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Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

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Nachdenkliche Beschreibung
sonderen alles ist mit einer immerwehrenheit ümschlos-
sen/ das Gewissen aber/ so gebohren wird in der Zeit/
und mit der Zeit/ weiß und kennet seine Zeit/ behält und
verwahret seine Zeit/ in alle ewige Ewigkeit: Stellet
uns vor und erinnert uns des Augenbliks/ der Stunde/
des Tages/ der Wochen/ des Monden/ des Jahrs/ dar-
in man diese oder jene greuliche Todsünde begangen/ da
man solche Zeit zu Erzörnung des ewigen GOttes habe
vorsetzlich angewand/ und menget also durch einander
die Zeit und das Augenblik unserer Sünde/ und den
nunmehr verdienten ewigen Schmertz: Dabei man
wol bedenken mag/ was dieser Gewissenswurm für eine
verdrießlichste/ feurigbittere/ ewigwehrende Erinnerung
und Stachel sein werde/ der uns solches sündliches Au-
genblikk/ solche kurtze Sündenzeit/ solches unser ver-
schwundendes sündliches Lustwesen/ in der Hölle/ so ei-
gentlich/ so ümstendlich/ so schmertzkrenklich immer vor-
stellet/ und die daher rührende Reuqwaal und Pein er-
neurt/ und solche Erneuerung ohn unterlaß in Ewigkeit
anfrischet.

O Gewissen feurig-bitter/
Unaussprechlichs Angstgewitter/
Dein Ankunft hier zeitlich war/
Und du kanst doch ewig bleiben/
Ewig dich der Seel einleiben
Machst dich ewig offenbar!
Lässet uns dan sein geflissen/
Zu behalten gut Gewissen/
Das wird leben immerdar.


LXX.

Nachdenkliche Beſchreibung
ſonderen alles iſt mit einer immerwehrenheit uͤmſchloſ-
ſen/ das Gewiſſen aber/ ſo gebohren wird in der Zeit/
und mit der Zeit/ weiß und kennet ſeine Zeit/ behaͤlt und
verwahret ſeine Zeit/ in alle ewige Ewigkeit: Stellet
uns vor und erinnert uns des Augenbliks/ der Stunde/
des Tages/ der Wochen/ des Monden/ des Jahrs/ dar-
in man dieſe oder jene greuliche Todſuͤnde begangen/ da
man ſolche Zeit zu Erzoͤrnung des ewigen GOttes habe
vorſetzlich angewand/ und menget alſo durch einander
die Zeit und das Augenblik unſerer Suͤnde/ und den
nunmehr verdienten ewigen Schmertz: Dabei man
wol bedenken mag/ was dieſer Gewiſſenswurm fuͤr eine
verdrießlichſte/ feurigbittere/ ewigwehrende Erinnerung
und Stachel ſein werde/ der uns ſolches ſuͤndliches Au-
genblikk/ ſolche kurtze Suͤndenzeit/ ſolches unſer ver-
ſchwundendes ſuͤndliches Luſtweſen/ in der Hoͤlle/ ſo ei-
gentlich/ ſo uͤmſtendlich/ ſo ſchmertzkrenklich immer vor-
ſtellet/ und die daher ruͤhrende Reuqwaal und Pein er-
neurt/ und ſolche Erneuerung ohn unterlaß in Ewigkeit
anfriſchet.

O Gewiſſen feurig-bitter/
Unausſprechlichs Angſtgewitter/
Dein Ankunft hier zeitlich war/
Und du kanſt doch ewig bleiben/
Ewig dich der Seel einleiben
Machſt dich ewig offenbar!
Laͤſſet uns dan ſein gefliſſen/
Zu behalten gut Gewiſſen/
Das wird leben immerdar.


LXX.
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[226/0294] Nachdenkliche Beſchreibung ſonderen alles iſt mit einer immerwehrenheit uͤmſchloſ- ſen/ das Gewiſſen aber/ ſo gebohren wird in der Zeit/ und mit der Zeit/ weiß und kennet ſeine Zeit/ behaͤlt und verwahret ſeine Zeit/ in alle ewige Ewigkeit: Stellet uns vor und erinnert uns des Augenbliks/ der Stunde/ des Tages/ der Wochen/ des Monden/ des Jahrs/ dar- in man dieſe oder jene greuliche Todſuͤnde begangen/ da man ſolche Zeit zu Erzoͤrnung des ewigen GOttes habe vorſetzlich angewand/ und menget alſo durch einander die Zeit und das Augenblik unſerer Suͤnde/ und den nunmehr verdienten ewigen Schmertz: Dabei man wol bedenken mag/ was dieſer Gewiſſenswurm fuͤr eine verdrießlichſte/ feurigbittere/ ewigwehrende Erinnerung und Stachel ſein werde/ der uns ſolches ſuͤndliches Au- genblikk/ ſolche kurtze Suͤndenzeit/ ſolches unſer ver- ſchwundendes ſuͤndliches Luſtweſen/ in der Hoͤlle/ ſo ei- gentlich/ ſo uͤmſtendlich/ ſo ſchmertzkrenklich immer vor- ſtellet/ und die daher ruͤhrende Reuqwaal und Pein er- neurt/ und ſolche Erneuerung ohn unterlaß in Ewigkeit anfriſchet. O Gewiſſen feurig-bitter/ Unausſprechlichs Angſtgewitter/ Dein Ankunft hier zeitlich war/ Und du kanſt doch ewig bleiben/ Ewig dich der Seel einleiben Machſt dich ewig offenbar! Laͤſſet uns dan ſein gefliſſen/ Zu behalten gut Gewiſſen/ Das wird leben immerdar. LXX.

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Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/294>, abgerufen am 19.04.2024.