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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung derer von super-klugen
Das 27. Capitel.

Wenn ein Rabe oder Kräh sich auff
ein Hauß setzet und schreyet/ worinnen der
Mann oder die Frau kranck liegt/ ist es ein
gewiß Zeichen/ daß der Krancke ster-
ben werde.

EHe ich hierauff meine gründliche Mey-
nung entdecke/ muß ich erstlich benachrich-
tiget werden/ ob der Patiente um deß wil-
len sterben werde/ weil der Rabe auff dem Hau-
se gesessen und geschrien habe? oder ob der Rabe
sich um deß willen auff das Hauß setze und
schreye/ weil der darinnen liegende Patiente
werde sterben? wenn mir aber niemand hierauff
Antwort und Nachricht giebet/ so muß ich wohl
beyderley Meynung untersuchen/ damit eines
ieden Gedancken hiervon eine Gnüge geschehe.
Sage demnach aüff die erste Meynung: Daß/
wenn einer dafür halten wolte/ ob würde der Pa-
tiente um deß willen sterben/ weil ein Rabe oder
Krähe auff seinem Hauß gesessen und geschrien
hätte? solches Fürgeben gar alber und abge-
schmackt herauskomme. Denn wenn die Kranck-
heit nicht tödtlich ist/ so kan ja die Krähe oder der
Rabe oben vom Forst des Hauses nicht den Tod
hinein schicken/ oder die Kranckheit tödtlich ma-
chen/ die vorhin nichts zu bedeuten hat/ sonst wür-

de es
Unterſuchung derer von ſuper-klugen
Das 27. Capitel.

Wenn ein Rabe oder Kraͤh ſich auff
ein Hauß ſetzet und ſchreyet/ worinnen der
Mann oder die Frau kranck liegt/ iſt es ein
gewiß Zeichen/ daß der Krancke ſter-
ben werde.

EHe ich hierauff meine gruͤndliche Mey-
nung entdecke/ muß ich erſtlich benachrich-
tiget werden/ ob der Patiente um deß wil-
len ſterben werde/ weil der Rabe auff dem Hau-
ſe geſeſſen und geſchrien habe? oder ob der Rabe
ſich um deß willen auff das Hauß ſetze und
ſchreye/ weil der darinnen liegende Patiente
werde ſterben? wenn mir aber niemand hierauff
Antwort und Nachricht giebet/ ſo muß ich wohl
beyderley Meynung unterſuchen/ damit eines
ieden Gedancken hiervon eine Gnuͤge geſchehe.
Sage demnach auͤff die erſte Meynung: Daß/
wenn einer dafuͤr halten wolte/ ob wuͤrde der Pa-
tiente um deß willen ſterben/ weil ein Rabe oder
Kraͤhe auff ſeinem Hauß geſeſſen und geſchrien
haͤtte? ſolches Fuͤrgeben gar alber und abge-
ſchmackt herauskomme. Denn wenn die Kranck-
heit nicht toͤdtlich iſt/ ſo kan ja die Kraͤhe oder der
Rabe oben vom Forſt des Hauſes nicht den Tod
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[244/0068] Unterſuchung derer von ſuper-klugen Das 27. Capitel. Wenn ein Rabe oder Kraͤh ſich auff ein Hauß ſetzet und ſchreyet/ worinnen der Mann oder die Frau kranck liegt/ iſt es ein gewiß Zeichen/ daß der Krancke ſter- ben werde. EHe ich hierauff meine gruͤndliche Mey- nung entdecke/ muß ich erſtlich benachrich- tiget werden/ ob der Patiente um deß wil- len ſterben werde/ weil der Rabe auff dem Hau- ſe geſeſſen und geſchrien habe? oder ob der Rabe ſich um deß willen auff das Hauß ſetze und ſchreye/ weil der darinnen liegende Patiente werde ſterben? wenn mir aber niemand hierauff Antwort und Nachricht giebet/ ſo muß ich wohl beyderley Meynung unterſuchen/ damit eines ieden Gedancken hiervon eine Gnuͤge geſchehe. Sage demnach auͤff die erſte Meynung: Daß/ wenn einer dafuͤr halten wolte/ ob wuͤrde der Pa- tiente um deß willen ſterben/ weil ein Rabe oder Kraͤhe auff ſeinem Hauß geſeſſen und geſchrien haͤtte? ſolches Fuͤrgeben gar alber und abge- ſchmackt herauskomme. Denn wenn die Kranck- heit nicht toͤdtlich iſt/ ſo kan ja die Kraͤhe oder der Rabe oben vom Forſt des Hauſes nicht den Tod hinein ſchicken/ oder die Kranckheit toͤdtlich ma- chen/ die vorhin nichts zu bedeuten hat/ ſonſt wuͤr- de es

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/68>, abgerufen am 29.03.2024.