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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Einleitung.

Das zu behaupten wäre lächerlich. Gerade für
eine Untersuchung, die nur die Kleingewerbe in Betracht
ziehen will, bietet die Trennung sogar Vortheile. Und
wenn man von Einzelheiten absieht, so entspricht sie
selbst heute noch im Ganzen den realen Zuständen, hat
ihnen jedenfalls bis in die fünfziger Jahre entsprochen.
In der Hauptsache sind die Geschäfte, welche in der
Handwerkertabelle stehen, etwas Anderes als die in der
Fabriktabelle stehenden. Entscheidet im Detail oft nur
Willkür und Zufall, ob eine Unternehmung in der einen
oder andern Tabelle verzeichnet ist, für die Haupt-
kategorien ist die Scheidung doch klar; für sie hat die-
selbe jedenfalls in den verschiedenen Jahren nach gleichen
Grundsätzen stattgefunden. Und wenn manche Unterneh-
mung, die in der Fabriktabelle steht, in die Handwerker-
tabelle gehört, so wird auch der umgekehrte Fehler statt-
gefunden haben, und das Gesammtresultat wird in Folge
dieser Ausgleichung doch relativ der Wahrheit sich nähern.

Für mancherlei Fragen und Verhältnisse werden
bedeutende Zweifel bleiben. Da wird man versuchen
müssen die Zahlen kritisch zu rektifiziren, wenn es geht.
Wenn das nicht geht, wird man die Schlüsse vorerst
hypothetisch ziehen und so zunächst ein vorläufiges Re-
sultat erhalten.

Verfährt man nur wissenschaftlich, so hat man
trotz der Unvollkommenheit der Aufnahmen ein werth-
volles Untersuchungsmaterial, das bei richtiger und vor-
sichtiger Fragestellung der Wahrheit entsprechende Ant-
worten nicht schuldig bleibt.


Einleitung.

Das zu behaupten wäre lächerlich. Gerade für
eine Unterſuchung, die nur die Kleingewerbe in Betracht
ziehen will, bietet die Trennung ſogar Vortheile. Und
wenn man von Einzelheiten abſieht, ſo entſpricht ſie
ſelbſt heute noch im Ganzen den realen Zuſtänden, hat
ihnen jedenfalls bis in die fünfziger Jahre entſprochen.
In der Hauptſache ſind die Geſchäfte, welche in der
Handwerkertabelle ſtehen, etwas Anderes als die in der
Fabriktabelle ſtehenden. Entſcheidet im Detail oft nur
Willkür und Zufall, ob eine Unternehmung in der einen
oder andern Tabelle verzeichnet iſt, für die Haupt-
kategorien iſt die Scheidung doch klar; für ſie hat die-
ſelbe jedenfalls in den verſchiedenen Jahren nach gleichen
Grundſätzen ſtattgefunden. Und wenn manche Unterneh-
mung, die in der Fabriktabelle ſteht, in die Handwerker-
tabelle gehört, ſo wird auch der umgekehrte Fehler ſtatt-
gefunden haben, und das Geſammtreſultat wird in Folge
dieſer Ausgleichung doch relativ der Wahrheit ſich nähern.

Für mancherlei Fragen und Verhältniſſe werden
bedeutende Zweifel bleiben. Da wird man verſuchen
müſſen die Zahlen kritiſch zu rektifiziren, wenn es geht.
Wenn das nicht geht, wird man die Schlüſſe vorerſt
hypothetiſch ziehen und ſo zunächſt ein vorläufiges Re-
ſultat erhalten.

Verfährt man nur wiſſenſchaftlich, ſo hat man
trotz der Unvollkommenheit der Aufnahmen ein werth-
volles Unterſuchungsmaterial, das bei richtiger und vor-
ſichtiger Frageſtellung der Wahrheit entſprechende Ant-
worten nicht ſchuldig bleibt.


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[10/0032] Einleitung. Das zu behaupten wäre lächerlich. Gerade für eine Unterſuchung, die nur die Kleingewerbe in Betracht ziehen will, bietet die Trennung ſogar Vortheile. Und wenn man von Einzelheiten abſieht, ſo entſpricht ſie ſelbſt heute noch im Ganzen den realen Zuſtänden, hat ihnen jedenfalls bis in die fünfziger Jahre entſprochen. In der Hauptſache ſind die Geſchäfte, welche in der Handwerkertabelle ſtehen, etwas Anderes als die in der Fabriktabelle ſtehenden. Entſcheidet im Detail oft nur Willkür und Zufall, ob eine Unternehmung in der einen oder andern Tabelle verzeichnet iſt, für die Haupt- kategorien iſt die Scheidung doch klar; für ſie hat die- ſelbe jedenfalls in den verſchiedenen Jahren nach gleichen Grundſätzen ſtattgefunden. Und wenn manche Unterneh- mung, die in der Fabriktabelle ſteht, in die Handwerker- tabelle gehört, ſo wird auch der umgekehrte Fehler ſtatt- gefunden haben, und das Geſammtreſultat wird in Folge dieſer Ausgleichung doch relativ der Wahrheit ſich nähern. Für mancherlei Fragen und Verhältniſſe werden bedeutende Zweifel bleiben. Da wird man verſuchen müſſen die Zahlen kritiſch zu rektifiziren, wenn es geht. Wenn das nicht geht, wird man die Schlüſſe vorerſt hypothetiſch ziehen und ſo zunächſt ein vorläufiges Re- ſultat erhalten. Verfährt man nur wiſſenſchaftlich, ſo hat man trotz der Unvollkommenheit der Aufnahmen ein werth- volles Unterſuchungsmaterial, das bei richtiger und vor- ſichtiger Frageſtellung der Wahrheit entſprechende Ant- worten nicht ſchuldig bleibt.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/32>, abgerufen am 23.04.2024.