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Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

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Nachdenkliche Beschreibung
cap. 3. v. 4. 5. 6. 7. 9. derselbe Tag oder Nacht müsse
finster sein/ kein Glantz müsse über ihn scheinen/ Finster-
niß und Dunkel müsse ihn überwältigen/ dikke Wolken
müssen über ihn bleiben/ und der Dampf am Tage ma-
che ihn greßlich/ die Nacht müsse ein Dunkel einnehmen/
die Nacht müsse einsam sein/ ihre Sterne müssen finster
sein in ihrer Demmerung/ sie hoffe aufs Liecht/ und
komme nicht/ und müsse nicht sehen die Augenbrün der
Morgenröhte.

Wird nun allhier in der Welt eine betrübte/ trau-
rige/ angsthafte Zeit beschrieben durch grausame Dun-
kelheit/ wüste Finsterniß/ und nächtliches Ergrausen/
davon im vorhergehenden Reimschlusse auch gesagt
worden; darinnen auch aller Schmertz/ schmertzhafter;
alles Erwarten/ unleidsamer/ und das Kurtze doch das
Längste scheinet; So bedenke einer doch die jenige
Nacht/ da nimmermehr ein Tag auffolget/ die jenige
Finsterniß/ die nimmermehr ein Liecht abwechselt/ das
jenige Dunkele/ darauf nimmermehr ein gläntzendes
herscheinet/ ja die jenige Nacht/ die jenige äusserste Fin-
sterniß/ die jenige höllische Nacht/ die also wehren und
werden und sein und bleiben muß in alle ewige Ewigkeit!

Grausamst-volle stetig' Angst) Nicht allein
die angedeutete grausame ewigwehrende Finsterniß ist
in der Hölle/ sondern wie gleichsam allhier von Natur
das Dunkele und Finsterniß ein Grauen/ eine Furcht
und Entsetzen verursachet; Also sol und wird in der höl-
lischen Finsterniß alles aufs äusserste und erschreklichste
sein/ da ewiges Geheul und Zähngeklappern die äusserli-
che Anzeige und gleichsam lautredende Stimm wegen
der Entfindung in solchem Dunkelen sein wird: Wel-
che unaußsprechliche Entpfindung allhier der Reimtext
nennet Grausamst-volle stetig' Angst; nemlich eine
solche Angst/ die stetig und also immerwehrend/ die auch

nicht

Nachdenkliche Beſchreibung
cap. 3. v. 4. 5. 6. 7. 9. derſelbe Tag oder Nacht muͤſſe
finſter ſein/ kein Glantz muͤſſe uͤber ihn ſcheinen/ Finſter-
niß und Dunkel muͤſſe ihn uͤberwaͤltigen/ dikke Wolken
muͤſſen uͤber ihn bleiben/ und der Dampf am Tage ma-
che ihn greßlich/ die Nacht muͤſſe ein Dunkel einnehmen/
die Nacht muͤſſe einſam ſein/ ihre Sterne muͤſſen finſter
ſein in ihrer Demmerung/ ſie hoffe aufs Liecht/ und
komme nicht/ und muͤſſe nicht ſehen die Augenbruͤn der
Morgenroͤhte.

Wird nun allhier in der Welt eine betruͤbte/ trau-
rige/ angſthafte Zeit beſchrieben durch grauſame Dun-
kelheit/ wuͤſte Finſterniß/ und naͤchtliches Ergrauſen/
davon im vorhergehenden Reimſchluſſe auch geſagt
worden; darinnen auch aller Schmertz/ ſchmertzhafter;
alles Erwarten/ unleidſamer/ und das Kurtze doch das
Laͤngſte ſcheinet; So bedenke einer doch die jenige
Nacht/ da nimmermehr ein Tag auffolget/ die jenige
Finſterniß/ die nimmermehr ein Liecht abwechſelt/ das
jenige Dunkele/ darauf nimmermehr ein glaͤntzendes
herſcheinet/ ja die jenige Nacht/ die jenige aͤuſſerſte Fin-
ſterniß/ die jenige hoͤlliſche Nacht/ die alſo wehren und
werden und ſein uñ bleiben muß in alle ewige Ewigkeit!

