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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

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muthiges Köpfchen entgegen, denn er liebte sie
immerfort mit unwandelbarer Treue. Auch die
Tonkunst verschönerte sein Leben; er übte sie mit
großem Gelingen, und war deshalb unter seinen
Landsleuten ebenfalls bekannt und geliebt. Er
starb 1529 im neun und siebzigsten Jahre seines
Alters. Wie hoch seine Vaterstadt ihn ehrte, be-
weis't sein in Stein gehauenes Profil, an der
Außenseite der Marienkirche zu Antwerpen, mit
der Umschrift des bekannten Verses "Connubialis
Amor etc."

Jn der Ausübung seiner Kunst war Quyntin
Meßis kein blinder Nachahmer des schon Vorgefund-
nen. Sein kräftiges beharrliches Gemüth bahnte
sich einen eignen Weg und seine Gebilde tragen
den Stempel einer ihm ganz angehörenden Origina-
lität, die nicht ohne Anmuth ist. Er verschmähte
die zierliche und ausgeführte Vollendung der Meister
seiner Zeit, vermuthlich weil seine durch schwere
Arbeit in der Jugend minder gefügig gewordne
Hand ihm nicht erlaubte, es ihnen hierin gleich zu
thun; dafür aber erfand er sich eine eigenthümliche


muthiges Köpfchen entgegen, denn er liebte ſie
immerfort mit unwandelbarer Treue. Auch die
Tonkunſt verſchönerte ſein Leben; er übte ſie mit
großem Gelingen, und war deshalb unter ſeinen
Landsleuten ebenfalls bekannt und geliebt. Er
ſtarb 1529 im neun und ſiebzigſten Jahre ſeines
Alters. Wie hoch ſeine Vaterſtadt ihn ehrte, be-
weiſ't ſein in Stein gehauenes Profil, an der
Außenſeite der Marienkirche zu Antwerpen, mit
der Umſchrift des bekannten Verſes „Connubialis
Amor etc.“

Jn der Ausübung ſeiner Kunſt war Quyntin
Meßis kein blinder Nachahmer des ſchon Vorgefund-
nen. Sein kräftiges beharrliches Gemüth bahnte
ſich einen eignen Weg und ſeine Gebilde tragen
den Stempel einer ihm ganz angehörenden Origina-
lität, die nicht ohne Anmuth iſt. Er verſchmähte
die zierliche und ausgeführte Vollendung der Meiſter
ſeiner Zeit, vermuthlich weil ſeine durch ſchwere
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Hand ihm nicht erlaubte, es ihnen hierin gleich zu
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[201/0213] muthiges Köpfchen entgegen, denn er liebte ſie immerfort mit unwandelbarer Treue. Auch die Tonkunſt verſchönerte ſein Leben; er übte ſie mit großem Gelingen, und war deshalb unter ſeinen Landsleuten ebenfalls bekannt und geliebt. Er ſtarb 1529 im neun und ſiebzigſten Jahre ſeines Alters. Wie hoch ſeine Vaterſtadt ihn ehrte, be- weiſ't ſein in Stein gehauenes Profil, an der Außenſeite der Marienkirche zu Antwerpen, mit der Umſchrift des bekannten Verſes „Connubialis Amor etc.“ Jn der Ausübung ſeiner Kunſt war Quyntin Meßis kein blinder Nachahmer des ſchon Vorgefund- nen. Sein kräftiges beharrliches Gemüth bahnte ſich einen eignen Weg und ſeine Gebilde tragen den Stempel einer ihm ganz angehörenden Origina- lität, die nicht ohne Anmuth iſt. Er verſchmähte die zierliche und ausgeführte Vollendung der Meiſter ſeiner Zeit, vermuthlich weil ſeine durch ſchwere Arbeit in der Jugend minder gefügig gewordne Hand ihm nicht erlaubte, es ihnen hierin gleich zu thun; dafür aber erfand er ſich eine eigenthümliche

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/213>, abgerufen am 24.04.2024.