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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung derer von super-klugen
mürbe worden? und wo des Haußgeräths an
kleinen und grossen Vässern/ Stötzen/ Wan-
nen/ Kannen und dergleichen viel sind/ daselbst
ist das Abspringen der Reiffen nichts neues/ al-
so/ daß der Böttiger/ wo nicht täglich/ doch wö-
chentlich etwas zuthun bekömmt. Weil nun die-
ses eine Begebenheit ist/ die sich so gar offt be-
giebt/ so kan sie sich ja auch am Weyhnacht-Hei-
ligen-Abend zutragen/ absonderlich/ wenn sich
etwan das Wetter verändert/ da auff Thau-
Wetter starcke Kälte einfället/ oder auff grosse
Kälte gelinde Wetter/ welches sich absonderlich
zu solcher Jahres-Zeit gemeiniglich begiebt; bey
welcher Veränderung der Lufft gewöhnlicher
massen die Reiffen abspringen. Kan ich also
nicht begreiffen/ welcher gestalt das Abspringen
eines Reiffens am heiligen Weyhnacht-Abend/
solle eine Vorbedeutung eines dieses Jahr in die-
sem Hause/ allwo das Abspringen des Reiffens
geschehen/ fürstehenden Todesfalls seyn? Ein
vernünfftiger Christ soll nicht/ ohne Ursach/ sol-
che abergläubische Omina ersinnen/ und mit
den Haaren/ so zu reden/ herbey ziehen. Ich
will zwar eben kein Gespötte mit dem Reiffen-
abspringen treiben/ sondern mich also zum Tode
stets bereit halten/ als ob alle Reiffen abgesprun-
gen wären/ zur Bedeutung meines Todes. Je-
doch will ich auch also geartet seyn/ daß/ wenn

gleich

Unterſuchung derer von ſuper-klugen
muͤrbe worden? und wo des Haußgeraͤths an
kleinen und groſſen Vaͤſſern/ Stoͤtzen/ Wan-
nen/ Kannen und dergleichen viel ſind/ daſelbſt
iſt das Abſpringen der Reiffen nichts neues/ al-
ſo/ daß der Boͤttiger/ wo nicht taͤglich/ doch woͤ-
chentlich etwas zuthun bekoͤmmt. Weil nun die-
ſes eine Begebenheit iſt/ die ſich ſo gar offt be-
giebt/ ſo kan ſie ſich ja auch am Weyhnacht-Hei-
ligen-Abend zutragen/ abſonderlich/ wenn ſich
etwan das Wetter veraͤndert/ da auff Thau-
Wetter ſtarcke Kaͤlte einfaͤllet/ oder auff groſſe
Kaͤlte gelinde Wetter/ welches ſich abſonderlich
zu ſolcher Jahres-Zeit gemeiniglich begiebt; bey
welcher Veraͤnderung der Lufft gewoͤhnlicher
maſſen die Reiffen abſpringen. Kan ich alſo
nicht begreiffen/ welcher geſtalt das Abſpringen
eines Reiffens am heiligen Weyhnacht-Abend/
ſolle eine Vorbedeutung eines dieſes Jahr in die-
ſem Hauſe/ allwo das Abſpringen des Reiffens
geſchehen/ fuͤrſtehenden Todesfalls ſeyn? Ein
vernuͤnfftiger Chriſt ſoll nicht/ ohne Urſach/ ſol-
che aberglaͤubiſche Omina erſinnen/ und mit
den Haaren/ ſo zu reden/ herbey ziehen. Ich
will zwar eben kein Geſpoͤtte mit dem Reiffen-
abſpringen treiben/ ſondern mich alſo zum Tode
ſtets bereit halten/ als ob alle Reiffen abgeſprun-
gen waͤren/ zur Bedeutung meines Todes. Je-
doch will ich auch alſo geartet ſeyn/ daß/ wenn

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[320/0144] Unterſuchung derer von ſuper-klugen muͤrbe worden? und wo des Haußgeraͤths an kleinen und groſſen Vaͤſſern/ Stoͤtzen/ Wan- nen/ Kannen und dergleichen viel ſind/ daſelbſt iſt das Abſpringen der Reiffen nichts neues/ al- ſo/ daß der Boͤttiger/ wo nicht taͤglich/ doch woͤ- chentlich etwas zuthun bekoͤmmt. Weil nun die- ſes eine Begebenheit iſt/ die ſich ſo gar offt be- giebt/ ſo kan ſie ſich ja auch am Weyhnacht-Hei- ligen-Abend zutragen/ abſonderlich/ wenn ſich etwan das Wetter veraͤndert/ da auff Thau- Wetter ſtarcke Kaͤlte einfaͤllet/ oder auff groſſe Kaͤlte gelinde Wetter/ welches ſich abſonderlich zu ſolcher Jahres-Zeit gemeiniglich begiebt; bey welcher Veraͤnderung der Lufft gewoͤhnlicher maſſen die Reiffen abſpringen. Kan ich alſo nicht begreiffen/ welcher geſtalt das Abſpringen eines Reiffens am heiligen Weyhnacht-Abend/ ſolle eine Vorbedeutung eines dieſes Jahr in die- ſem Hauſe/ allwo das Abſpringen des Reiffens geſchehen/ fuͤrſtehenden Todesfalls ſeyn? Ein vernuͤnfftiger Chriſt ſoll nicht/ ohne Urſach/ ſol- che aberglaͤubiſche Omina erſinnen/ und mit den Haaren/ ſo zu reden/ herbey ziehen. Ich will zwar eben kein Geſpoͤtte mit dem Reiffen- abſpringen treiben/ ſondern mich alſo zum Tode ſtets bereit halten/ als ob alle Reiffen abgeſprun- gen waͤren/ zur Bedeutung meines Todes. Je- doch will ich auch alſo geartet ſeyn/ daß/ wenn gleich

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/144>, abgerufen am 29.03.2024.