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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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fehlbar erstickt hätte, wenn nicht 5. starcke Manns-
Personen herzu gesprungen, und diesen Mord-
Buben mit äusserster Gewalt zurück gerissen
hätten.

Es brachten demnach etliche Leute meinen gantz
ohnmächtigen Vater nach Hause geführet, welcher
sogleich ins Bette gelegt, und von den besten Medi-
cis
besucht und besorgt wurde. Der verzweifelte
Höllen Brand hatte noch vor Anbruch des Tages,
seine durchteufelte Seele, mit erschrecklichen Brül-
len ausgeblasen, mein sel. Vater aber bekam von
dem gehabten Schrecken ein entsetzliches hitziges Fie-
ber, worbey ihm der Kopf, wegen der ohnfehlbar
sehr gifftigen Bisse, grausam aufschwall, so daß er
ohngeacht alles angewandten Fleisses der Medico-
rum
und Chirurgorum, 7. Tage hernach seinen
Geist aufgeben mußte.

Also wurde ich in meinem 11ten Jahre, nebst mei-
nen 6. andern Geschwistern, von welchen der jüng-
ste Bruder nur etliche Wochen alt war, plötzlich zur
armen Wayse gemacht, denn obgleich mein Vater
bey nahe 16. Jahr in einer sonst sehr austräglichen
Pfarre gesessen, so war es doch wegen verschiedener
Unglücks-Fälle, die von den allgemeinen Landes-
Plagen herrühreten, in seiner Haushaltung endlich
soweit gekommen, daß seine beste Verlassenschafft,
dem gemeinen Sprüchworte nach, in libris & libe-
ris,
in Büchern und Kindern bestund. Meine liebe
Mutter zohe gleich nach verflossenem Gnaden-Jahre
nebst uns Kindern in ihre Geburts-Stadt Elbingen,
zumahlen da sie von ihrer Mutter Schwester, die ei-
ne betagte und Kinderlose Frau war, auf begeben-

den
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fehlbar erſtickt haͤtte, wenn nicht 5. ſtarcke Manns-
Perſonen herzu geſprungen, und dieſen Mord-
Buben mit aͤuſſerſter Gewalt zuruͤck geriſſen
haͤtten.

Es brachten demnach etliche Leute meinen gantz
ohnmaͤchtigen Vater nach Hauſe gefuͤhret, welcher
ſogleich ins Bette gelegt, und von den beſten Medi-
cis
beſucht und beſorgt wurde. Der verzweifelte
Hoͤllen Brand hatte noch vor Anbruch des Tages,
ſeine durchteufelte Seele, mit erſchrecklichen Bruͤl-
len ausgeblaſen, mein ſel. Vater aber bekam von
dem gehabten Schrecken ein entſetzliches hitziges Fie-
ber, worbey ihm der Kopf, wegen der ohnfehlbar
ſehr gifftigen Biſſe, grauſam aufſchwall, ſo daß er
ohngeacht alles angewandten Fleiſſes der Medico-
rum
und Chirurgorum, 7. Tage hernach ſeinen
Geiſt aufgeben mußte.

Alſo wurde ich in meinem 11ten Jahre, nebſt mei-
nen 6. andern Geſchwiſtern, von welchen der juͤng-
ſte Bruder nur etliche Wochen alt war, ploͤtzlich zur
armen Wayſe gemacht, denn obgleich mein Vater
bey nahe 16. Jahr in einer ſonſt ſehr austraͤglichen
Pfarre geſeſſen, ſo war es doch wegen verſchiedener
Ungluͤcks-Faͤlle, die von den allgemeinen Landes-
Plagen herruͤhreten, in ſeiner Haushaltung endlich
ſoweit gekommen, daß ſeine beſte Verlaſſenſchafft,
dem gemeinen Spruͤchworte nach, in libris & libe-
ris,
in Buͤchern und Kindern beſtund. Meine liebe
Mutter zohe gleich nach verfloſſenem Gnaden-Jahre
nebſt uns Kindern in ihre Geburts-Stadt Elbingen,
zumahlen da ſie von ihrer Mutter Schweſter, die ei-
ne betagte und Kinderloſe Frau war, auf begeben-

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[9/0023] fehlbar erſtickt haͤtte, wenn nicht 5. ſtarcke Manns- Perſonen herzu geſprungen, und dieſen Mord- Buben mit aͤuſſerſter Gewalt zuruͤck geriſſen haͤtten. Es brachten demnach etliche Leute meinen gantz ohnmaͤchtigen Vater nach Hauſe gefuͤhret, welcher ſogleich ins Bette gelegt, und von den beſten Medi- cis beſucht und beſorgt wurde. Der verzweifelte Hoͤllen Brand hatte noch vor Anbruch des Tages, ſeine durchteufelte Seele, mit erſchrecklichen Bruͤl- len ausgeblaſen, mein ſel. Vater aber bekam von dem gehabten Schrecken ein entſetzliches hitziges Fie- ber, worbey ihm der Kopf, wegen der ohnfehlbar ſehr gifftigen Biſſe, grauſam aufſchwall, ſo daß er ohngeacht alles angewandten Fleiſſes der Medico- rum und Chirurgorum, 7. Tage hernach ſeinen Geiſt aufgeben mußte. Alſo wurde ich in meinem 11ten Jahre, nebſt mei- nen 6. andern Geſchwiſtern, von welchen der juͤng- ſte Bruder nur etliche Wochen alt war, ploͤtzlich zur armen Wayſe gemacht, denn obgleich mein Vater bey nahe 16. Jahr in einer ſonſt ſehr austraͤglichen Pfarre geſeſſen, ſo war es doch wegen verſchiedener Ungluͤcks-Faͤlle, die von den allgemeinen Landes- Plagen herruͤhreten, in ſeiner Haushaltung endlich ſoweit gekommen, daß ſeine beſte Verlaſſenſchafft, dem gemeinen Spruͤchworte nach, in libris & libe- ris, in Buͤchern und Kindern beſtund. Meine liebe Mutter zohe gleich nach verfloſſenem Gnaden-Jahre nebſt uns Kindern in ihre Geburts-Stadt Elbingen, zumahlen da ſie von ihrer Mutter Schweſter, die ei- ne betagte und Kinderloſe Frau war, auf begeben- den a 5

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/23>, abgerufen am 19.04.2024.