Grauſamſt-volle ſtetig’ Angſt) Nicht allein
die angedeutete grauſame ewigwehrende Finſterniß iſt
in der Hoͤlle/ ſondern wie gleichſam allhier von Natur
das Dunkele und Finſterniß ein Grauen/ eine Furcht
und Entſetzen verurſachet; Alſo ſol und wird in der hoͤl-
liſchen Finſterniß alles aufs aͤuſſerſte und erſchreklichſte
ſein/ da ewiges Geheul und Zaͤhngeklappern die aͤuſſerli-
che Anzeige und gleichſam lautredende Stimm wegen
der Entfindung in ſolchem Dunkelen ſein wird: Wel-
che unaußſprechliche Entpfindung allhier der Reimtext
nennet Grauſamſt-volle ſtetig’ Angſt; nemlich eine
ſolche Angſt/ die ſtetig und alſo immerwehrend/ die auch

nicht
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[74/0142] Nachdenkliche Beſchreibung cap. 3. v. 4. 5. 6. 7. 9. derſelbe Tag oder Nacht muͤſſe finſter ſein/ kein Glantz muͤſſe uͤber ihn ſcheinen/ Finſter- niß und Dunkel muͤſſe ihn uͤberwaͤltigen/ dikke Wolken muͤſſen uͤber ihn bleiben/ und der Dampf am Tage ma- che ihn greßlich/ die Nacht muͤſſe ein Dunkel einnehmen/ die Nacht muͤſſe einſam ſein/ ihre Sterne muͤſſen finſter ſein in ihrer Demmerung/ ſie hoffe aufs Liecht/ und komme nicht/ und muͤſſe nicht ſehen die Augenbruͤn der Morgenroͤhte. Wird nun allhier in der Welt eine betruͤbte/ trau- rige/ angſthafte Zeit beſchrieben durch grauſame Dun- kelheit/ wuͤſte Finſterniß/ und naͤchtliches Ergrauſen/ davon im vorhergehenden Reimſchluſſe auch geſagt worden; darinnen auch aller Schmertz/ ſchmertzhafter; alles Erwarten/ unleidſamer/ und das Kurtze doch das Laͤngſte ſcheinet; So bedenke einer doch die jenige Nacht/ da nimmermehr ein Tag auffolget/ die jenige Finſterniß/ die nimmermehr ein Liecht abwechſelt/ das jenige Dunkele/ darauf nimmermehr ein glaͤntzendes herſcheinet/ ja die jenige Nacht/ die jenige aͤuſſerſte Fin- ſterniß/ die jenige hoͤlliſche Nacht/ die alſo wehren und werden und ſein uñ bleiben muß in alle ewige Ewigkeit! Grauſamſt-volle ſtetig’ Angſt) Nicht allein die angedeutete grauſame ewigwehrende Finſterniß iſt in der Hoͤlle/ ſondern wie gleichſam allhier von Natur das Dunkele und Finſterniß ein Grauen/ eine Furcht und Entſetzen verurſachet; Alſo ſol und wird in der hoͤl- liſchen Finſterniß alles aufs aͤuſſerſte und erſchreklichſte ſein/ da ewiges Geheul und Zaͤhngeklappern die aͤuſſerli- che Anzeige und gleichſam lautredende Stimm wegen der Entfindung in ſolchem Dunkelen ſein wird: Wel- che unaußſprechliche Entpfindung allhier der Reimtext nennet Grauſamſt-volle ſtetig’ Angſt; nemlich eine ſolche Angſt/ die ſtetig und alſo immerwehrend/ die auch nicht

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Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/142>, abgerufen am 28.03.2024.