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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Beweiß; welches aber nicht anders heraus
kömmt als wie mit jenem verwegenen thumm-
kühnen fürwitzigen Kerl/ der sich stets an hohen
und vornehmen Orten auffhielte/ und seinem
verwegenen Rath unter vornehmer Herren und
Räthe ihre Consilia mit untermischte/ als wie
geräuchert Rind-Fleisch unter den orientali-
schen Saffran. Wenn denn dieser verwegene
Kerl seinen Rath eröffnete/ so pflegete er sich ge-
meiniglich nach dessen seiner Meynung zu rich-
ten/ der die grösseste Autorität hatte/ und fieng
an zu sagen: Das muß so und so seyn; oder auch:
Das gehet so nicht an! Wenn er alsdenn gefra-
get wurde/ warum es nicht angienge? so war sei-
ne Antwort: Es gehet/ GOtt straff mich/ nicht
an! Auff andermahliges Befragen aus was Ur-
sachen es nicht angehen solte? nahm er seine
Schnupff. Tabacks-Dose/ und schnupffete ein
Pfötgen Tabac/ gieng ein wenig bey Seite und
sagte: Es gehet/ der Böse hole mich/ nicht an!
Und das waren seine Rationes alle/ samt seiner
gantzen Weißheit. Auff eben einem solchen
Grund sind aller abergläubischen Rathgeberin
ihre Rationes und Beweisse auch gebauet; da-
hero leichte zu ermessen ist/ was davon zu halten
sey. Es kan sich ja gantz leichte zutragen/ daß/
wenn eine schwangere Frau Gevatter wird/ oh
sie auch gleich/ um ietzt-angezogenen Aberglau-

bens
B b

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Beweiß; welches aber nicht anders heraus
koͤmmt als wie mit jenem verwegenen thumm-
kuͤhnen fuͤrwitzigen Kerl/ der ſich ſtets an hohen
und vornehmen Orten auffhielte/ und ſeinem
verwegenen Rath unter vornehmer Herren und
Raͤthe ihre Conſilia mit untermiſchte/ als wie
geraͤuchert Rind-Fleiſch unter den orientali-
ſchen Saffran. Wenn denn dieſer verwegene
Kerl ſeinen Rath eroͤffnete/ ſo pflegete er ſich ge-
meiniglich nach deſſen ſeiner Meynung zu rich-
ten/ der die groͤſſeſte Autoritaͤt hatte/ und fieng
an zu ſagen: Das muß ſo und ſo ſeyn; oder auch:
Das gehet ſo nicht an! Wenn er alsdenn gefra-
get wurde/ warum es nicht angienge? ſo war ſei-
ne Antwort: Es gehet/ GOtt ſtraff mich/ nicht
an! Auff andermahliges Befragen aus was Ur-
ſachen es nicht angehen ſolte? nahm er ſeine
Schnupff. Tabacks-Doſe/ und ſchnupffete ein
Pfoͤtgen Tabac/ gieng ein wenig bey Seite und
ſagte: Es gehet/ der Boͤſe hole mich/ nicht an!
Und das waren ſeine Rationes alle/ ſamt ſeiner
gantzen Weißheit. Auff eben einem ſolchen
Grund ſind aller aberglaͤubiſchen Rathgeberin
ihre Rationes und Beweiſſe auch gebauet; da-
hero leichte zu ermeſſen iſt/ was davon zu halten
ſey. Es kan ſich ja gantz leichte zutragen/ daß/
wenn eine ſchwangere Frau Gevatter wird/ oh
ſie auch gleich/ um ietzt-angezogenen Aberglau-

bens
B b
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[385/0209] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Beweiß; welches aber nicht anders heraus koͤmmt als wie mit jenem verwegenen thumm- kuͤhnen fuͤrwitzigen Kerl/ der ſich ſtets an hohen und vornehmen Orten auffhielte/ und ſeinem verwegenen Rath unter vornehmer Herren und Raͤthe ihre Conſilia mit untermiſchte/ als wie geraͤuchert Rind-Fleiſch unter den orientali- ſchen Saffran. Wenn denn dieſer verwegene Kerl ſeinen Rath eroͤffnete/ ſo pflegete er ſich ge- meiniglich nach deſſen ſeiner Meynung zu rich- ten/ der die groͤſſeſte Autoritaͤt hatte/ und fieng an zu ſagen: Das muß ſo und ſo ſeyn; oder auch: Das gehet ſo nicht an! Wenn er alsdenn gefra- get wurde/ warum es nicht angienge? ſo war ſei- ne Antwort: Es gehet/ GOtt ſtraff mich/ nicht an! Auff andermahliges Befragen aus was Ur- ſachen es nicht angehen ſolte? nahm er ſeine Schnupff. Tabacks-Doſe/ und ſchnupffete ein Pfoͤtgen Tabac/ gieng ein wenig bey Seite und ſagte: Es gehet/ der Boͤſe hole mich/ nicht an! Und das waren ſeine Rationes alle/ ſamt ſeiner gantzen Weißheit. Auff eben einem ſolchen Grund ſind aller aberglaͤubiſchen Rathgeberin ihre Rationes und Beweiſſe auch gebauet; da- hero leichte zu ermeſſen iſt/ was davon zu halten ſey. Es kan ſich ja gantz leichte zutragen/ daß/ wenn eine ſchwangere Frau Gevatter wird/ oh ſie auch gleich/ um ietzt-angezogenen Aberglau- bens B b

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/209>, abgerufen am 29.03.2024.