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Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900.

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Erstes Buch. Land, Leute und Technik.

In den Jahren 1890--95 zählte man:

[Spaltenumbruch]
in ganzen Staaten
Belgien 206
Niederlande 139
Großbritannien
und Irland 124
Japan 106
Italien 105
Österreich 86
Schweiz 71
Dänemark 55
Ungarn 54
Spanien 35
Europ. Rußland 17
Schweden 10
Ver. Staaten 7
Norwegen 6
[Spaltenumbruch]
in Teilen der nicht deutschen
Reiche und Staaten
Schottland 51
Irland 56
Brittisch-Indien 71
Bengalen 182
Russisch-Polen 65
Finnland 7
Russisch Central-
Asien 1,6
Niederösterreich 133
Bosnien, Herze-
gowina 26
Campanien 190
Sardinien 30
[Spaltenumbruch]
in deutschen Staaten und Provinzen
Ostpreußen 53
Westpreußen 56
Pommern 51
Mecklenburg 45
Schleswig-
Holstein 65
Hannover 59
Westfalen 120
Rheinland 173
Schlesien 105
Posen 65
Brandenburg 103
Pr. Sachsen 102
Kgr. Sachsen 233
Thüringen 104
[Spaltenumbruch]
Hessen-Nassau 63
Bayern 74
Württemberg 104
Baden 110
Gr. Hessen 129
Elsaß-
Lothringen 111.

Diese wenigen Zahlen vermögen immerhin ein volles Bild der historischen Ver-
dichtung und der geographisch verschiedenen Dichtigkeit, der Ursachen und Folgen des
ganzen Prozesses zu geben. Sie deuten an, daß dichtere Bevölkerung und höhere wirt-
schaftliche, politische und geistige Kultur bis auf einen gewissen Grad Hand in Hand
gehen, daß ohne eine gewisse Dichtigkeit Arbeitsteilung, lebendiger Verkehr, Marktwesen,
Gewerbe, städtisches Leben, gesteigerte geistige Berührung und Reibung der Menschen,
Künste und Wissenschaften nicht existieren können. Aber sie zeigen doch auch, daß ent-
fernt nicht die dichtestbevölkerten Gebiete und Staaten stets die reichsten, gebildetsten und
mächtigsten waren, daß hohe Kultur und großer Reichtum bei 20--40 wie bei 100--200
Seelen pro Geviertkilometer vorkommen, daß von der Natur begünstigte halbbarbarische
Gegenden unter Umständen die dichtest besiedelten sind. Mit den modernen Verkehrsmitteln
ist höchster Wohlstand bei sparsamer Bevölkerung z. B. in den Kolonien, in den Ver-
einigten Staaten möglich. Man verfügt hier noch über Naturkräfte in Fülle, die in
dicht bevölkerten Gebieten nur noch in kleinster Portion auf den einzelnen fallen.

Der historische Verdichtungsprozeß, wie er überall in Zusammenhang mit der
Bevölkerungszunahme angestrebt wird, hat zunächst seine natürlichen Bedingungen.
Wenn im kalten Norden bei primitiver Technik auf der Geviertmeile nur 0,1, so leben
im Süden, unter den Tropen unter ähnlichen Voraussetzungen doch schon 10--500, bei
etwas höherer Technik Tausende; derselbe Ackerbau, der bei uns 2000, ernährt dort
10000 Seelen. Die Verschiedenheit des Bodens, der Höhe über dem Meere, der Feuch-
tigkeit setzt der Menschenzahl ganz verschiedene Grenzen. Wenn in den Vereinigten
Staaten bei normaler Jahreswärme auf der Geviertmeile 22--31 Menschen 1890
leben, so sinkt die Zahl auf 3 und 4 herab, wo es zu kalt und zu warm ist; im selben
Reiche erhebt sich, wo die Regenmenge am günstigsten, d. h. 30--50 Zoll ist, die Zahl
pro Geviertmeile auf 40--60, da aber, wo sie herabgeht auf 10--20 oder auf 70 Zoll
steigt, trifft man auf derselben Fläche nur 1--4 Menschen. Wo der Boden sich über
eine gewisse Höhe erhebt, ist die Menschenzahl immer spärlich. In Baden trifft man
im Thale 227, auf den Hängen 300, bei 600 und 700 Meter Höhe noch 52, über
1100 Meter nur noch 1 Menschen pro Geviertkilometer. Im Braunschweigischen leben
in den reinen Waldgemeinden 44, in den halben Waldgemeinden 55, in den übrigen
Ortschaften 84 Menschen pro Geviertkilometer; wenn man die landwirtschaftliche Fläche
dieses Staates nach der Bodengüte in vier Klassen teilt, so findet man auf dem besten
Boden 116, auf dem guten 107, dem mittleren 97, dem geringen 64 Menschen pro
Geviertkilometer. Je jünger irgendwo die Kultur ist, desto mehr werden nur die Fluß-
thäler und günstigen Seeküsten, die besten Gegenden (abgesehen von schwer bebaubaren

Erſtes Buch. Land, Leute und Technik.

