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Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

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der Hölle und Höllischen Zustandes.
Hertz ängste: Wens aber käme/ das man begehre/ das
were ein Baum des Lebens. Die also annoch anschim-
merende Geniessung des gehoften/ erhält dennoch die
Hofnung annoch bei Leben/ ob es schon verdrieslich/
saur/ schwer und langsam. Alle Heiligen und Märtirer
haben Noht und Angst nur für Freude und erträglich
gehalten wegen der Hofnung/ wegen der gewissen Hof-
nung/ daß alles bald ein Ende/ und hernach in Ewig-
keit die Vergeltung verhanden/ das war der wahre
Trost/ und allersüssestes Anschimmeren zu ewigwehren-
der Enderung: Und sagt Bernhardus, Idem solatii ad-
huc habent, quicunq; bona agunt & mala patiuntur.

Die Verzweifelung reißt Grund aus) Wan
der Donner ein Ding in tausend Stükke zertrümmert/
so ist alle Wiederergäntzung vergebens: Wan einer
mit Gewalt einen Baum mit Wurtzeln aus seinem
Stande reisset/ dan ist alles wiederaufgrünen unmög-
lich/ welches Hiob cap. 19. v. 10. andeutet mit diesen
Worten: Er hat mich zerbrochen üm und üm/ und
lesset mich gehen/ und hat ausgerissen meine Hofnung
wie einen Baum: Evulsit me circumquaque ut pe-
ream, abstulitque spem meam ut evulsae arbori (pri-
vavit me omni spe, ut arbor destituitur spe sua, si e-
velluntur radices ejus omni ex parte.
Wan es nun
zu einem solchem Stande der eussersten Verzweifelung
geräht/ so gehet alles endlich Grundaus/ Wurtzelaus/
mit Stumpf und Stiel/ und ist das Verderben selbst
nur Ziel und Zwekk/ wie Exempel an dem Juda/ Saul/
Achitophel.

Weil vergebens alles wimmert) Wan grim-
mige Verzweifelung daher wütet/ ist aller Anblikk und
Anschimmeren zur Hofnung erstorben/ und alles An-
wimmeren zu einiger Schmeichelhülfe vergebens/ und
findet einiger Rükkdanke durchaus kein stat noch stand

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der Hoͤlle und Hoͤlliſchen Zuſtandes.
Hertz aͤngſte: Wens aber kaͤme/ das man begehre/ das
were ein Baum des Lebens. Die alſo annoch anſchim-
merende Genieſſung des gehoften/ erhaͤlt dennoch die
Hofnung annoch bei Leben/ ob es ſchon verdrieslich/
ſaur/ ſchwer und langſam. Alle Heiligen und Maͤrtirer
haben Noht und Angſt nur fuͤr Freude und ertraͤglich
gehalten wegen der Hofnung/ wegen der gewiſſen Hof-
nung/ daß alles bald ein Ende/ und hernach in Ewig-
keit die Vergeltung verhanden/ das war der wahre
Troſt/ und allerſuͤſſeſtes Anſchimmeren zu ewigwehren-
der Enderung: Und ſagt Bernhardus, Idem ſolatii ad-
huc habent, quicunq; bona agunt & mala patiuntur.

Die Verzweifelung reißt Grund aus) Wan
der Donner ein Ding in tauſend Stuͤkke zertruͤmmert/
ſo iſt alle Wiederergaͤntzung vergebens: Wan einer
mit Gewalt einen Baum mit Wurtzeln aus ſeinem
Stande reiſſet/ dan iſt alles wiederaufgruͤnen unmoͤg-
lich/ welches Hiob cap. 19. v. 10. andeutet mit dieſen
Worten: Er hat mich zerbrochen uͤm und uͤm/ und
leſſet mich gehen/ und hat ausgeriſſen meine Hofnung
wie einen Baum: Evulſit me circumquaque ut pe-
ream, abſtulitque ſpem meam ut evulſæ arbori (pri-
vavit me omni ſpe, ut arbor deſtituitur ſpe ſua, ſi e-
velluntur radices ejus omni ex parte.
Wan es nun
zu einem ſolchem Stande der euſſerſten Verzweifelung
geraͤht/ ſo gehet alles endlich Grundaus/ Wurtzelaus/
mit Stumpf und Stiel/ und iſt das Verderben ſelbſt
nur Ziel und Zwekk/ wie Exempel an dem Juda/ Saul/
Achitophel.

Weil vergebens alles wimmert) Wan grim-
mige Verzweifelung daher wuͤtet/ iſt aller Anblikk und
Anſchimmeren zur Hofnung erſtorben/ und alles An-
wimmeren zu einiger Schmeichelhuͤlfe vergebens/ und
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[257/0325] der Hoͤlle und Hoͤlliſchen Zuſtandes. Hertz aͤngſte: Wens aber kaͤme/ das man begehre/ das were ein Baum des Lebens. Die alſo annoch anſchim- merende Genieſſung des gehoften/ erhaͤlt dennoch die Hofnung annoch bei Leben/ ob es ſchon verdrieslich/ ſaur/ ſchwer und langſam. Alle Heiligen und Maͤrtirer haben Noht und Angſt nur fuͤr Freude und ertraͤglich gehalten wegen der Hofnung/ wegen der gewiſſen Hof- nung/ daß alles bald ein Ende/ und hernach in Ewig- keit die Vergeltung verhanden/ das war der wahre Troſt/ und allerſuͤſſeſtes Anſchimmeren zu ewigwehren- der Enderung: Und ſagt Bernhardus, Idem ſolatii ad- huc habent, quicunq; bona agunt & mala patiuntur. Die Verzweifelung reißt Grund aus) Wan der Donner ein Ding in tauſend Stuͤkke zertruͤmmert/ ſo iſt alle Wiederergaͤntzung vergebens: Wan einer mit Gewalt einen Baum mit Wurtzeln aus ſeinem Stande reiſſet/ dan iſt alles wiederaufgruͤnen unmoͤg- lich/ welches Hiob cap. 19. v. 10. andeutet mit dieſen Worten: Er hat mich zerbrochen uͤm und uͤm/ und leſſet mich gehen/ und hat ausgeriſſen meine Hofnung wie einen Baum: Evulſit me circumquaque ut pe- ream, abſtulitque ſpem meam ut evulſæ arbori (pri- vavit me omni ſpe, ut arbor deſtituitur ſpe ſua, ſi e- velluntur radices ejus omni ex parte. Wan es nun zu einem ſolchem Stande der euſſerſten Verzweifelung geraͤht/ ſo gehet alles endlich Grundaus/ Wurtzelaus/ mit Stumpf und Stiel/ und iſt das Verderben ſelbſt nur Ziel und Zwekk/ wie Exempel an dem Juda/ Saul/ Achitophel. Weil vergebens alles wimmert) Wan grim- mige Verzweifelung daher wuͤtet/ iſt aller Anblikk und Anſchimmeren zur Hofnung erſtorben/ und alles An- wimmeren zu einiger Schmeichelhuͤlfe vergebens/ und findet einiger Ruͤkkdanke durchaus kein ſtat noch ſtand mehr/ R

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Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/325>, abgerufen am 24.04.2024.