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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

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tigen Waffen, in der Fußbekleidung, den Kopfbe-
deckungen; aus Allem leuchtet ein tiefes Studium
der Sitten des Morgenlandes hervor. Einige im
lezten Befreiungskrieg aus den entferntesten russi-
schen Provinzen herbei gezognen Offiziere legten
davon unwillkürlich das Zeugniß ab. Sichtbar
freudig beim Anblick des Bildes erkannten und be-
grüßten sie die noch immer in ihrem Vaterland
bestehenden Formen, und wiesen dabei, laut und
fröhlich unter einander sprechend, bald auf dieses
bald auf jenes Waffen- oder Kleidungsstück. Dieser
Umstand ist nicht nur ein sprechender Beweis für
die Treue sondern auch für die Trefflichkeit einer
Darstellung, die solche unerfahrne, durchaus an
den Anblick von Kunstwerken nicht gewöhnte Augen
so bis zur Täuschung entzücken konnte.

Links neben der göttlichen Mutter, mehr nach
dem Vorgrunde zu, steht Joseph, ihr und des
Kindes frommer, schützender Freund, mit ehrfurchts-
voll entblößtem Haupte, den schwarzen Hut in der
Hand, halb verwundert, halb gedrückt von dem
prachtvollen Besuche. Aus seinen edlen Zügen


tigen Waffen, in der Fußbekleidung, den Kopfbe-
deckungen; aus Allem leuchtet ein tiefes Studium
der Sitten des Morgenlandes hervor. Einige im
lezten Befreiungskrieg aus den entfernteſten ruſſi-
ſchen Provinzen herbei gezognen Offiziere legten
davon unwillkürlich das Zeugniß ab. Sichtbar
freudig beim Anblick des Bildes erkannten und be-
grüßten ſie die noch immer in ihrem Vaterland
beſtehenden Formen, und wieſen dabei, laut und
fröhlich unter einander ſprechend, bald auf dieſes
bald auf jenes Waffen- oder Kleidungsſtück. Dieſer
Umſtand iſt nicht nur ein ſprechender Beweis für
die Treue ſondern auch für die Trefflichkeit einer
Darſtellung, die ſolche unerfahrne, durchaus an
den Anblick von Kunſtwerken nicht gewöhnte Augen
ſo bis zur Täuſchung entzücken konnte.

Links neben der göttlichen Mutter, mehr nach
dem Vorgrunde zu, ſteht Joſeph, ihr und des
Kindes frommer, ſchützender Freund, mit ehrfurchts-
voll entblößtem Haupte, den ſchwarzen Hut in der
Hand, halb verwundert, halb gedrückt von dem
prachtvollen Beſuche. Aus ſeinen edlen Zügen

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[39/0051] tigen Waffen, in der Fußbekleidung, den Kopfbe- deckungen; aus Allem leuchtet ein tiefes Studium der Sitten des Morgenlandes hervor. Einige im lezten Befreiungskrieg aus den entfernteſten ruſſi- ſchen Provinzen herbei gezognen Offiziere legten davon unwillkürlich das Zeugniß ab. Sichtbar freudig beim Anblick des Bildes erkannten und be- grüßten ſie die noch immer in ihrem Vaterland beſtehenden Formen, und wieſen dabei, laut und fröhlich unter einander ſprechend, bald auf dieſes bald auf jenes Waffen- oder Kleidungsſtück. Dieſer Umſtand iſt nicht nur ein ſprechender Beweis für die Treue ſondern auch für die Trefflichkeit einer Darſtellung, die ſolche unerfahrne, durchaus an den Anblick von Kunſtwerken nicht gewöhnte Augen ſo bis zur Täuſchung entzücken konnte. Links neben der göttlichen Mutter, mehr nach dem Vorgrunde zu, ſteht Joſeph, ihr und des Kindes frommer, ſchützender Freund, mit ehrfurchts- voll entblößtem Haupte, den ſchwarzen Hut in der Hand, halb verwundert, halb gedrückt von dem prachtvollen Beſuche. Aus ſeinen edlen Zügen

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/51>, abgerufen am 24.04.2024.