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Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

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Nachdenkliche Beschreibung
gebe/ der solte ein gantzes Jahr auf einer Stelle stille
ligen/ wan er schon gesund und unbrechhaft wäre? Was
wolte es sein/ wan er krank/ verwundt und voller
Schmertzen also stille hin ligen solte? Was ist nun ein
Jahr gegen so viel tausend Jahre? Was ist allhier ein
Bette oder Lagerstete gegen die höllische brennende
Pechklumpen/ feurige Schwefelpfüle
und glü-
endes Eisen?
Alles ist unvergleichlich/ wie ein Augen-
blikk gegen die unendliche Zeit/ wie ein Sandkörnlein
gegen den gantzen Erdbodem/ und ein Tröpflein gegen
das Meer/ und dient uns nur einen nützlichen Gedanken
wegen solcher Unvergleichlichkeit zu fassen.

Wan nun nach Anweisung des Reimtextes/ die-
ser unser verdamter Gottloser/ auch diese zwantzig tau-
send Jahre auf seinem Rükke/ über glüend glintzender
Eisenrost allerschmertzlich also auch endlich zugebracht/
und auch diese grausamste Marterzeit überstanden hette/
und sich dabei noch als von weiten allerschmertzhaft äng-
stete/ und dabei aus eusserstem Nohtzwange der unauf-
hörlichen Qwaal dächte/ sehnete und wünschete/ ob dan
nun endlich nicht einmahl eine Linderung/ ach eine En-
derung endlich doch/ ach endlich doch/ nach so grausamst-
langer Zeit könte und möchte verhanden sein! weil er sich
in so vielen Jahren/ in so viel tausend Jahren hette so
viel hundert tausendmahl gantz ausgeängstet/ gantz aus-
geduldet/ gantz ausgesehnet und ausgehoffet/ und also
auch diese bitterste Endschaft der zwantzig tausend Jah-
ren endlich abgewartet/ abgeduldet und abgewünschet
hette; Dan wird diesem verdamten Gottlosen/ diesem in
eussersten ängsten gantz verschmachteten/ diesem in schwar-
tzer Gluet verdorreten und abgehoften Menschen eine sol-
che Enderung/ und aufs neue eine solche Qwaalzeit ver-
handen sein/ daß ihm Haut und Haar verschrumpfen/
und Mark und Blut im gantzen Leibe aufproddelen
müchte/ wie der folgende Reimschluß vermeldet.

XXV. Dan

Nachdenkliche Beſchreibung
gebe/ der ſolte ein gantzes Jahr auf einer Stelle ſtille
ligen/ wan er ſchon geſund und unbrechhaft waͤre? Was
wolte es ſein/ wan er krank/ verwundt und voller
Schmertzen alſo ſtille hin ligen ſolte? Was iſt nun ein
Jahr gegen ſo viel tauſend Jahre? Was iſt allhier ein
Bette oder Lagerſtete gegen die hoͤlliſche brennende
Pechklumpen/ feurige Schwefelpfuͤle
und gluͤ-
endes Eiſen?
Alles iſt unvergleichlich/ wie ein Augen-
blikk gegen die unendliche Zeit/ wie ein Sandkoͤrnlein
gegen den gantzen Erdbodem/ und ein Troͤpflein gegen
das Meer/ und dient uns nur einen nuͤtzlichen Gedanken
wegen ſolcher Unvergleichlichkeit zu faſſen.

