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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

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schloßne Ehe mit Agnes Frey anzusehen, deren
Vater, Hans Frey, sich durch eben diese Zeichnung
bewogen fühlte, ihm seine Tochter zuzuführen, da
er sie bei einem jungen Künstler, der so zu beginnen
wußte, für wohl versorgt achtete. Das bösartige,
geizige, zanksüchtige Wesen dieser Frau vergällte
Albrecht Dürers ganzes Leben und führte zuletzt
das frühe Ende seiner Tage herbei.

Wenn wir den Zeitraum von ein und vierzig
Jahren, vom ersten Tage an, da Albrecht Dürer
der Kunst sich widmete, bis an seinen Tod, mit der
Menge der uns von ihm erhaltnen Kunstwerke
vergleichen, und dabei bedenken, wie Vieles noch
im Lauf von dreihundert Jahren für uns verloren
gehen mußte, so wird der Fleiß des edlen Meisters
nicht minder unsre Bewunderung erregen, als die
Kunstwerke selbst, deren seltne Vortrefflichkeit den
hohen Genius beurkunden, der, vom Glück besser
begünstigt, und ohne die traurige Beschränkung der
Umgebungen, in denen er leben mußte, wahrschein-
lich neben Raphael und Johann van Eyck zu den
höchsten Höhen der Kunst sich erhoben hätte.


ſchloßne Ehe mit Agnes Frey anzuſehen, deren
Vater, Hans Frey, ſich durch eben dieſe Zeichnung
bewogen fühlte, ihm ſeine Tochter zuzuführen, da
er ſie bei einem jungen Künſtler, der ſo zu beginnen
wußte, für wohl verſorgt achtete. Das bösartige,
geizige, zankſüchtige Weſen dieſer Frau vergällte
Albrecht Dürers ganzes Leben und führte zuletzt
das frühe Ende ſeiner Tage herbei.

Wenn wir den Zeitraum von ein und vierzig
Jahren, vom erſten Tage an, da Albrecht Dürer
der Kunſt ſich widmete, bis an ſeinen Tod, mit der
Menge der uns von ihm erhaltnen Kunſtwerke
vergleichen, und dabei bedenken, wie Vieles noch
im Lauf von dreihundert Jahren für uns verloren
gehen mußte, ſo wird der Fleiß des edlen Meiſters
nicht minder unſre Bewunderung erregen, als die
Kunſtwerke ſelbſt, deren ſeltne Vortrefflichkeit den
hohen Genius beurkunden, der, vom Glück beſſer
begünſtigt, und ohne die traurige Beſchränkung der
Umgebungen, in denen er leben mußte, wahrſchein-
lich neben Raphael und Johann van Eyck zu den
höchſten Höhen der Kunſt ſich erhoben hätte.

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[230/0242] ſchloßne Ehe mit Agnes Frey anzuſehen, deren Vater, Hans Frey, ſich durch eben dieſe Zeichnung bewogen fühlte, ihm ſeine Tochter zuzuführen, da er ſie bei einem jungen Künſtler, der ſo zu beginnen wußte, für wohl verſorgt achtete. Das bösartige, geizige, zankſüchtige Weſen dieſer Frau vergällte Albrecht Dürers ganzes Leben und führte zuletzt das frühe Ende ſeiner Tage herbei. Wenn wir den Zeitraum von ein und vierzig Jahren, vom erſten Tage an, da Albrecht Dürer der Kunſt ſich widmete, bis an ſeinen Tod, mit der Menge der uns von ihm erhaltnen Kunſtwerke vergleichen, und dabei bedenken, wie Vieles noch im Lauf von dreihundert Jahren für uns verloren gehen mußte, ſo wird der Fleiß des edlen Meiſters nicht minder unſre Bewunderung erregen, als die Kunſtwerke ſelbſt, deren ſeltne Vortrefflichkeit den hohen Genius beurkunden, der, vom Glück beſſer begünſtigt, und ohne die traurige Beſchränkung der Umgebungen, in denen er leben mußte, wahrſchein- lich neben Raphael und Johann van Eyck zu den höchſten Höhen der Kunſt ſich erhoben hätte.

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/242>, abgerufen am 29.03.2024.