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Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900.

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Die Mongolen, die Semiten.
Chinese aus; in Kleinhandel und Hausiererei ist er pfiffiger als jede andere Rasse.
Im kaufmännischen Geschäft überwindet er teilweise den Europäer, wie er den meisten
Rassen Ost- und Mittelasiens überlegen ist. Als Arbeiter ist er weit herum in der
Welt begehrt, in den Vereinigten Staaten bereits gefürchtet. Ob seine Billigkeit und
Geschicklichkeit in der Zukunft der europäischen Industrie gefährlich werde, zumal wenn
er unter die Leitung von westländischen Unternehmern komme, ist die große Frage der
Zukunft. Zunächst macht das Reich einen inneren Auflösungsprozeß durch: wir trösten
uns damit, daß der chinesische Scharfsinn über gewisse Grenzen nicht hinausgehe, daß
die Kunst des Letterndruckes ohne Buchstabenschrift (seit 1040--50), die Kenntnis des
Pulvers ohne Feuerrohr, daß die höchste manuelle Geschicklichkeit und Arbeitsamkeit ohne
Maschinen ihm bisher nicht so sehr viel genützt haben. Sicher ist, daß er im Hochmut der
Abgeschlossenheit erstarrte, daß ihm der Kampf mit würdigen Gegnern fehlte, daß ihm
die 6000jährige Kontinuität seines Staatslebens ebenso zum Fluche wurde, wie sie ihn, in
der spießbürgerlichen Nützlichkeitsmoral Confutses eingeschlossen, friedlich stagnieren ließ.

64. Ethnographische Einzelbeschreibung: die mittelländischen
Rassen; die Semiten
. Die Völker der mittelländischen Rasse sind die Träger der
höchsten menschlichen Gesittung geworden; es muß das im engsten Zusammenhange mit
ihren typischen Rasseneigenschaften stehen. Die Hamiten haben die ägyptische, die Semiten
die vorderasiatische, die Indogermanen die indische, iranisch-persische und europäisch-amerika-
nische Kultur erzeugt. Eine gewisse Verwandtschaft der Hamiten mit den Semiten und
dieser mit den Indoeuropäern scheint festzustehen. Die drei Völkergruppen haben meist
in räumlicher Nähe, hauptsächlich um das Mittelmeer herum gesessen, haben einander
bekämpft und aufeinander gewirkt. Während wir aber von den Hamiten außer ihren
ägyptischen Leistungen wenig wissen, hauptsächlich auch die Mischung der in Ägypten
zusammengewachsenen Rassenelemente noch keineswegs ganz klar ist, steht die Entwickelung
der semitischen und indogermanischen Völker im hellen Lichte der Geschichte. --

Die Semiten sind der ältere Zweig; sie haben, allerdings im Anschluß an eine
ältere wohl mongoloide Kultur, an das akkadische oder sumerische Reich im Mündungs-
gebiet des Euphrat die chaldäische, technische und wissenschaftliche Kultur, die Grund-
lagen alles Maß- und Gewichtssystems geschaffen, sie haben in ihrem phönikischen
Zweige, dem ersten großen Handelsvolke, die Formen des Handels und die Buchstaben-
schrift, sie haben die drei großen weltbeherrschenden Religionen, den jüdischen Mono-
theismus, das Christentum und den Islam geschaffen; die Araber haben dann ebenso
durch ihre Eroberungen wie durch ihren Handel, ihr Wissen und ihre Erfindungen
eine bedeutende Rolle im Mittelalter gespielt. Die Semiten waren so mit ihrem leiden-
schaftlichen Gemüt, ihrem energischen Mut, ihrem hartnäckigen, zäh das Erworbene
festhaltenden Willen, ihrem Glauben an ausschließliche Berechtigung, ihrem harten
Egoismus, ihrer scharfen Abstraktionskraft die Mauerbrecher für die höhere Kultur der
abendländischen Menschheit; sie wurden in Vielem die Lehrer der Indogermanen und
wirken durch die Juden auch heute noch überall mehr oder weniger als ein Leben und
Reibung erzeugendes, teils Fortschritt, teils Auflösung bringendes Element in den
indogermanischen Staaten fort. Wir wollen statt der einseitigen Verurteilung ihrer
Rasseneigenschaften durch einen ihrer Söhne, durch Ernst Renan, lieber Chwolson, der
auch selbst Semite ist, die Rasse charakterisieren lassen. Er sagt: Der praktische, nüch-
terne, mathematische, ja spitzfindige Verstand hat bei den Semiten alle Mythologie, alle
Mystik, alles Epos, alles Drama ausgeschlossen; er ist in Religion und Wissenschaft
relativ früh zu einfachen, großen Ergebnissen, zu einer klaren Erfassung des empirischen
Lebens gekommen; die scharf ausgeprägte subjektive Individualität des Semiten erlaubt
innige Hingabe an Familie und Stamm, hat aber stets staatlicher Unterordnung wider-
strebt, trotz des weichen, fast weichlichen Sinnes für Milde und Wohlthätigkeit und trotz
der raschen Empfänglichkeit für allgemeine Ideen; das Ideal des Semiten war nie in
erster Linie die Tapferkeit sondern die weise Gerechtigkeit; geistige Eigenschaften über-
schätzte besonders das Judentum stets gegenüber körperlicher Kraft und Gesundheit; harte
Ausnützung der eigenen Klugheit, besonders gegen unreife Stämme anderer Rasse, spielende,

