrige Erfahrung beriefen, unglaublich gefunden werden; ſo wird man wenigſtens eine Menge von Thatſachen, welche Bailly, der ja ſelbſt die Zahlen der Jahre in der alten Geſchichte ſo ſehr als moͤglich her- unter zu ſetzen ſuchte, aufgeſtellt hat, und welche ſaͤmmtlich das Alter der Aſtronomie auf 7000 Jahre ſetzen, nicht laͤugnen moͤgen. So wenn man ſelbſt jene drey und zwanzig und ein halb Jahrtauſend alte Beobachtung der Indier, nach welcher alle fuͤnf aͤlte- ren Planeten an einem Punkt des Himmels vereinigt waren, kuͤhn genug erſt aus ſpaͤteren Rechnungen auf- geſtellt glaubte, blieben doch wenigſtens jene Tafeln von der Zunahme der Tage, welche die Braminen noch jetzt haben, in ihrem 7600jaͤhrigen Alter unbeſtrit- ten, **) und eben ſo alt ſcheint eine aͤhnliche Beobach- *) Verſchiedene, ſonſt ziemlich uͤbereinſtimmende Schrift- ſteller, die z. B. von der egyptiſchen Geſchichte handeln, ſetzen dieſelben Zeitraͤume, einige auf 48863, andre auf 23000 Jahre. M. ſ. Bailly. **) Dieſe Tafeln ſetzen naͤmlich die Schiefe der Ecliptik uͤber 25 Grad, mithin anderthalb Grad mehr als ſie jezt be- traͤgt. Da ſie nun in 1900 Jahren (von Hipparch bis zu uns) um 23 Minuten abgenommen hat, haͤtte ſie, wenn

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/44>, abgerufen am 19.04.2024.