In den Jahren 1890—95 zählte man:

[Spaltenumbruch]
in ganzen Staaten
Belgien 206
Niederlande 139
Großbritannien
und Irland 124
Japan 106
Italien 105
Öſterreich 86
Schweiz 71
Dänemark 55
Ungarn 54
Spanien 35
Europ. Rußland 17
Schweden 10
Ver. Staaten 7
Norwegen 6
[Spaltenumbruch]
in Teilen der nicht deutſchen
Reiche und Staaten
Schottland 51
Irland 56
Brittiſch-Indien 71
Bengalen 182
Ruſſiſch-Polen 65
Finnland 7
Ruſſiſch Central-
Aſien 1,6
Niederöſterreich 133
Bosnien, Herze-
gowina 26
Campanien 190
Sardinien 30
[Spaltenumbruch]
in deutſchen Staaten und Provinzen
Oſtpreußen 53
Weſtpreußen 56
Pommern 51
Mecklenburg 45
Schleswig-
Holſtein 65
Hannover 59
Weſtfalen 120
Rheinland 173
Schleſien 105
Poſen 65
Brandenburg 103
Pr. Sachſen 102
Kgr. Sachſen 233
Thüringen 104
[Spaltenumbruch]
Heſſen-Naſſau 63
Bayern 74
Württemberg 104
Baden 110
Gr. Heſſen 129
Elſaß-
Lothringen 111.

Dieſe wenigen Zahlen vermögen immerhin ein volles Bild der hiſtoriſchen Ver-
dichtung und der geographiſch verſchiedenen Dichtigkeit, der Urſachen und Folgen des
ganzen Prozeſſes zu geben. Sie deuten an, daß dichtere Bevölkerung und höhere wirt-
ſchaftliche, politiſche und geiſtige Kultur bis auf einen gewiſſen Grad Hand in Hand
gehen, daß ohne eine gewiſſe Dichtigkeit Arbeitsteilung, lebendiger Verkehr, Marktweſen,
Gewerbe, ſtädtiſches Leben, geſteigerte geiſtige Berührung und Reibung der Menſchen,
Künſte und Wiſſenſchaften nicht exiſtieren können. Aber ſie zeigen doch auch, daß ent-
fernt nicht die dichteſtbevölkerten Gebiete und Staaten ſtets die reichſten, gebildetſten und
mächtigſten waren, daß hohe Kultur und großer Reichtum bei 20—40 wie bei 100—200
Seelen pro Geviertkilometer vorkommen, daß von der Natur begünſtigte halbbarbariſche
Gegenden unter Umſtänden die dichteſt beſiedelten ſind. Mit den modernen Verkehrsmitteln
iſt höchſter Wohlſtand bei ſparſamer Bevölkerung z. B. in den Kolonien, in den Ver-
einigten Staaten möglich. Man verfügt hier noch über Naturkräfte in Fülle, die in
dicht bevölkerten Gebieten nur noch in kleinſter Portion auf den einzelnen fallen.

