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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

WOrinnen mag wohl der Schaden beste-
hen? Antwort: Wer daraus zum ersten
mahl trincket/ der bekömmt das Hertzge-
spann/ sagen viel thörichte Weiber/ als auch
weibische Männer. Aber sagt mir doch erst/ wie
das Ding soll zugehen/ daß erst das Hertzgespan
in die Hand/ von dar in Krug oder ins Bier/ von
Biere in des andern Leib solle fortgepflantzet
werden. Das Hertzgespann/ ist eine Magen-
Kranckheit/ wenn nehmlich der Magen auff-
schwillet/ daß es unter denen Rippen gantz dicke
und geschwollen wird. Wenn nun einer ein
Trinckgeschirr überspannet/ so kan der andere
nicht ehe daraus trincken/ es setze denn jener den
Krug erst nieder/ denn sonst gehet ja der Deckel
nicht auff/ oder aber/ wenn einer also daraus
trincken wolte/ so müste er durch einen Stroh-
halm/ den er unter den Deckel in Krug stecken
könte/ trincken/ und würde also den Magen
nicht jehling erkälten/ und solcher gestalt desto
weniger das Hertzgespann dadurch erwecken. Es
haben zuweilen solche Weiber/ welche auff die-
fen Aberglauben viel halten/ und aus keinen ü-
berspannet gewesenen Kruge trincken wollen/
den Krug so überspannet gewesen/ mir geben
müssen/ worauff ich getrost getruncken/ aber nie-
mahls das Hertzgespann davon bekommen habe;
ergo, ist es eine thörichte Einbildung.

Das
B 5
Weibern hochgehaltenen Aberglauben.

WOrinnen mag wohl der Schaden beſte-
hen? Antwort: Wer daraus zum erſten
mahl trincket/ der bekoͤmmt das Hertzge-
ſpann/ ſagen viel thoͤrichte Weiber/ als auch
weibiſche Maͤnner. Aber ſagt mir doch erſt/ wie
das Ding ſoll zugehen/ daß erſt das Hertzgeſpan
in die Hand/ von dar in Krug oder ins Bier/ von
Biere in des andern Leib ſolle fortgepflantzet
werden. Das Hertzgeſpann/ iſt eine Magen-
Kranckheit/ wenn nehmlich der Magen auff-
ſchwillet/ daß es unter denen Rippen gantz dicke
und geſchwollen wird. Wenn nun einer ein
Trinckgeſchirr uͤberſpannet/ ſo kan der andere
nicht ehe daraus trincken/ es ſetze denn jener den
Krug erſt nieder/ denn ſonſt gehet ja der Deckel
nicht auff/ oder aber/ wenn einer alſo daraus
trincken wolte/ ſo muͤſte er durch einen Stroh-
halm/ den er unter den Deckel in Krug ſtecken
koͤnte/ trincken/ und wuͤrde alſo den Magen
nicht jehling erkaͤlten/ und ſolcher geſtalt deſto
weniger das Hertzgeſpañ dadurch erwecken. Es
haben zuweilen ſolche Weiber/ welche auff die-
fen Aberglauben viel halten/ und aus keinen uͤ-
berſpannet geweſenen Kruge trincken wollen/
den Krug ſo uͤberſpannet geweſen/ mir geben
muͤſſen/ worauff ich getroſt getruncken/ aber nie-
mahls das Hertzgeſpann davon bekommen habe;
ergo, iſt es eine thoͤrichte Einbildung.

Das
B 5
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[25/0047] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. WOrinnen mag wohl der Schaden beſte- hen? Antwort: Wer daraus zum erſten mahl trincket/ der bekoͤmmt das Hertzge- ſpann/ ſagen viel thoͤrichte Weiber/ als auch weibiſche Maͤnner. Aber ſagt mir doch erſt/ wie das Ding ſoll zugehen/ daß erſt das Hertzgeſpan in die Hand/ von dar in Krug oder ins Bier/ von Biere in des andern Leib ſolle fortgepflantzet werden. Das Hertzgeſpann/ iſt eine Magen- Kranckheit/ wenn nehmlich der Magen auff- ſchwillet/ daß es unter denen Rippen gantz dicke und geſchwollen wird. Wenn nun einer ein Trinckgeſchirr uͤberſpannet/ ſo kan der andere nicht ehe daraus trincken/ es ſetze denn jener den Krug erſt nieder/ denn ſonſt gehet ja der Deckel nicht auff/ oder aber/ wenn einer alſo daraus trincken wolte/ ſo muͤſte er durch einen Stroh- halm/ den er unter den Deckel in Krug ſtecken koͤnte/ trincken/ und wuͤrde alſo den Magen nicht jehling erkaͤlten/ und ſolcher geſtalt deſto weniger das Hertzgeſpañ dadurch erwecken. Es haben zuweilen ſolche Weiber/ welche auff die- fen Aberglauben viel halten/ und aus keinen uͤ- berſpannet geweſenen Kruge trincken wollen/ den Krug ſo uͤberſpannet geweſen/ mir geben muͤſſen/ worauff ich getroſt getruncken/ aber nie- mahls das Hertzgeſpann davon bekommen habe; ergo, iſt es eine thoͤrichte Einbildung. Das B 5

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/47>, abgerufen am 29.03.2024.