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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Kirche sey verwahrloset worden. Wie nun die-
ses nicht wahr ist/ so ist jenes nicht besser; glaubt
mir.

Das 59. Capitel.

Es ist nicht gut/ wenn man des Mor-
gens ausgehet/ und begegnet einem
ein altes Weib.

DAs Alter soll billich geehret werden/ so
wohl an Manns- als Weibs-Personen/
denn dieses sind so wohl Menschen als je-
ne; ein ieglicher Mensch will gern ein ehrlich
hohes Alter erreichen/ er mag männ- oder weibli-
ches Geschlechts seyn. Das aber ist gewiß/ und
eine bekannte/ aber auch unchristliche Sache/
daß fast kein Mensch verächtlicher ist/ als ein al-
tes Weib/ was aber dessen Ursach sey/ kan ich ei-
gentlich nicht wissen; ich glaube aber/ daß die
schröcklichsten Laster/ welche von manchen alten
Vetteln verübet werden/ hierzu Anlaß geben/
daher auch das bekannte Sprichwort entstan-
den: Wo der Teuffel nicht hinkommen kan/ da
schicket er ein alt Weib hin. Unrecht ist es aber/
daß die Feindschafft gegen die alten Weiber so
general worden ist/ und man fast keinen Unter-
schied machet/ unter alten erbaren Christlichen
Matronen/ und unter alten Ehr-vergessenen
Gauckel-Huren; denn/ was kan eine alte erba-

re Frau
G 3

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Kirche ſey verwahrloſet worden. Wie nun die-
ſes nicht wahr iſt/ ſo iſt jenes nicht beſſer; glaubt
mir.

Das 59. Capitel.

Es iſt nicht gut/ wenn man des Mor-
gens ausgehet/ und begegnet einem
ein altes Weib.

DAs Alter ſoll billich geehret werden/ ſo
wohl an Manns- als Weibs-Perſonen/
denn dieſes ſind ſo wohl Menſchen als je-
ne; ein ieglicher Menſch will gern ein ehrlich
hohes Alter erreichen/ er mag maͤnn- oder weibli-
ches Geſchlechts ſeyn. Das aber iſt gewiß/ und
eine bekannte/ aber auch unchriſtliche Sache/
daß faſt kein Menſch veraͤchtlicher iſt/ als ein al-
tes Weib/ was aber deſſen Urſach ſey/ kan ich ei-
gentlich nicht wiſſen; ich glaube aber/ daß die
ſchroͤcklichſten Laſter/ welche von manchen alten
Vetteln veruͤbet werden/ hierzu Anlaß geben/
daher auch das bekannte Sprichwort entſtan-
den: Wo der Teuffel nicht hinkommen kan/ da
ſchicket er ein alt Weib hin. Unrecht iſt es aber/
daß die Feindſchafft gegen die alten Weiber ſo
general worden iſt/ und man faſt keinen Unter-
ſchied machet/ unter alten erbaren Chriſtlichen
Matronen/ und unter alten Ehr-vergeſſenen
Gauckel-Huren; denn/ was kan eine alte erba-

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[101/0123] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Kirche ſey verwahrloſet worden. Wie nun die- ſes nicht wahr iſt/ ſo iſt jenes nicht beſſer; glaubt mir. Das 59. Capitel. Es iſt nicht gut/ wenn man des Mor- gens ausgehet/ und begegnet einem ein altes Weib. DAs Alter ſoll billich geehret werden/ ſo wohl an Manns- als Weibs-Perſonen/ denn dieſes ſind ſo wohl Menſchen als je- ne; ein ieglicher Menſch will gern ein ehrlich hohes Alter erreichen/ er mag maͤnn- oder weibli- ches Geſchlechts ſeyn. Das aber iſt gewiß/ und eine bekannte/ aber auch unchriſtliche Sache/ daß faſt kein Menſch veraͤchtlicher iſt/ als ein al- tes Weib/ was aber deſſen Urſach ſey/ kan ich ei- gentlich nicht wiſſen; ich glaube aber/ daß die ſchroͤcklichſten Laſter/ welche von manchen alten Vetteln veruͤbet werden/ hierzu Anlaß geben/ daher auch das bekannte Sprichwort entſtan- den: Wo der Teuffel nicht hinkommen kan/ da ſchicket er ein alt Weib hin. Unrecht iſt es aber/ daß die Feindſchafft gegen die alten Weiber ſo general worden iſt/ und man faſt keinen Unter- ſchied machet/ unter alten erbaren Chriſtlichen Matronen/ und unter alten Ehr-vergeſſenen Gauckel-Huren; denn/ was kan eine alte erba- re Frau G 3

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/123>, abgerufen am 28.03.2024.