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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung derer von super klugen
nen. Ich sehe ohne dem auch nicht/ welcher ge-
stalt ein wenig Ohren-Schmaltz so viel Kräffte
haben solle/ des andern Festigkeit auffzulösen/
und halte vielmehr davor/ es gehe hierunter ein
Mißverstand für/ und soll nicht Ohren- sondern
Haasen-Schmaltz seyn. Denn das Haasen-
Schmaltz hat/ bekandter massen/ die Eigenschafft
an sich/ daß es ziehet/ und wenn es also an der
Degen.Spitze klebt/ so ziehets den Gegner so
starck an sich/ daß er selbst in die geschmierte De-
gen-Spitze hinein laufft/ und mag der Gegner
so feste seyn als er will/ so gehet doch jenen sein
Degen so glatt ein/ als ob er geschmieret wäre/
und solche Krafft hat das Haasen-Schmaltz.
Nun will ich zwar eben nicht gäntzlich in Abrede
seyn/ daß manchen Duellanten sein Ohren-
Schmaltz die gäntzliche Eigenschafft des Haa-
sen-Schmaltzes habe/ absonderlich derer ihres/
welche gewohnet sind/ in fürfallender Noth das
Haasen-Pannier zu ergreiffen/ und sich mit dem
Rücken zu wehren. Hierbey fällt mir ein/ wie/
vor wenig Jahren/ ein junger Rotzlöffel/ der
noch nicht recht aus seinen Lehr-Jahren ent-
gangen war/ zu einem Schwerdtfeger kam/ und
sich eine Klinge in ein Degen-Gefäß stossen ließ/
worbey er dem Schwerdtfeger vier Stücklein
gab/ die er mit in das Degen-Gefäß machen
muste. Der Schwerdtfeger fragte aus Spaß/

worzu

Unterſuchung derer von ſuper klugen
nen. Ich ſehe ohne dem auch nicht/ welcher ge-
ſtalt ein wenig Ohren-Schmaltz ſo viel Kraͤffte
haben ſolle/ des andern Feſtigkeit auffzuloͤſen/
und halte vielmehr davor/ es gehe hierunter ein
Mißverſtand fuͤr/ und ſoll nicht Ohren- ſondern
Haaſen-Schmaltz ſeyn. Denn das Haaſen-
Schmaltz hat/ bekandter maſſen/ die Eigenſchafft
an ſich/ daß es ziehet/ und wenn es alſo an der
Degen.Spitze klebt/ ſo ziehets den Gegner ſo
ſtarck an ſich/ daß er ſelbſt in die geſchmierte De-
gen-Spitze hinein laufft/ und mag der Gegner
ſo feſte ſeyn als er will/ ſo gehet doch jenen ſein
Degen ſo glatt ein/ als ob er geſchmieret waͤre/
und ſolche Krafft hat das Haaſen-Schmaltz.
Nun will ich zwar eben nicht gaͤntzlich in Abrede
ſeyn/ daß manchen Duellanten ſein Ohren-
Schmaltz die gaͤntzliche Eigenſchafft des Haa-
ſen-Schmaltzes habe/ abſonderlich derer ihres/
welche gewohnet ſind/ in fuͤrfallender Noth das
Haaſen-Pannier zu ergreiffen/ und ſich mit dem
Ruͤcken zu wehren. Hierbey faͤllt mir ein/ wie/
vor wenig Jahren/ ein junger Rotzloͤffel/ der
noch nicht recht aus ſeinen Lehr-Jahren ent-
gangen war/ zu einem Schwerdtfeger kam/ und
ſich eine Klinge in ein Degen-Gefaͤß ſtoſſen ließ/
worbey er dem Schwerdtfeger vier Stuͤcklein
gab/ die er mit in das Degen-Gefaͤß machen
muſte. Der Schwerdtfeger fragte aus Spaß/

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[306/0130] Unterſuchung derer von ſuper klugen nen. Ich ſehe ohne dem auch nicht/ welcher ge- ſtalt ein wenig Ohren-Schmaltz ſo viel Kraͤffte haben ſolle/ des andern Feſtigkeit auffzuloͤſen/ und halte vielmehr davor/ es gehe hierunter ein Mißverſtand fuͤr/ und ſoll nicht Ohren- ſondern Haaſen-Schmaltz ſeyn. Denn das Haaſen- Schmaltz hat/ bekandter maſſen/ die Eigenſchafft an ſich/ daß es ziehet/ und wenn es alſo an der Degen.Spitze klebt/ ſo ziehets den Gegner ſo ſtarck an ſich/ daß er ſelbſt in die geſchmierte De- gen-Spitze hinein laufft/ und mag der Gegner ſo feſte ſeyn als er will/ ſo gehet doch jenen ſein Degen ſo glatt ein/ als ob er geſchmieret waͤre/ und ſolche Krafft hat das Haaſen-Schmaltz. Nun will ich zwar eben nicht gaͤntzlich in Abrede ſeyn/ daß manchen Duellanten ſein Ohren- Schmaltz die gaͤntzliche Eigenſchafft des Haa- ſen-Schmaltzes habe/ abſonderlich derer ihres/ welche gewohnet ſind/ in fuͤrfallender Noth das Haaſen-Pannier zu ergreiffen/ und ſich mit dem Ruͤcken zu wehren. Hierbey faͤllt mir ein/ wie/ vor wenig Jahren/ ein junger Rotzloͤffel/ der noch nicht recht aus ſeinen Lehr-Jahren ent- gangen war/ zu einem Schwerdtfeger kam/ und ſich eine Klinge in ein Degen-Gefaͤß ſtoſſen ließ/ worbey er dem Schwerdtfeger vier Stuͤcklein gab/ die er mit in das Degen-Gefaͤß machen muſte. Der Schwerdtfeger fragte aus Spaß/ worzu

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/130>, abgerufen am 28.03.2024.