Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

rend sie selbst über und über glühte. Ich danke Ihnen, Gretchen, stotterte ich, daß Sie meinem Wunsche nachgegeben haben; wenn ich jedoch ganz zufrieden sein soll, so bitte ich Sie, dieser unbedeutenden Sache nicht mehr zwischen uns zu erwähnen.

Mamsell Gretchen! Mamsell Gretchen! rief Brigitte durch die halb geöffnete Thür. -- Was giebt's denn, Jungfer Brigitte? brummte Paul. -- Es ist ein Frauenzimmer hier, sagte die Alte gar freundlich, das mit Mamsell sprechen will. Kommen Sie doch heraus, liebes Kind!

Liebes Kind! äffte Paul der Alten nach, als sie mit Gretchen fort war. Haben Sie das Fratzengesicht gesehen, Herr, das die alte Trude dazu machte? Ich bin doch begierig, was das für ein Besuch ist.

Paul ging, und kam nach einiger Zeit sehr übellaunig zurück. Eine Mad. Miller sei da, erzählte er, und schon eine gute Weile mit Gretchen eingeschlossen. Nach Brigittens Aeußerungen, welche sehr vergnügt scheine, vermuthe er, daß von einem Dienstantrage für Gretchen die Rede sei. Er wolle wetten, die ganze Sache sei von der Alten angestiftet und stehe mit ihrem heutigen frühen Ausgange in Verbindung. Sie werde auch nicht ruhen, setzte er hinzu, indem er wieder wegging, bis sie das liebe Mädchen aus dem Hause vertrieben habe.

Paul's Vermuthungen schienen nicht ungegründet. Nach einigen Minuten trat Gretchen selbst in mein Zimmer, etwas nachdenklich und, wie ich mit Verwunderung

rend sie selbst über und über glühte. Ich danke Ihnen, Gretchen, stotterte ich, daß Sie meinem Wunsche nachgegeben haben; wenn ich jedoch ganz zufrieden sein soll, so bitte ich Sie, dieser unbedeutenden Sache nicht mehr zwischen uns zu erwähnen.

Mamsell Gretchen! Mamsell Gretchen! rief Brigitte durch die halb geöffnete Thür. — Was giebt's denn, Jungfer Brigitte? brummte Paul. — Es ist ein Frauenzimmer hier, sagte die Alte gar freundlich, das mit Mamsell sprechen will. Kommen Sie doch heraus, liebes Kind!

Liebes Kind! äffte Paul der Alten nach, als sie mit Gretchen fort war. Haben Sie das Fratzengesicht gesehen, Herr, das die alte Trude dazu machte? Ich bin doch begierig, was das für ein Besuch ist.

Paul ging, und kam nach einiger Zeit sehr übellaunig zurück. Eine Mad. Miller sei da, erzählte er, und schon eine gute Weile mit Gretchen eingeschlossen. Nach Brigittens Aeußerungen, welche sehr vergnügt scheine, vermuthe er, daß von einem Dienstantrage für Gretchen die Rede sei. Er wolle wetten, die ganze Sache sei von der Alten angestiftet und stehe mit ihrem heutigen frühen Ausgange in Verbindung. Sie werde auch nicht ruhen, setzte er hinzu, indem er wieder wegging, bis sie das liebe Mädchen aus dem Hause vertrieben habe.

Paul's Vermuthungen schienen nicht ungegründet. Nach einigen Minuten trat Gretchen selbst in mein Zimmer, etwas nachdenklich und, wie ich mit Verwunderung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="10">
        <p><pb facs="#f0048"/>
rend sie selbst über und über glühte. Ich danke                Ihnen, Gretchen, stotterte ich, daß Sie meinem Wunsche nachgegeben haben; wenn ich                jedoch ganz zufrieden sein soll, so bitte ich Sie, dieser unbedeutenden Sache nicht                mehr zwischen uns zu erwähnen.</p><lb/>
        <p>Mamsell Gretchen! Mamsell Gretchen! rief Brigitte durch die halb geöffnete Thür. &#x2014;                Was giebt's denn, Jungfer Brigitte? brummte Paul. &#x2014; Es ist ein Frauenzimmer hier,                sagte die Alte gar freundlich, das mit Mamsell sprechen will. Kommen Sie doch heraus,                liebes Kind!</p><lb/>
        <p>Liebes Kind! äffte Paul der Alten nach, als sie mit Gretchen fort war. Haben Sie das                Fratzengesicht gesehen, Herr, das die alte Trude dazu machte? Ich bin doch begierig,                was das für ein Besuch ist.</p><lb/>
        <p>Paul ging, und kam nach einiger Zeit sehr übellaunig zurück. Eine Mad. Miller sei da,                erzählte er, und schon eine gute Weile mit Gretchen eingeschlossen. Nach Brigittens                Aeußerungen, welche sehr vergnügt scheine, vermuthe er, daß von einem Dienstantrage                für Gretchen die Rede sei. Er wolle wetten, die ganze Sache sei von der Alten                angestiftet und stehe mit ihrem heutigen frühen Ausgange in Verbindung. Sie werde                auch nicht ruhen, setzte er hinzu, indem er wieder wegging, bis sie das liebe Mädchen                aus dem Hause vertrieben habe.</p><lb/>
        <p>Paul's Vermuthungen schienen nicht ungegründet. Nach einigen Minuten trat Gretchen                selbst in mein Zimmer, etwas nachdenklich und, wie ich mit Verwunderung<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0048] rend sie selbst über und über glühte. Ich danke Ihnen, Gretchen, stotterte ich, daß Sie meinem Wunsche nachgegeben haben; wenn ich jedoch ganz zufrieden sein soll, so bitte ich Sie, dieser unbedeutenden Sache nicht mehr zwischen uns zu erwähnen. Mamsell Gretchen! Mamsell Gretchen! rief Brigitte durch die halb geöffnete Thür. — Was giebt's denn, Jungfer Brigitte? brummte Paul. — Es ist ein Frauenzimmer hier, sagte die Alte gar freundlich, das mit Mamsell sprechen will. Kommen Sie doch heraus, liebes Kind! Liebes Kind! äffte Paul der Alten nach, als sie mit Gretchen fort war. Haben Sie das Fratzengesicht gesehen, Herr, das die alte Trude dazu machte? Ich bin doch begierig, was das für ein Besuch ist. Paul ging, und kam nach einiger Zeit sehr übellaunig zurück. Eine Mad. Miller sei da, erzählte er, und schon eine gute Weile mit Gretchen eingeschlossen. Nach Brigittens Aeußerungen, welche sehr vergnügt scheine, vermuthe er, daß von einem Dienstantrage für Gretchen die Rede sei. Er wolle wetten, die ganze Sache sei von der Alten angestiftet und stehe mit ihrem heutigen frühen Ausgange in Verbindung. Sie werde auch nicht ruhen, setzte er hinzu, indem er wieder wegging, bis sie das liebe Mädchen aus dem Hause vertrieben habe. Paul's Vermuthungen schienen nicht ungegründet. Nach einigen Minuten trat Gretchen selbst in mein Zimmer, etwas nachdenklich und, wie ich mit Verwunderung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:30:04Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:30:04Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/48
Zitationshilfe: Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/48>, abgerufen am 25.04.2024.