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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung derer von super klugen
stracks vor dem Keller (zumahl wenn ihnen ein
feiner Soldate begegnet) so stutzig werden/ als
manch Pferd/ oder gar/ wie der von seiner Mut-
ter verwündschte Knabe in Freyberg/ daß es
vielmahl noth thäte/ es würden ihnen Stühle
gebracht/ daß sich die guten Leute niedersetzen
könten/ und wird zuweilen wohl bald ein ander
Vaß angezapfft/ ehe Jungfer Micke mit dem
nach Hauß kömmt/ was sie erst aus dem vorigen
Vasse bekommen. Und dennoch denckt die
Bierschenckin/ ihr Bier gehet um des willen so
schnell ab/ weil die Magd mit der ersten Kanne
so geschwinde damit ist heimgelauffen. Allein/
wer gut Bier hat/ dem gehet es auch gut ab/ und
wenn gleich die erste Kanne von einer Schild-
Kröte oder einem Krebs hinweg getragen wür-
de; hingegen so das Bier nichts nutzet/ so gebe
man gleich die erste Kanne einem/ der im Be-
griff ist/ den Staupbesen zum Thore hinaus zu
tragen/ mit auff die Reise/ so wird es doch nichts
helffen. Manche Leute haben auch wohl den
Gebrauch/ daß sie iedesmahl dem/ der die erste
Losung in ein Vaß Bier giebt/ eine Kanne Bier
stracks vor dem Vasse austrincken lassen; wel-
ches denn auch zum schnellen Abgang dienen
soll/ und manchen versoffenen Lehr Jungen oder
auch mancher Sauff-Schwester ein gefunden
Fressen ist/ wenn sie das Glück haben/ eben zu ei-

nem

Unterſuchung derer von ſuper klugen
ſtracks vor dem Keller (zumahl wenn ihnen ein
feiner Soldate begegnet) ſo ſtutzig werden/ als
manch Pferd/ oder gar/ wie der von ſeiner Mut-
ter verwuͤndſchte Knabe in Freyberg/ daß es
vielmahl noth thaͤte/ es wuͤrden ihnen Stuͤhle
gebracht/ daß ſich die guten Leute niederſetzen
koͤnten/ und wird zuweilen wohl bald ein ander
Vaß angezapfft/ ehe Jungfer Micke mit dem
nach Hauß koͤmmt/ was ſie erſt aus dem vorigen
Vaſſe bekommen. Und dennoch denckt die
Bierſchenckin/ ihr Bier gehet um des willen ſo
ſchnell ab/ weil die Magd mit der erſten Kanne
ſo geſchwinde damit iſt heimgelauffen. Allein/
wer gut Bier hat/ dem gehet es auch gut ab/ und
wenn gleich die erſte Kanne von einer Schild-
Kroͤte oder einem Krebs hinweg getragen wuͤr-
de; hingegen ſo das Bier nichts nutzet/ ſo gebe
man gleich die erſte Kanne einem/ der im Be-
griff iſt/ den Staupbeſen zum Thore hinaus zu
tragen/ mit auff die Reiſe/ ſo wird es doch nichts
helffen. Manche Leute haben auch wohl den
Gebrauch/ daß ſie iedesmahl dem/ der die erſte
Loſung in ein Vaß Bier giebt/ eine Kanne Bier
ſtracks vor dem Vaſſe austrincken laſſen; wel-
ches denn auch zum ſchnellen Abgang dienen
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auch mancher Sauff-Schweſter ein gefunden
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[354/0178] Unterſuchung derer von ſuper klugen ſtracks vor dem Keller (zumahl wenn ihnen ein feiner Soldate begegnet) ſo ſtutzig werden/ als manch Pferd/ oder gar/ wie der von ſeiner Mut- ter verwuͤndſchte Knabe in Freyberg/ daß es vielmahl noth thaͤte/ es wuͤrden ihnen Stuͤhle gebracht/ daß ſich die guten Leute niederſetzen koͤnten/ und wird zuweilen wohl bald ein ander Vaß angezapfft/ ehe Jungfer Micke mit dem nach Hauß koͤmmt/ was ſie erſt aus dem vorigen Vaſſe bekommen. Und dennoch denckt die Bierſchenckin/ ihr Bier gehet um des willen ſo ſchnell ab/ weil die Magd mit der erſten Kanne ſo geſchwinde damit iſt heimgelauffen. Allein/ wer gut Bier hat/ dem gehet es auch gut ab/ und wenn gleich die erſte Kanne von einer Schild- Kroͤte oder einem Krebs hinweg getragen wuͤr- de; hingegen ſo das Bier nichts nutzet/ ſo gebe man gleich die erſte Kanne einem/ der im Be- griff iſt/ den Staupbeſen zum Thore hinaus zu tragen/ mit auff die Reiſe/ ſo wird es doch nichts helffen. Manche Leute haben auch wohl den Gebrauch/ daß ſie iedesmahl dem/ der die erſte Loſung in ein Vaß Bier giebt/ eine Kanne Bier ſtracks vor dem Vaſſe austrincken laſſen; wel- ches denn auch zum ſchnellen Abgang dienen ſoll/ und manchen verſoffenen Lehr Jungen oder auch mancher Sauff-Schweſter ein gefunden Freſſen iſt/ wenn ſie das Gluͤck haben/ eben zu ei- nem

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/178>, abgerufen am 24.04.2024.