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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

DAß dieses wahr seyn möchte/ ist mehr zu
wündschen/ als zu glauben. Ja es wäre
noch besser/ wenn einem ieden/ der solch
Brod oder Käse isset/ ein Horn an der Stirn
wüchse/ so würde man nicht alleine bald hinter die
Diebe kommen/ sondern die Hornträger derer
unsichtbaren Hörner würden hierdurch einigen
Trost erlangen/ daß sie nicht alleine mit solchen
Ochsen-Cronen sich schleppen müsten. Alleine/
es bleibet beydes/ nemlich die Hörner und der
Schlucken/ wohl aussen. Ach wie würden
manche Discurse einen unangenehmen Klang
haben/ wenn die Brod-Diebe den Schlucken
bekämen/ (zumahl/ wenn er lange anhielte/) es
würden die meisten Sylben durch den Schlu-
cken verbissen werden/ daß es keiner Sprache
ähnlich lauten würde/ sondern es würde der
Sprache derer Hottentotten/ welche dem Ge-
kaudere derer Welschen Hähne gleich lauten
soll/ nicht unähnlich seyn. Wenn vom gestohl-
nen Brod der Schlucken entstünde/ vielleicht
würden manch tausend Brod-Diebe weniger
seyn/ weil sich Zweiffels frey etliche um deß wil-
len des Stehlens schämen würden. Aber ach!
wo gedencke ich hin? Es ist ja leider! das Steh-
len keine Schande mehr/ der Brod-Diebe giebts
ja so viel/ daß sich fast alle Welt auff dieses Diebs-
Hand-Werck nehren will. Und hat Erasmus

Albertus
D d 3
Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

DAß dieſes wahr ſeyn moͤchte/ iſt mehr zu
wuͤndſchen/ als zu glauben. Ja es waͤre
noch beſſer/ wenn einem ieden/ der ſolch
Brod oder Kaͤſe iſſet/ ein Horn an der Stirn
wuͤchſe/ ſo wuͤrde man nicht alleine bald hinter die
Diebe kommen/ ſondern die Horntraͤger derer
unſichtbaren Hoͤrner wuͤrden hierdurch einigen
Troſt erlangen/ daß ſie nicht alleine mit ſolchen
Ochſen-Cronen ſich ſchleppen muͤſten. Alleine/
es bleibet beydes/ nemlich die Hoͤrner und der
Schlucken/ wohl auſſen. Ach wie wuͤrden
manche Diſcurſe einen unangenehmen Klang
haben/ wenn die Brod-Diebe den Schlucken
bekaͤmen/ (zumahl/ wenn er lange anhielte/) es
wuͤrden die meiſten Sylben durch den Schlu-
cken verbiſſen werden/ daß es keiner Sprache
aͤhnlich lauten wuͤrde/ ſondern es wuͤrde der
Sprache derer Hottentotten/ welche dem Ge-
kaudere derer Welſchen Haͤhne gleich lauten
ſoll/ nicht unaͤhnlich ſeyn. Wenn vom geſtohl-
nen Brod der Schlucken entſtuͤnde/ vielleicht
wuͤrden manch tauſend Brod-Diebe weniger
ſeyn/ weil ſich Zweiffels frey etliche um deß wil-
len des Stehlens ſchaͤmen wuͤrden. Aber ach!
wo gedencke ich hin? Es iſt ja leider! das Steh-
len keine Schande mehr/ der Brod-Diebe giebts
ja ſo viel/ daß ſich faſt alle Welt auff dieſes Diebs-
Hand-Werck nehren will. Und hat Eraſmus

Albertus
D d 3
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[421/0245] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. DAß dieſes wahr ſeyn moͤchte/ iſt mehr zu wuͤndſchen/ als zu glauben. Ja es waͤre noch beſſer/ wenn einem ieden/ der ſolch Brod oder Kaͤſe iſſet/ ein Horn an der Stirn wuͤchſe/ ſo wuͤrde man nicht alleine bald hinter die Diebe kommen/ ſondern die Horntraͤger derer unſichtbaren Hoͤrner wuͤrden hierdurch einigen Troſt erlangen/ daß ſie nicht alleine mit ſolchen Ochſen-Cronen ſich ſchleppen muͤſten. Alleine/ es bleibet beydes/ nemlich die Hoͤrner und der Schlucken/ wohl auſſen. Ach wie wuͤrden manche Diſcurſe einen unangenehmen Klang haben/ wenn die Brod-Diebe den Schlucken bekaͤmen/ (zumahl/ wenn er lange anhielte/) es wuͤrden die meiſten Sylben durch den Schlu- cken verbiſſen werden/ daß es keiner Sprache aͤhnlich lauten wuͤrde/ ſondern es wuͤrde der Sprache derer Hottentotten/ welche dem Ge- kaudere derer Welſchen Haͤhne gleich lauten ſoll/ nicht unaͤhnlich ſeyn. Wenn vom geſtohl- nen Brod der Schlucken entſtuͤnde/ vielleicht wuͤrden manch tauſend Brod-Diebe weniger ſeyn/ weil ſich Zweiffels frey etliche um deß wil- len des Stehlens ſchaͤmen wuͤrden. Aber ach! wo gedencke ich hin? Es iſt ja leider! das Steh- len keine Schande mehr/ der Brod-Diebe giebts ja ſo viel/ daß ſich faſt alle Welt auff dieſes Diebs- Hand-Werck nehren will. Und hat Eraſmus Albertus D d 3

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/245>, abgerufen am 28.03.2024.