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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
re sonst mein Thun/ wenn ich davor nicht rathen
könte/ ich habe wohl andere unter mir gehabt.
Gebt mir nur einen seinen grossen Topff her/
und holet stillschweigend eine Wasser-Kanne
voll Wasser/ aus einem Flusse/ es muß aber dem
Strome nicht entgegen/ sondern dem Strome
nach geschöpffet werden/ sonst wäre unser Thun
alle vergeblich. Weil nun der Topff und das
Wasser geholet wird/ laufft die kluge Frau in-
mittelst zu einer alten Wurtzel-Krämerin/ denn
in denen Apothecken kan sie es/ ihrem Vorgeben
nach/ so gut nicht bekommen/ als bey einer sol-
chen alten Vettel/ wie sie selbst ist/ weil sie ihre
Kräuter und Wurtzeln alle in gewissen Stun-
den holet; da nimmt sie vor wenige Pfennige
Frauen-Flachs/ lateinisch Linaria genennt/
thut es in den Topff/ kochet solches mit dem so ge-
nannten stillschweigenden Wasser/ alsdenn wird
der Patiente mit diesem Wasser gebadet/ oder
nur die Arme und Beine damit wohl abgewa-
schen/ und hernach unter des Patienten Bette
gesetzt/ wenn es nun eine Zeit gestanden/ alsdenn
thut sich Frau Maria oder Ursel ihre Wunder-
Cur mit Verwunderung hervor/ wenn irgend
das Bad zusammen gelauffen oder gelieffert ist.
Ey/ was Lob hat Frau Maria verdienet/ da
heists: Was haben wir denn zum besten/ wir
müssen Frau Marien mit essen lassen/ und sie

fragen/
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
re ſonſt mein Thun/ wenn ich davor nicht rathen
koͤnte/ ich habe wohl andere unter mir gehabt.
Gebt mir nur einen ſeinen groſſen Topff her/
und holet ſtillſchweigend eine Waſſer-Kanne
voll Waſſer/ aus einem Fluſſe/ es muß aber dem
Strome nicht entgegen/ ſondern dem Strome
nach geſchoͤpffet werden/ ſonſt waͤre unſer Thun
alle vergeblich. Weil nun der Topff und das
Waſſer geholet wird/ laufft die kluge Frau in-
mittelſt zu einer alten Wurtzel-Kraͤmerin/ denn
in denen Apothecken kan ſie es/ ihrem Vorgeben
nach/ ſo gut nicht bekommen/ als bey einer ſol-
chen alten Vettel/ wie ſie ſelbſt iſt/ weil ſie ihre
Kraͤuter und Wurtzeln alle in gewiſſen Stun-
den holet; da nimmt ſie vor wenige Pfennige
Frauen-Flachs/ lateiniſch Linaria genennt/
thut es in den Topff/ kochet ſolches mit dem ſo ge-
nannten ſtillſchweigenden Waſſer/ alsdenn wird
der Patiente mit dieſem Waſſer gebadet/ oder
nur die Arme und Beine damit wohl abgewa-
ſchen/ und hernach unter des Patienten Bette
geſetzt/ wenn es nun eine Zeit geſtanden/ alsdenn
thut ſich Frau Maria oder Urſel ihre Wunder-
Cur mit Verwunderung hervor/ wenn irgend
das Bad zuſammen gelauffen oder gelieffert iſt.
Ey/ was Lob hat Frau Maria verdienet/ da
heiſts: Was haben wir denn zum beſten/ wir
muͤſſen Frau Marien mit eſſen laſſen/ und ſie

fragen/
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[9/0031] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. re ſonſt mein Thun/ wenn ich davor nicht rathen koͤnte/ ich habe wohl andere unter mir gehabt. Gebt mir nur einen ſeinen groſſen Topff her/ und holet ſtillſchweigend eine Waſſer-Kanne voll Waſſer/ aus einem Fluſſe/ es muß aber dem Strome nicht entgegen/ ſondern dem Strome nach geſchoͤpffet werden/ ſonſt waͤre unſer Thun alle vergeblich. Weil nun der Topff und das Waſſer geholet wird/ laufft die kluge Frau in- mittelſt zu einer alten Wurtzel-Kraͤmerin/ denn in denen Apothecken kan ſie es/ ihrem Vorgeben nach/ ſo gut nicht bekommen/ als bey einer ſol- chen alten Vettel/ wie ſie ſelbſt iſt/ weil ſie ihre Kraͤuter und Wurtzeln alle in gewiſſen Stun- den holet; da nimmt ſie vor wenige Pfennige Frauen-Flachs/ lateiniſch Linaria genennt/ thut es in den Topff/ kochet ſolches mit dem ſo ge- nannten ſtillſchweigenden Waſſer/ alsdenn wird der Patiente mit dieſem Waſſer gebadet/ oder nur die Arme und Beine damit wohl abgewa- ſchen/ und hernach unter des Patienten Bette geſetzt/ wenn es nun eine Zeit geſtanden/ alsdenn thut ſich Frau Maria oder Urſel ihre Wunder- Cur mit Verwunderung hervor/ wenn irgend das Bad zuſammen gelauffen oder gelieffert iſt. Ey/ was Lob hat Frau Maria verdienet/ da heiſts: Was haben wir denn zum beſten/ wir muͤſſen Frau Marien mit eſſen laſſen/ und ſie fragen/ A 5

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/31>, abgerufen am 29.03.2024.