Der hiſtoriſche Verdichtungsprozeß, wie er überall in Zuſammenhang mit der
Bevölkerungszunahme angeſtrebt wird, hat zunächſt ſeine natürlichen Bedingungen.
Wenn im kalten Norden bei primitiver Technik auf der Geviertmeile nur 0,1, ſo leben
im Süden, unter den Tropen unter ähnlichen Vorausſetzungen doch ſchon 10—500, bei
etwas höherer Technik Tauſende; derſelbe Ackerbau, der bei uns 2000, ernährt dort
10000 Seelen. Die Verſchiedenheit des Bodens, der Höhe über dem Meere, der Feuch-
tigkeit ſetzt der Menſchenzahl ganz verſchiedene Grenzen. Wenn in den Vereinigten
Staaten bei normaler Jahreswärme auf der Geviertmeile 22—31 Menſchen 1890
leben, ſo ſinkt die Zahl auf 3 und 4 herab, wo es zu kalt und zu warm iſt; im ſelben
Reiche erhebt ſich, wo die Regenmenge am günſtigſten, d. h. 30—50 Zoll iſt, die Zahl
pro Geviertmeile auf 40—60, da aber, wo ſie herabgeht auf 10—20 oder auf 70 Zoll
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eine gewiſſe Höhe erhebt, iſt die Menſchenzahl immer ſpärlich. In Baden trifft man
im Thale 227, auf den Hängen 300, bei 600 und 700 Meter Höhe noch 52, über
1100 Meter nur noch 1 Menſchen pro Geviertkilometer. Im Braunſchweigiſchen leben
in den reinen Waldgemeinden 44, in den halben Waldgemeinden 55, in den übrigen
Ortſchaften 84 Menſchen pro Geviertkilometer; wenn man die landwirtſchaftliche Fläche
dieſes Staates nach der Bodengüte in vier Klaſſen teilt, ſo findet man auf dem beſten
Boden 116, auf dem guten 107, dem mittleren 97, dem geringen 64 Menſchen pro
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[184/0200] Erſtes Buch. Land, Leute und Technik. In den Jahren 1890—95 zählte man: in ganzen Staaten Belgien 206 Niederlande 139 Großbritannien und Irland 124 Japan 106 Italien 105 Öſterreich 86 Schweiz 71 Dänemark 55 Ungarn 54 Spanien 35 Europ. Rußland 17 Schweden 10 Ver. Staaten 7 Norwegen 6 in Teilen der nicht deutſchen Reiche und Staaten Schottland 51 Irland 56 Brittiſch-Indien 71 Bengalen 182 Ruſſiſch-Polen 65 Finnland 7 Ruſſiſch Central- Aſien 1,6 Niederöſterreich 133 Bosnien, Herze- gowina 26 Campanien 190 Sardinien 30 in deutſchen Staaten und Provinzen Oſtpreußen 53 Weſtpreußen 56 Pommern 51 Mecklenburg 45 Schleswig- Holſtein 65 Hannover 59 Weſtfalen 120 Rheinland 173 Schleſien 105 Poſen 65 Brandenburg 103 Pr. Sachſen 102 Kgr. Sachſen 233 Thüringen 104 Heſſen-Naſſau 63 Bayern 74 Württemberg 104 Baden 110 Gr. Heſſen 129 Elſaß- Lothringen 111. Dieſe wenigen Zahlen vermögen immerhin ein volles Bild der hiſtoriſchen Ver- dichtung und der geographiſch verſchiedenen Dichtigkeit, der Urſachen und Folgen des ganzen Prozeſſes zu geben. Sie deuten an, daß dichtere Bevölkerung und höhere wirt- ſchaftliche, politiſche und geiſtige Kultur bis auf einen gewiſſen Grad Hand in Hand gehen, daß ohne eine gewiſſe Dichtigkeit Arbeitsteilung, lebendiger Verkehr, Marktweſen, Gewerbe, ſtädtiſches Leben, geſteigerte geiſtige Berührung und Reibung der Menſchen, Künſte und Wiſſenſchaften nicht exiſtieren können. Aber ſie zeigen doch auch, daß ent- fernt nicht die dichteſtbevölkerten Gebiete und Staaten ſtets die reichſten, gebildetſten und mächtigſten waren, daß hohe Kultur und großer Reichtum bei 20—40 wie bei 100—200 Seelen pro Geviertkilometer vorkommen, daß von der Natur begünſtigte halbbarbariſche Gegenden unter Umſtänden die dichteſt beſiedelten ſind. Mit den modernen Verkehrsmitteln iſt höchſter Wohlſtand bei ſparſamer Bevölkerung z. B. in den Kolonien, in den Ver- einigten Staaten möglich. Man verfügt hier noch über Naturkräfte in Fülle, die in dicht bevölkerten Gebieten nur noch in kleinſter Portion auf den einzelnen fallen. Der hiſtoriſche Verdichtungsprozeß, wie er überall in Zuſammenhang mit der Bevölkerungszunahme angeſtrebt wird, hat zunächſt ſeine natürlichen Bedingungen. Wenn im kalten Norden bei primitiver Technik auf der Geviertmeile nur 0,1, ſo leben im Süden, unter den Tropen unter ähnlichen Vorausſetzungen doch ſchon 10—500, bei etwas höherer Technik Tauſende; derſelbe Ackerbau, der bei uns 2000, ernährt dort 10000 Seelen. Die Verſchiedenheit des Bodens, der Höhe über dem Meere, der Feuch- tigkeit ſetzt der Menſchenzahl ganz verſchiedene Grenzen. Wenn in den Vereinigten Staaten bei normaler Jahreswärme auf der Geviertmeile 22—31 Menſchen 1890 leben, ſo ſinkt die Zahl auf 3 und 4 herab, wo es zu kalt und zu warm iſt; im ſelben Reiche erhebt ſich, wo die Regenmenge am günſtigſten, d. h. 30—50 Zoll iſt, die Zahl pro Geviertmeile auf 40—60, da aber, wo ſie herabgeht auf 10—20 oder auf 70 Zoll ſteigt, trifft man auf derſelben Fläche nur 1—4 Menſchen. Wo der Boden ſich über eine gewiſſe Höhe erhebt, iſt die Menſchenzahl immer ſpärlich. In Baden trifft man im Thale 227, auf den Hängen 300, bei 600 und 700 Meter Höhe noch 52, über 1100 Meter nur noch 1 Menſchen pro Geviertkilometer. Im Braunſchweigiſchen leben in den reinen Waldgemeinden 44, in den halben Waldgemeinden 55, in den übrigen Ortſchaften 84 Menſchen pro Geviertkilometer; wenn man die landwirtſchaftliche Fläche dieſes Staates nach der Bodengüte in vier Klaſſen teilt, ſo findet man auf dem beſten Boden 116, auf dem guten 107, dem mittleren 97, dem geringen 64 Menſchen pro Geviertkilometer. Je jünger irgendwo die Kultur iſt, deſto mehr werden nur die Fluß- thäler und günſtigen Seeküſten, die beſten Gegenden (abgeſehen von ſchwer bebaubaren

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_grundriss01_1900/200>, abgerufen am 20.04.2024.