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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
denn die Hexen formiren ja selbst/ mit ihrer Reu-
terey ein Creutz wenn sie über der Ofen-Gabel/
dem Besen/ oder gar dem Bocke sitzen. Be-
denckts doch demnach/ ihr Thoren/ ob ihr nicht
lauter lächerliche Narren-Possen bißanhero ge-
glaubet habt/ welche mehrentheils aus dem aber-
gläubischen abgöttischen Pabsithum entsprun-
gen sind? Nicht dem Creutz/ sondern dem Ge-
creutzigten gebt die Ehre. Wolt ihr aber gute
Gedancken über das Creutz Christi haben/ so habt
sie folgender massen:

1.
O Grobes Holtz!
Bist du so stoltz?
Wilst du dem zarten Gottes-Lamm den
Rücken
Unschuldig gar zerqvetschen und zerdrü-
cken?
Muß JEsus denn/ durch ungebähnte Trep-
pen/
Nach Golgatha das schwere Creutz selbst
schleppen?
2.
Verdammtes Holtz!
Steh nicht so stoltz/
Daß GOttes Sohn an dir wird auffgehen-
cket/
Mit Lästerungen liederlich gekräncket.
Ist

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
denn die Hexen formiren ja ſelbſt/ mit ihrer Reu-
terey ein Creutz wenn ſie uͤber der Ofen-Gabel/
dem Beſen/ oder gar dem Bocke ſitzen. Be-
denckts doch demnach/ ihr Thoren/ ob ihr nicht
lauter laͤcherliche Narren-Poſſen bißanhero ge-
glaubet habt/ welche mehrentheils aus dem aber-
glaͤubiſchen abgoͤttiſchen Pabſithum entſprun-
gen ſind? Nicht dem Creutz/ ſondern dem Ge-
creutzigten gebt die Ehre. Wolt ihr aber gute
Gedancken uͤber das Creutz Chriſti haben/ ſo habt
ſie folgender maſſen:

1.
O Grobes Holtz!
Biſt du ſo ſtoltz?
Wilſt du dem zarten Gottes-Lamm den
Ruͤcken
Unſchuldig gar zerqvetſchen und zerdrü-
cken?
Muß JEſus denn/ durch ungebaͤhnte Trep-
pen/
Nach Golgatha das ſchwere Creutz ſelbſt
ſchleppen?
2.
Verdammtes Holtz!
Steh nicht ſo ſtoltz/
Daß GOttes Sohn an dir wird auffgehen-
cket/
Mit Laͤſterungen liederlich gekraͤncket.
Iſt
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[155/0177] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. denn die Hexen formiren ja ſelbſt/ mit ihrer Reu- terey ein Creutz wenn ſie uͤber der Ofen-Gabel/ dem Beſen/ oder gar dem Bocke ſitzen. Be- denckts doch demnach/ ihr Thoren/ ob ihr nicht lauter laͤcherliche Narren-Poſſen bißanhero ge- glaubet habt/ welche mehrentheils aus dem aber- glaͤubiſchen abgoͤttiſchen Pabſithum entſprun- gen ſind? Nicht dem Creutz/ ſondern dem Ge- creutzigten gebt die Ehre. Wolt ihr aber gute Gedancken uͤber das Creutz Chriſti haben/ ſo habt ſie folgender maſſen: 1. O Grobes Holtz! Biſt du ſo ſtoltz? Wilſt du dem zarten Gottes-Lamm den Ruͤcken Unſchuldig gar zerqvetſchen und zerdrü- cken? Muß JEſus denn/ durch ungebaͤhnte Trep- pen/ Nach Golgatha das ſchwere Creutz ſelbſt ſchleppen? 2. Verdammtes Holtz! Steh nicht ſo ſtoltz/ Daß GOttes Sohn an dir wird auffgehen- cket/ Mit Laͤſterungen liederlich gekraͤncket. Iſt

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/177>, abgerufen am 29.03.2024.