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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung derer von super-klugen

EIn Exempel weiß ich zwar selbst/ daß es
würcklich eingetroffen/ wiewohl die Um-
stände auch darnach beschaffen waren/ da-
hero dieses das Fürgeben keines weges univer-
sal
macht; sondern ich halte vielmehr davor/
daß wenn manchen diese Gelegenheit also zu
handen gestossen wäre/ als wie dem/ von wel-
chen ich ietzo melden will/ nicht eine Feindschafft/
sondern vielmehr eine geile Liebe dadurch würde
seyn erreget worden. Die Sache aber ergieng
folgender gestalt: In einer grossen Stadt hatte
ein reputirlicher Kauffmann eine dem Ansehen
nach feine Magd gemiethet/ und nicht lange in
seinen Diensten gehabt; in dieser kurtzen Zeit
führete sich die Magd also auff/ und verrichtete
ihre Arbeit hurtig und wohl/ daß ihr der Herr
deswegen ein gutes Lob gab/ und ihr gar gewo-
gen war. Es trug sich aber zu/ daß dieser Kauff-
mann iemanden etliche Centner Kreide abwie-
gen muste/ und/ in Abwesenheit des Jungens/ die
Magd mit ins Gewölbe nahm/ ihm einige
Handreichung zu thun. Endlich/ wie die Arbeit
verrichtet war/ sahe sich der Kauffmann nach ei-
nem Tuche um/ seine Hände daran wiederum
abzuwischen; weil aber keines zugegen war/ of-
feri
rte die dienstfertige Magd ihrem Herrn ihr
Schürtz-Tuch; da aber der erbare Mann sol-
ches ein wenig auff die Seite zog/ und gewahr

wurde/
Unterſuchung derer von ſuper-klugen

EIn Exempel weiß ich zwar ſelbſt/ daß es
wuͤrcklich eingetroffen/ wiewohl die Um-
ſtaͤnde auch darnach beſchaffen waren/ da-
hero dieſes das Fuͤrgeben keines weges univer-
ſal
macht; ſondern ich halte vielmehr davor/
daß wenn manchen dieſe Gelegenheit alſo zu
handen geſtoſſen waͤre/ als wie dem/ von wel-
chen ich ietzo melden will/ nicht eine Feindſchafft/
ſondern vielmehr eine geile Liebe dadurch wuͤrde
ſeyn erreget worden. Die Sache aber ergieng
folgender geſtalt: In einer groſſen Stadt hatte
ein reputirlicher Kauffmann eine dem Anſehen
nach feine Magd gemiethet/ und nicht lange in
ſeinen Dienſten gehabt; in dieſer kurtzen Zeit
fuͤhrete ſich die Magd alſo auff/ und verrichtete
ihre Arbeit hurtig und wohl/ daß ihr der Herr
deswegen ein gutes Lob gab/ und ihr gar gewo-
gen war. Es trug ſich aber zu/ daß dieſer Kauff-
mann iemanden etliche Centner Kreide abwie-
gen muſte/ und/ in Abweſenheit des Jungens/ die
Magd mit ins Gewoͤlbe nahm/ ihm einige
Handreichung zu thun. Endlich/ wie die Arbeit
verrichtet war/ ſahe ſich der Kauffmann nach ei-
nem Tuche um/ ſeine Haͤnde daran wiederum
abzuwiſchen; weil aber keines zugegen war/ of-
feri
rte die dienſtfertige Magd ihrem Herrn ihr
Schuͤrtz-Tuch; da aber der erbare Mann ſol-
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[314/0138] Unterſuchung derer von ſuper-klugen EIn Exempel weiß ich zwar ſelbſt/ daß es wuͤrcklich eingetroffen/ wiewohl die Um- ſtaͤnde auch darnach beſchaffen waren/ da- hero dieſes das Fuͤrgeben keines weges univer- ſal macht; ſondern ich halte vielmehr davor/ daß wenn manchen dieſe Gelegenheit alſo zu handen geſtoſſen waͤre/ als wie dem/ von wel- chen ich ietzo melden will/ nicht eine Feindſchafft/ ſondern vielmehr eine geile Liebe dadurch wuͤrde ſeyn erreget worden. Die Sache aber ergieng folgender geſtalt: In einer groſſen Stadt hatte ein reputirlicher Kauffmann eine dem Anſehen nach feine Magd gemiethet/ und nicht lange in ſeinen Dienſten gehabt; in dieſer kurtzen Zeit fuͤhrete ſich die Magd alſo auff/ und verrichtete ihre Arbeit hurtig und wohl/ daß ihr der Herr deswegen ein gutes Lob gab/ und ihr gar gewo- gen war. Es trug ſich aber zu/ daß dieſer Kauff- mann iemanden etliche Centner Kreide abwie- gen muſte/ und/ in Abweſenheit des Jungens/ die Magd mit ins Gewoͤlbe nahm/ ihm einige Handreichung zu thun. Endlich/ wie die Arbeit verrichtet war/ ſahe ſich der Kauffmann nach ei- nem Tuche um/ ſeine Haͤnde daran wiederum abzuwiſchen; weil aber keines zugegen war/ of- ferirte die dienſtfertige Magd ihrem Herrn ihr Schuͤrtz-Tuch; da aber der erbare Mann ſol- ches ein wenig auff die Seite zog/ und gewahr wurde/

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/138>, abgerufen am 20.04.2024.