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Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Boden befände. Der Rest unserer Reise ging schnell und ruhig von Statten, ohne solche kleine Unfälle und Fährlichkeiten, als ich bisher zu berichten hatte. Es war beinahe Nacht, da wir bei meinem Hause in der Stadt ankamen. Ich hatte bei mir selbst überlegt, daß es wohl schicklicher sein würde, Gretchen in einem benachbarten Gasthause unterzubringen, als sie in meine Junggesellenwirthschaft aufzunehmen. Gretchen selbst erwartete nichts Anderes; denn als wir ausgestiegen waren, dankte sie mir herzlich für die Güte, sie bis hierher geführt zu haben, und bat Paul, ihr den kleinen Bündel zu geben, den er in Verwahrung genommen; ihren Koffer wolle sie morgen früh abholen lassen.

Die Mamsell, sagte Paul, wird doch nicht in eitler Nacht herumwandern sollen, um eine Schlafstelle in der großen fremden Stadt zu suchen? Da ist ja das ledige Bett in Jungfer Brigittens Zimmer, worin sie die Nacht recht gut zubringen kann. -- Paul hat Recht, unterbrach ich Gretchen, die etwas erwidern wollte; ich dachte nicht gleich daran. Sie dürfen den Vorschlag nicht ablehnen, Gretchen; die Anständigkeit selbst könnte gegen eine Schlafstelle in dem Zimmer meiner alten Haushälterin nichts einzuwenden haben. Aber, -- meinte Gretchen. -- Keine weiteren Umstände, Kind! sagte ich, und faßte ihre Hand, um sie die Treppe hinauf zu führen; morgen früh wollen wir dann sehen, wo Sie etwa sonst wohnen können, wenn es Ihnen in dem Hause eines ehrbaren alten Junggesellen nicht länger gefällt.

Boden befände. Der Rest unserer Reise ging schnell und ruhig von Statten, ohne solche kleine Unfälle und Fährlichkeiten, als ich bisher zu berichten hatte. Es war beinahe Nacht, da wir bei meinem Hause in der Stadt ankamen. Ich hatte bei mir selbst überlegt, daß es wohl schicklicher sein würde, Gretchen in einem benachbarten Gasthause unterzubringen, als sie in meine Junggesellenwirthschaft aufzunehmen. Gretchen selbst erwartete nichts Anderes; denn als wir ausgestiegen waren, dankte sie mir herzlich für die Güte, sie bis hierher geführt zu haben, und bat Paul, ihr den kleinen Bündel zu geben, den er in Verwahrung genommen; ihren Koffer wolle sie morgen früh abholen lassen.

Die Mamsell, sagte Paul, wird doch nicht in eitler Nacht herumwandern sollen, um eine Schlafstelle in der großen fremden Stadt zu suchen? Da ist ja das ledige Bett in Jungfer Brigittens Zimmer, worin sie die Nacht recht gut zubringen kann. — Paul hat Recht, unterbrach ich Gretchen, die etwas erwidern wollte; ich dachte nicht gleich daran. Sie dürfen den Vorschlag nicht ablehnen, Gretchen; die Anständigkeit selbst könnte gegen eine Schlafstelle in dem Zimmer meiner alten Haushälterin nichts einzuwenden haben. Aber, — meinte Gretchen. — Keine weiteren Umstände, Kind! sagte ich, und faßte ihre Hand, um sie die Treppe hinauf zu führen; morgen früh wollen wir dann sehen, wo Sie etwa sonst wohnen können, wenn es Ihnen in dem Hause eines ehrbaren alten Junggesellen nicht länger gefällt.

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[0027] Boden befände. Der Rest unserer Reise ging schnell und ruhig von Statten, ohne solche kleine Unfälle und Fährlichkeiten, als ich bisher zu berichten hatte. Es war beinahe Nacht, da wir bei meinem Hause in der Stadt ankamen. Ich hatte bei mir selbst überlegt, daß es wohl schicklicher sein würde, Gretchen in einem benachbarten Gasthause unterzubringen, als sie in meine Junggesellenwirthschaft aufzunehmen. Gretchen selbst erwartete nichts Anderes; denn als wir ausgestiegen waren, dankte sie mir herzlich für die Güte, sie bis hierher geführt zu haben, und bat Paul, ihr den kleinen Bündel zu geben, den er in Verwahrung genommen; ihren Koffer wolle sie morgen früh abholen lassen. Die Mamsell, sagte Paul, wird doch nicht in eitler Nacht herumwandern sollen, um eine Schlafstelle in der großen fremden Stadt zu suchen? Da ist ja das ledige Bett in Jungfer Brigittens Zimmer, worin sie die Nacht recht gut zubringen kann. — Paul hat Recht, unterbrach ich Gretchen, die etwas erwidern wollte; ich dachte nicht gleich daran. Sie dürfen den Vorschlag nicht ablehnen, Gretchen; die Anständigkeit selbst könnte gegen eine Schlafstelle in dem Zimmer meiner alten Haushälterin nichts einzuwenden haben. Aber, — meinte Gretchen. — Keine weiteren Umstände, Kind! sagte ich, und faßte ihre Hand, um sie die Treppe hinauf zu führen; morgen früh wollen wir dann sehen, wo Sie etwa sonst wohnen können, wenn es Ihnen in dem Hause eines ehrbaren alten Junggesellen nicht länger gefällt.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:30:04Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/27>, abgerufen am 29.03.2024.