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Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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sich herum wandte; wir bekommen ein starkes Ungewitter. -- So wollt' ich --! -- Wie meinen Sie, Herr? -- Es ist gut! fuhr ich ihn an; du fürchtest doch den Donner nicht? -- Ich nicht, aber die Mamsell vielleicht. -- Gretchen versicherte, daß sie das Gewitter vielmehr liebe.

In dem Augenblick hörten wir den Donner von ferne rollen. Mächtige Wolkenmassen entwickelten sich auf der ganzen Fläche des Horizontes; der Wind wehte stärker und jagte Staubwolken über die jetzt lebhaft befahrene Landstraße. In Kurzem war der Himmel ringsum bedeckt, und ein zuckendes Wetterleuchten durchlief das düstere Grau der Wolken. Einzelne Regentropfen fielen auf und neben dem Wagen nieder, da schlängelte sich ein Blitzstrahl weithin durch das Gewölbe des Himmels; rauschend strömte der Regen herab, und ein paar schmetternde Donnerschläge hallten mit dumpfem Gerolle aus weiter Ferne wieder.

Ist's so recht? fragte Paul Gretchen. -- Es wird! erwiderte sie, indem sie mit sinnigem Ernst in die wohlthätig aufgeregte Natur hinausblickte.

Das große, allmählich sich entfaltende Schauspiel der bewegten Außenwelt brachte den kleinen Aufruhr in meinem Innern zum Stillstand. Als die erste Aufwallung vorüber war, lächelte ich selbst über die seltsame Unterbrechung, die meiner unvorsichtigen Zunge, gerade noch zu rechter Zeit, Schweigen auferlegt hatte. Meiner selbst wieder völlig mächtig, genoß ich ruhig des zwiefachen herrlichen Anblicks, der vor mir aufgethan war,

sich herum wandte; wir bekommen ein starkes Ungewitter. — So wollt' ich —! — Wie meinen Sie, Herr? — Es ist gut! fuhr ich ihn an; du fürchtest doch den Donner nicht? — Ich nicht, aber die Mamsell vielleicht. — Gretchen versicherte, daß sie das Gewitter vielmehr liebe.

In dem Augenblick hörten wir den Donner von ferne rollen. Mächtige Wolkenmassen entwickelten sich auf der ganzen Fläche des Horizontes; der Wind wehte stärker und jagte Staubwolken über die jetzt lebhaft befahrene Landstraße. In Kurzem war der Himmel ringsum bedeckt, und ein zuckendes Wetterleuchten durchlief das düstere Grau der Wolken. Einzelne Regentropfen fielen auf und neben dem Wagen nieder, da schlängelte sich ein Blitzstrahl weithin durch das Gewölbe des Himmels; rauschend strömte der Regen herab, und ein paar schmetternde Donnerschläge hallten mit dumpfem Gerolle aus weiter Ferne wieder.

Ist's so recht? fragte Paul Gretchen. — Es wird! erwiderte sie, indem sie mit sinnigem Ernst in die wohlthätig aufgeregte Natur hinausblickte.

Das große, allmählich sich entfaltende Schauspiel der bewegten Außenwelt brachte den kleinen Aufruhr in meinem Innern zum Stillstand. Als die erste Aufwallung vorüber war, lächelte ich selbst über die seltsame Unterbrechung, die meiner unvorsichtigen Zunge, gerade noch zu rechter Zeit, Schweigen auferlegt hatte. Meiner selbst wieder völlig mächtig, genoß ich ruhig des zwiefachen herrlichen Anblicks, der vor mir aufgethan war,

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:30:04Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/24>, abgerufen am 16.04.2024.