Die Mongolen, die Semiten.
Chineſe aus; in Kleinhandel und Hauſiererei iſt er pfiffiger als jede andere Raſſe.
Im kaufmänniſchen Geſchäft überwindet er teilweiſe den Europäer, wie er den meiſten
Raſſen Oſt- und Mittelaſiens überlegen iſt. Als Arbeiter iſt er weit herum in der
Welt begehrt, in den Vereinigten Staaten bereits gefürchtet. Ob ſeine Billigkeit und
Geſchicklichkeit in der Zukunft der europäiſchen Induſtrie gefährlich werde, zumal wenn
er unter die Leitung von weſtländiſchen Unternehmern komme, iſt die große Frage der
Zukunft. Zunächſt macht das Reich einen inneren Auflöſungsprozeß durch: wir tröſten
uns damit, daß der chineſiſche Scharfſinn über gewiſſe Grenzen nicht hinausgehe, daß
die Kunſt des Letterndruckes ohne Buchſtabenſchrift (ſeit 1040—50), die Kenntnis des
Pulvers ohne Feuerrohr, daß die höchſte manuelle Geſchicklichkeit und Arbeitſamkeit ohne
Maſchinen ihm bisher nicht ſo ſehr viel genützt haben. Sicher iſt, daß er im Hochmut der
Abgeſchloſſenheit erſtarrte, daß ihm der Kampf mit würdigen Gegnern fehlte, daß ihm
die 6000jährige Kontinuität ſeines Staatslebens ebenſo zum Fluche wurde, wie ſie ihn, in
der ſpießbürgerlichen Nützlichkeitsmoral Confutſes eingeſchloſſen, friedlich ſtagnieren ließ.

64. Ethnographiſche Einzelbeſchreibung: die mittelländiſchen
Raſſen; die Semiten
. Die Völker der mittelländiſchen Raſſe ſind die Träger der
höchſten menſchlichen Geſittung geworden; es muß das im engſten Zuſammenhange mit
ihren typiſchen Raſſeneigenſchaften ſtehen. Die Hamiten haben die ägyptiſche, die Semiten
die vorderaſiatiſche, die Indogermanen die indiſche, iraniſch-perſiſche und europäiſch-amerika-
niſche Kultur erzeugt. Eine gewiſſe Verwandtſchaft der Hamiten mit den Semiten und
dieſer mit den Indoeuropäern ſcheint feſtzuſtehen. Die drei Völkergruppen haben meiſt
in räumlicher Nähe, hauptſächlich um das Mittelmeer herum geſeſſen, haben einander
bekämpft und aufeinander gewirkt. Während wir aber von den Hamiten außer ihren
ägyptiſchen Leiſtungen wenig wiſſen, hauptſächlich auch die Miſchung der in Ägypten
zuſammengewachſenen Raſſenelemente noch keineswegs ganz klar iſt, ſteht die Entwickelung
der ſemitiſchen und indogermaniſchen Völker im hellen Lichte der Geſchichte. —