Wan nun nach Anweiſung des Reimtextes/ die-
ſer unſer verdamter Gottloſer/ auch dieſe zwantzig tau-
ſend Jahre auf ſeinem Ruͤkke/ uͤber gluͤend glintzender
Eiſenroſt allerſchmertzlich alſo auch endlich zugebracht/
und auch dieſe grauſamſte Marterzeit uͤberſtanden hette/
und ſich dabei noch als von weiten allerſchmertzhaft aͤng-
ſtete/ und dabei aus euſſerſtem Nohtzwange der unauf-
hoͤrlichen Qwaal daͤchte/ ſehnete und wuͤnſchete/ ob dan
nun endlich nicht einmahl eine Linderung/ ach eine En-
derung endlich doch/ ach endlich doch/ nach ſo grauſamſt-
langer Zeit koͤnte und moͤchte verhanden ſein! weil er ſich
in ſo vielen Jahren/ in ſo viel tauſend Jahren hette ſo
viel hundert tauſendmahl gantz ausgeaͤngſtet/ gantz aus-
geduldet/ gantz ausgeſehnet und ausgehoffet/ und alſo
auch dieſe bitterſte Endſchaft der zwantzig tauſend Jah-
ren endlich abgewartet/ abgeduldet und abgewuͤnſchet
hette; Dan wird dieſem verdamten Gottloſen/ dieſem in
euſſerſten aͤngſten gantz verſchmachtetẽ/ dieſem in ſchwar-
tzer Gluet verdorreten uñ abgehoften Menſchen eine ſol-
che Enderung/ und aufs neue eine ſolche Qwaalzeit ver-
handen ſein/ daß ihm Haut und Haar verſchrumpfen/
und Mark und Blut im gantzen Leibe aufproddelen
muͤchte/ wie der folgende Reimſchluß vermeldet.

XXV. Dan
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[104/0172] Nachdenkliche Beſchreibung gebe/ der ſolte ein gantzes Jahr auf einer Stelle ſtille ligen/ wan er ſchon geſund und unbrechhaft waͤre? Was wolte es ſein/ wan er krank/ verwundt und voller Schmertzen alſo ſtille hin ligen ſolte? Was iſt nun ein Jahr gegen ſo viel tauſend Jahre? Was iſt allhier ein Bette oder Lagerſtete gegen die hoͤlliſche brennende Pechklumpen/ feurige Schwefelpfuͤle und gluͤ- endes Eiſen? Alles iſt unvergleichlich/ wie ein Augen- blikk gegen die unendliche Zeit/ wie ein Sandkoͤrnlein gegen den gantzen Erdbodem/ und ein Troͤpflein gegen das Meer/ und dient uns nur einen nuͤtzlichen Gedanken wegen ſolcher Unvergleichlichkeit zu faſſen. Wan nun nach Anweiſung des Reimtextes/ die- ſer unſer verdamter Gottloſer/ auch dieſe zwantzig tau- ſend Jahre auf ſeinem Ruͤkke/ uͤber gluͤend glintzender Eiſenroſt allerſchmertzlich alſo auch endlich zugebracht/ und auch dieſe grauſamſte Marterzeit uͤberſtanden hette/ und ſich dabei noch als von weiten allerſchmertzhaft aͤng- ſtete/ und dabei aus euſſerſtem Nohtzwange der unauf- hoͤrlichen Qwaal daͤchte/ ſehnete und wuͤnſchete/ ob dan nun endlich nicht einmahl eine Linderung/ ach eine En- derung endlich doch/ ach endlich doch/ nach ſo grauſamſt- langer Zeit koͤnte und moͤchte verhanden ſein! weil er ſich in ſo vielen Jahren/ in ſo viel tauſend Jahren hette ſo viel hundert tauſendmahl gantz ausgeaͤngſtet/ gantz aus- geduldet/ gantz ausgeſehnet und ausgehoffet/ und alſo auch dieſe bitterſte Endſchaft der zwantzig tauſend Jah- ren endlich abgewartet/ abgeduldet und abgewuͤnſchet hette; Dan wird dieſem verdamten Gottloſen/ dieſem in euſſerſten aͤngſten gantz verſchmachtetẽ/ dieſem in ſchwar- tzer Gluet verdorreten uñ abgehoften Menſchen eine ſol- che Enderung/ und aufs neue eine ſolche Qwaalzeit ver- handen ſein/ daß ihm Haut und Haar verſchrumpfen/ und Mark und Blut im gantzen Leibe aufproddelen muͤchte/ wie der folgende Reimſchluß vermeldet. XXV. Dan

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Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/172>, abgerufen am 29.03.2024.