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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Mäuse zu vertreiben. Denn was kan es fruch-
ten/ ob mit Kreide so oder anders an eine Thür
geschmieret wird? Es ist eine todte Schrifft/ und
nichts mehr/ bestehend in etlichen todten Buch-
staben/ davor sich weder guter noch böser Geist
fürchten/ vielweniger unvernünfftige Creaturen
daran kehren werden. Wenn es aber ja geschicht/
daß auff solch Anschreiben die Mäuse weichen/
so mag man sicherlich glauben/ daß der Teuffel
mit im Spiele sey/ denn es gefällt dem Böse-
wicht gar zu wohl/ wenn er die Menschen in A-
berglauben und Zauber-Possen verstärcken kan/
daß sie ihr Vertrauen auff etwas setzen/ das doch
nichts ist. Und obgleich zuweilen eine Sache
scheinet/ als sey es auff keine Wege wieder GOtt
und seine Gebete/ und könne mit gutem Gewis-
sen gar wohl fürgenommen werden/ so ist doch
gemeiniglich eine solche Sache die allergefähr-
lichste/ und nicht anders als ein verdeckter Fall-
Strick eines Vogelstellers/ damit die Vögel un-
vermuthet berücket werden. Also machts der
Teuffel auch/ wenn er denen Menschen aller-
hand wieder die gesunde Vernunfft streitende
Hülffs-Mittel so fein zu recommendiren weiß/
daß man nicht anders meynet/ als wenn es ja
nicht hilfft/ so schadet es auch nicht; so es aber
hülffe/ so wäre es desto besser/ und wären lauter
Mittel/ die GOtt selbst denen Menschen zu gu-

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A a 5

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Maͤuſe zu vertreiben. Denn was kan es fruch-
ten/ ob mit Kreide ſo oder anders an eine Thuͤr
geſchmieret wird? Es iſt eine todte Schrifft/ und
nichts mehr/ beſtehend in etlichen todten Buch-
ſtaben/ davor ſich weder guter noch boͤſer Geiſt
fuͤrchten/ vielweniger unvernuͤnfftige Creaturen
daran kehren werden. Wenn es aber ja geſchicht/
daß auff ſolch Anſchreiben die Maͤuſe weichen/
ſo mag man ſicherlich glauben/ daß der Teuffel
mit im Spiele ſey/ denn es gefaͤllt dem Boͤſe-
wicht gar zu wohl/ wenn er die Menſchen in A-
berglauben und Zauber-Poſſen verſtaͤrcken kan/
daß ſie ihr Vertrauen auff etwas ſetzen/ das doch
nichts iſt. Und obgleich zuweilen eine Sache
ſcheinet/ als ſey es auff keine Wege wieder GOtt
und ſeine Gebete/ und koͤnne mit gutem Gewiſ-
ſen gar wohl fuͤrgenommen werden/ ſo iſt doch
gemeiniglich eine ſolche Sache die allergefaͤhr-
lichſte/ und nicht anders als ein verdeckter Fall-
Strick eines Vogelſtellers/ damit die Voͤgel un-
vermuthet beruͤcket werden. Alſo machts der
Teuffel auch/ wenn er denen Menſchen aller-
hand wieder die geſunde Vernunfft ſtreitende
Huͤlffs-Mittel ſo fein zu recommendiren weiß/
daß man nicht anders meynet/ als wenn es ja
nicht hilfft/ ſo ſchadet es auch nicht; ſo es aber
huͤlffe/ ſo waͤre es deſto beſſer/ und waͤren lauter
Mittel/ die GOtt ſelbſt denen Menſchen zu gu-

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[377/0201] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Maͤuſe zu vertreiben. Denn was kan es fruch- ten/ ob mit Kreide ſo oder anders an eine Thuͤr geſchmieret wird? Es iſt eine todte Schrifft/ und nichts mehr/ beſtehend in etlichen todten Buch- ſtaben/ davor ſich weder guter noch boͤſer Geiſt fuͤrchten/ vielweniger unvernuͤnfftige Creaturen daran kehren werden. Wenn es aber ja geſchicht/ daß auff ſolch Anſchreiben die Maͤuſe weichen/ ſo mag man ſicherlich glauben/ daß der Teuffel mit im Spiele ſey/ denn es gefaͤllt dem Boͤſe- wicht gar zu wohl/ wenn er die Menſchen in A- berglauben und Zauber-Poſſen verſtaͤrcken kan/ daß ſie ihr Vertrauen auff etwas ſetzen/ das doch nichts iſt. Und obgleich zuweilen eine Sache ſcheinet/ als ſey es auff keine Wege wieder GOtt und ſeine Gebete/ und koͤnne mit gutem Gewiſ- ſen gar wohl fuͤrgenommen werden/ ſo iſt doch gemeiniglich eine ſolche Sache die allergefaͤhr- lichſte/ und nicht anders als ein verdeckter Fall- Strick eines Vogelſtellers/ damit die Voͤgel un- vermuthet beruͤcket werden. Alſo machts der Teuffel auch/ wenn er denen Menſchen aller- hand wieder die geſunde Vernunfft ſtreitende Huͤlffs-Mittel ſo fein zu recommendiren weiß/ daß man nicht anders meynet/ als wenn es ja nicht hilfft/ ſo ſchadet es auch nicht; ſo es aber huͤlffe/ ſo waͤre es deſto beſſer/ und waͤren lauter Mittel/ die GOtt ſelbſt denen Menſchen zu gu- te/ in A a 5

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/201>, abgerufen am 23.04.2024.