Die Semiten ſind der ältere Zweig; ſie haben, allerdings im Anſchluß an eine
ältere wohl mongoloide Kultur, an das akkadiſche oder ſumeriſche Reich im Mündungs-
gebiet des Euphrat die chaldäiſche, techniſche und wiſſenſchaftliche Kultur, die Grund-
lagen alles Maß- und Gewichtsſyſtems geſchaffen, ſie haben in ihrem phönikiſchen
Zweige, dem erſten großen Handelsvolke, die Formen des Handels und die Buchſtaben-
ſchrift, ſie haben die drei großen weltbeherrſchenden Religionen, den jüdiſchen Mono-
theismus, das Chriſtentum und den Islam geſchaffen; die Araber haben dann ebenſo
durch ihre Eroberungen wie durch ihren Handel, ihr Wiſſen und ihre Erfindungen
eine bedeutende Rolle im Mittelalter geſpielt. Die Semiten waren ſo mit ihrem leiden-
ſchaftlichen Gemüt, ihrem energiſchen Mut, ihrem hartnäckigen, zäh das Erworbene
feſthaltenden Willen, ihrem Glauben an ausſchließliche Berechtigung, ihrem harten
Egoismus, ihrer ſcharfen Abſtraktionskraft die Mauerbrecher für die höhere Kultur der
abendländiſchen Menſchheit; ſie wurden in Vielem die Lehrer der Indogermanen und
wirken durch die Juden auch heute noch überall mehr oder weniger als ein Leben und
Reibung erzeugendes, teils Fortſchritt, teils Auflöſung bringendes Element in den
indogermaniſchen Staaten fort. Wir wollen ſtatt der einſeitigen Verurteilung ihrer
Raſſeneigenſchaften durch einen ihrer Söhne, durch Ernſt Renan, lieber Chwolſon, der
auch ſelbſt Semite iſt, die Raſſe charakteriſieren laſſen. Er ſagt: Der praktiſche, nüch-
terne, mathematiſche, ja ſpitzfindige Verſtand hat bei den Semiten alle Mythologie, alle
Myſtik, alles Epos, alles Drama ausgeſchloſſen; er iſt in Religion und Wiſſenſchaft
relativ früh zu einfachen, großen Ergebniſſen, zu einer klaren Erfaſſung des empiriſchen
Lebens gekommen; die ſcharf ausgeprägte ſubjektive Individualität des Semiten erlaubt
innige Hingabe an Familie und Stamm, hat aber ſtets ſtaatlicher Unterordnung wider-
ſtrebt, trotz des weichen, faſt weichlichen Sinnes für Milde und Wohlthätigkeit und trotz
der raſchen Empfänglichkeit für allgemeine Ideen; das Ideal des Semiten war nie in
erſter Linie die Tapferkeit ſondern die weiſe Gerechtigkeit; geiſtige Eigenſchaften über-
ſchätzte beſonders das Judentum ſtets gegenüber körperlicher Kraft und Geſundheit; harte
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[151/0167] Die Mongolen, die Semiten. Chineſe aus; in Kleinhandel und Hauſiererei iſt er pfiffiger als jede andere Raſſe. Im kaufmänniſchen Geſchäft überwindet er teilweiſe den Europäer, wie er den meiſten Raſſen Oſt- und Mittelaſiens überlegen iſt. Als Arbeiter iſt er weit herum in der Welt begehrt, in den Vereinigten Staaten bereits gefürchtet. Ob ſeine Billigkeit und Geſchicklichkeit in der Zukunft der europäiſchen Induſtrie gefährlich werde, zumal wenn er unter die Leitung von weſtländiſchen Unternehmern komme, iſt die große Frage der Zukunft. Zunächſt macht das Reich einen inneren Auflöſungsprozeß durch: wir tröſten uns damit, daß der chineſiſche Scharfſinn über gewiſſe Grenzen nicht hinausgehe, daß die Kunſt des Letterndruckes ohne Buchſtabenſchrift (ſeit 1040—50), die Kenntnis des Pulvers ohne Feuerrohr, daß die höchſte manuelle Geſchicklichkeit und Arbeitſamkeit ohne Maſchinen ihm bisher nicht ſo ſehr viel genützt haben. Sicher iſt, daß er im Hochmut der Abgeſchloſſenheit erſtarrte, daß ihm der Kampf mit würdigen Gegnern fehlte, daß ihm die 6000jährige Kontinuität ſeines Staatslebens ebenſo zum Fluche wurde, wie ſie ihn, in der ſpießbürgerlichen Nützlichkeitsmoral