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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

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vom größten zum kleinsten liebten ihn, die geistreich-
sten Männer seiner Zeit suchten seine Bekanntschaft,
seine Nähe, und Kaiser und Könige zeichneten ihn
ehrenvoll aus. Der König von England und viele
Fürsten und Große belohnten freigiebig den Fleiß,
den er auf ihre Bildnisse verwendet hatte, vor
Allem aber hielt Kaiser Maximilian ihn in hohen
Ehren, ernannte ihn mit einem Jahrgelde von ein-
hundert Gulden zu seinem Hofmaler, und belohnte
überdem auch reichlich jede seiner Arbeiten in diesem
seinem Dienst, in welchem nach Maximilians Ab-
leben auch Kaiser Karl der fünfte ihn bestätigte.

Als Albrecht Dürer einst in Kaiser Maximilians
Gegenwart auf einer Mauer etwas hinzeichnen
wollte, wankte die Leiter, auf welcher der Meister
stand, und der Kaiser hieß einem seiner nahestehen-
den Edelleute die Leiter zu halten. Dieser aber
zog sich etwas zurück, und winkte einem in der Ent-
fernung stehenden Diener, an seiner Stelle diesen
Dienst zu verrichten, den er unter seiner Würde
hielt. Der Kaiser ward dieß gewahr, und stellte
sogleich den Edelmann deshalb zur Rede, und als


vom größten zum kleinſten liebten ihn, die geiſtreich-
ſten Männer ſeiner Zeit ſuchten ſeine Bekanntſchaft,
ſeine Nähe, und Kaiſer und Könige zeichneten ihn
ehrenvoll aus. Der König von England und viele
Fürſten und Große belohnten freigiebig den Fleiß,
den er auf ihre Bildniſſe verwendet hatte, vor
Allem aber hielt Kaiſer Maximilian ihn in hohen
Ehren, ernannte ihn mit einem Jahrgelde von ein-
hundert Gulden zu ſeinem Hofmaler, und belohnte
überdem auch reichlich jede ſeiner Arbeiten in dieſem
ſeinem Dienſt, in welchem nach Maximilians Ab-
leben auch Kaiſer Karl der fünfte ihn beſtätigte.

Als Albrecht Dürer einſt in Kaiſer Maximilians
Gegenwart auf einer Mauer etwas hinzeichnen
wollte, wankte die Leiter, auf welcher der Meiſter
ſtand, und der Kaiſer hieß einem ſeiner naheſtehen-
den Edelleute die Leiter zu halten. Dieſer aber
zog ſich etwas zurück, und winkte einem in der Ent-
fernung ſtehenden Diener, an ſeiner Stelle dieſen
Dienſt zu verrichten, den er unter ſeiner Würde
hielt. Der Kaiſer ward dieß gewahr, und ſtellte
ſogleich den Edelmann deshalb zur Rede, und als

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[234/0246] vom größten zum kleinſten liebten ihn, die geiſtreich- ſten Männer ſeiner Zeit ſuchten ſeine Bekanntſchaft, ſeine Nähe, und Kaiſer und Könige zeichneten ihn ehrenvoll aus. Der König von England und viele Fürſten und Große belohnten freigiebig den Fleiß, den er auf ihre Bildniſſe verwendet hatte, vor Allem aber hielt Kaiſer Maximilian ihn in hohen Ehren, ernannte ihn mit einem Jahrgelde von ein- hundert Gulden zu ſeinem Hofmaler, und belohnte überdem auch reichlich jede ſeiner Arbeiten in dieſem ſeinem Dienſt, in welchem nach Maximilians Ab- leben auch Kaiſer Karl der fünfte ihn beſtätigte. Als Albrecht Dürer einſt in Kaiſer Maximilians Gegenwart auf einer Mauer etwas hinzeichnen wollte, wankte die Leiter, auf welcher der Meiſter ſtand, und der Kaiſer hieß einem ſeiner naheſtehen- den Edelleute die Leiter zu halten. Dieſer aber zog ſich etwas zurück, und winkte einem in der Ent- fernung ſtehenden Diener, an ſeiner Stelle dieſen Dienſt zu verrichten, den er unter ſeiner Würde hielt. Der Kaiſer ward dieß gewahr, und ſtellte ſogleich den Edelmann deshalb zur Rede, und als

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/246>, abgerufen am 24.04.2024.