Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schreiner, Olive (Übers. Helene Lobedan): Peter Halket im Mashonalande. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

ein Goldbergwerk so hochgeschätzt wird wie das halbe Volk, und die Geier übersatt sind vom Fleische der Erschlagenen - selbst hier wird dieser Tag kommen. Ich sage Dir, Peter Simon Halket, hier an der Stelle, da wir jetzt stehen, soll ein Tempel errichtet werden. Die Menschen werden sich hier nicht versammeln, um das anzubeten, was sie trennt, sondern sie werden Schulter an Schulter stehen, der Weiße mit dem Schwarzen, der Fremdling und der Eingesessene, und der Ort wird heilig sein, denn sie werden sprechen: ,Sind wir nicht Brüder, Söhne eines Vaters?'"

Peter Halket sah schweigend empor.

Da fuhr der Fremde fort: "Einstmals schliefen Männer in einer Wüste, und die Nacht war kalt und dunkel. Und als die Nacht am finstersten war, regte sich Einer. Fern im Osten gewahrte er durch die halbgeöffneten Lider eine schwache hellere Linie, kaum breiter als ein Haar, welche die Spitze der Hügel umsäumte. Da flüsterte er in der Dunkelheit den Genossen zu: ,Der Tag kommt.' Doch sie hielten die Augen fest geschlossen und behaupteten: ,Er lügt, es ist nichts von Morgendämmerung zu sehen.'"

"Dennoch brach der Tag an."

Der Fremde schwieg. Das Feuer brannte in roten Flammenzungen, die weder hin- und herschwankten noch flackerten in den stillen Nachthimmel.

ein Goldbergwerk so hochgeschätzt wird wie das halbe Volk, und die Geier übersatt sind vom Fleische der Erschlagenen – selbst hier wird dieser Tag kommen. Ich sage Dir, Peter Simon Halket, hier an der Stelle, da wir jetzt stehen, soll ein Tempel errichtet werden. Die Menschen werden sich hier nicht versammeln, um das anzubeten, was sie trennt, sondern sie werden Schulter an Schulter stehen, der Weiße mit dem Schwarzen, der Fremdling und der Eingesessene, und der Ort wird heilig sein, denn sie werden sprechen: ‚Sind wir nicht Brüder, Söhne eines Vaters?‘“

Peter Halket sah schweigend empor.

Da fuhr der Fremde fort: „Einstmals schliefen Männer in einer Wüste, und die Nacht war kalt und dunkel. Und als die Nacht am finstersten war, regte sich Einer. Fern im Osten gewahrte er durch die halbgeöffneten Lider eine schwache hellere Linie, kaum breiter als ein Haar, welche die Spitze der Hügel umsäumte. Da flüsterte er in der Dunkelheit den Genossen zu: ‚Der Tag kommt.‘ Doch sie hielten die Augen fest geschlossen und behaupteten: ‚Er lügt, es ist nichts von Morgendämmerung zu sehen.‘“

„Dennoch brach der Tag an.“

Der Fremde schwieg. Das Feuer brannte in roten Flammenzungen, die weder hin- und herschwankten noch flackerten in den stillen Nachthimmel.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0069" n="69"/>
ein Goldbergwerk so hochgeschätzt wird wie das halbe Volk, und die Geier übersatt sind vom Fleische der Erschlagenen &#x2013; selbst hier wird dieser Tag kommen. Ich sage Dir, Peter Simon Halket, hier an der Stelle, da wir jetzt stehen, soll ein Tempel errichtet werden. Die Menschen werden sich hier nicht versammeln, um das anzubeten, was sie trennt, sondern sie werden Schulter an Schulter stehen, der Weiße mit dem Schwarzen, der Fremdling und der Eingesessene, und der Ort wird heilig sein, denn sie werden sprechen: &#x201A;Sind wir nicht Brüder, Söhne <hi rendition="#g">eines</hi> Vaters?&#x2018;&#x201C;</p>
        <p>Peter Halket sah schweigend empor.</p>
        <p>Da fuhr der Fremde fort: &#x201E;Einstmals schliefen Männer in einer Wüste, und die Nacht war kalt und dunkel. Und als die Nacht am finstersten war, regte sich Einer. Fern im Osten gewahrte er durch die halbgeöffneten Lider eine schwache hellere Linie, kaum breiter als ein Haar, welche die Spitze der Hügel umsäumte. Da flüsterte er in der Dunkelheit den Genossen zu: &#x201A;Der Tag kommt.&#x2018; Doch sie hielten die Augen fest geschlossen und behaupteten: &#x201A;Er lügt, es ist nichts von Morgendämmerung zu sehen.&#x2018;&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Dennoch brach der Tag an.&#x201C;</p>
        <p>Der Fremde schwieg. Das Feuer brannte in roten Flammenzungen, die weder hin- und herschwankten noch flackerten in den stillen Nachthimmel.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0069] ein Goldbergwerk so hochgeschätzt wird wie das halbe Volk, und die Geier übersatt sind vom Fleische der Erschlagenen – selbst hier wird dieser Tag kommen. Ich sage Dir, Peter Simon Halket, hier an der Stelle, da wir jetzt stehen, soll ein Tempel errichtet werden. Die Menschen werden sich hier nicht versammeln, um das anzubeten, was sie trennt, sondern sie werden Schulter an Schulter stehen, der Weiße mit dem Schwarzen, der Fremdling und der Eingesessene, und der Ort wird heilig sein, denn sie werden sprechen: ‚Sind wir nicht Brüder, Söhne eines Vaters?‘“ Peter Halket sah schweigend empor. Da fuhr der Fremde fort: „Einstmals schliefen Männer in einer Wüste, und die Nacht war kalt und dunkel. Und als die Nacht am finstersten war, regte sich Einer. Fern im Osten gewahrte er durch die halbgeöffneten Lider eine schwache hellere Linie, kaum breiter als ein Haar, welche die Spitze der Hügel umsäumte. Da flüsterte er in der Dunkelheit den Genossen zu: ‚Der Tag kommt.‘ Doch sie hielten die Augen fest geschlossen und behaupteten: ‚Er lügt, es ist nichts von Morgendämmerung zu sehen.‘“ „Dennoch brach der Tag an.“ Der Fremde schwieg. Das Feuer brannte in roten Flammenzungen, die weder hin- und herschwankten noch flackerten in den stillen Nachthimmel.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-21T10:10:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-21T10:10:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-21T10:10:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schreiner_halket_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schreiner_halket_1898/69
Zitationshilfe: Schreiner, Olive (Übers. Helene Lobedan): Peter Halket im Mashonalande. Berlin, 1898, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreiner_halket_1898/69>, abgerufen am 29.03.2024.