Confutſes eingeſchloſſen, friedlich ſtagnieren ließ. 64. Ethnographiſche Einzelbeſchreibung: die mittelländiſchen Raſſen; die Semiten. Die Völker der mittelländiſchen Raſſe ſind die Träger der höchſten menſchlichen Geſittung geworden; es muß das im engſten Zuſammenhange mit ihren typiſchen Raſſeneigenſchaften ſtehen. Die Hamiten haben die ägyptiſche, die Semiten die vorderaſiatiſche, die Indogermanen die indiſche, iraniſch-perſiſche und europäiſch-amerika- niſche Kultur erzeugt. Eine gewiſſe Verwandtſchaft der Hamiten mit den Semiten und dieſer mit den Indoeuropäern ſcheint feſtzuſtehen. Die drei Völkergruppen haben meiſt in räumlicher Nähe, hauptſächlich um das Mittelmeer herum geſeſſen, haben einander bekämpft und aufeinander gewirkt. Während wir aber von den Hamiten außer ihren ägyptiſchen Leiſtungen wenig wiſſen, hauptſächlich auch die Miſchung der in Ägypten zuſammengewachſenen Raſſenelemente noch keineswegs ganz klar iſt, ſteht die Entwickelung der ſemitiſchen und indogermaniſchen Völker im hellen Lichte der Geſchichte. — Die Semiten ſind der ältere Zweig; ſie haben, allerdings im Anſchluß an eine ältere wohl mongoloide Kultur, an das akkadiſche oder ſumeriſche Reich im Mündungs- gebiet des Euphrat die chaldäiſche, techniſche und wiſſenſchaftliche Kultur, die Grund- lagen alles Maß- und Gewichtsſyſtems geſchaffen, ſie haben in ihrem phönikiſchen Zweige, dem erſten großen Handelsvolke, die Formen des Handels und die Buchſtaben- ſchrift, ſie haben die drei großen weltbeherrſchenden Religionen, den jüdiſchen Mono- theismus, das Chriſtentum und den Islam geſchaffen; die Araber haben dann ebenſo durch ihre Eroberungen wie durch ihren Handel, ihr Wiſſen und ihre Erfindungen eine bedeutende Rolle im Mittelalter geſpielt. Die Semiten waren ſo mit ihrem leiden- ſchaftlichen Gemüt, ihrem energiſchen Mut, ihrem hartnäckigen, zäh das Erworbene feſthaltenden Willen, ihrem Glauben an ausſchließliche Berechtigung, ihrem harten Egoismus, ihrer ſcharfen Abſtraktionskraft die Mauerbrecher für die höhere Kultur der abendländiſchen Menſchheit; ſie wurden in Vielem die Lehrer der Indogermanen und wirken durch die Juden auch heute noch überall mehr oder weniger als ein Leben und Reibung erzeugendes, teils Fortſchritt, teils Auflöſung bringendes Element in den indogermaniſchen Staaten fort. Wir wollen ſtatt der einſeitigen Verurteilung ihrer Raſſeneigenſchaften durch einen ihrer Söhne, durch Ernſt Renan, lieber Chwolſon, der auch ſelbſt Semite iſt, die Raſſe charakteriſieren laſſen. Er ſagt: Der praktiſche, nüch- terne, mathematiſche, ja ſpitzfindige Verſtand hat bei den Semiten alle Mythologie, alle Myſtik, alles Epos, alles Drama ausgeſchloſſen; er iſt in Religion und Wiſſenſchaft relativ früh zu einfachen, großen Ergebniſſen, zu einer klaren Erfaſſung des empiriſchen Lebens gekommen; die ſcharf ausgeprägte ſubjektive Individualität des Semiten erlaubt innige Hingabe an Familie und Stamm, hat aber ſtets ſtaatlicher Unterordnung wider- ſtrebt, trotz des weichen, faſt weichlichen Sinnes für Milde und Wohlthätigkeit und trotz der raſchen Empfänglichkeit für allgemeine Ideen; das Ideal des Semiten war nie in erſter Linie die Tapferkeit ſondern die weiſe Gerechtigkeit; geiſtige Eigenſchaften über- ſchätzte beſonders das Judentum ſtets gegenüber körperlicher Kraft und Geſundheit; harte Ausnützung der eigenen Klugheit, beſonders gegen unreife Stämme anderer Raſſe, ſpielende,

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_grundriss01_1900/167>, abgerufen am 18.04.2024.