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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung derer von super-klugen
sich der Finsterniß zum Betrug bedienet/ und
machet Partiererey mit der Karte/ oder nim-
met einem andern vom Gelde/ und so fort/ da-
durch hernach Zanck entstehet; alsdenn muß
das Tisch Leuchten die Ursach seyn. Ich lasse a-
ber einen vernünfstigen Menschen hiervon un-
passioniret urtheilen/ ob das Leuchten untern
Tisch/ die rechte eintzige Ursach des Zancks sey?

Das 49. Capitel.

Die Pathen sollen dem Kinde ein
Loffelgen kauffen/ sonstler net es
geiffern.

ICh kenne sehr viel Kinder/ welche nicht
geiffern ob ihnen gleich kein Pathe ein Löf-
felgen gekaufft hat/ und kan dieser albere
Glaubens-Grund stracks mit der täglichen Er-
fahrung übern Hauffen geworffen werden.
Hingegen habe ich ohnlängst eines Schneiders
Kind gesehen/ welches den gantzen Tag das Pa-
then-Geschencke (nehmlich ein klein stibern Löf-
felgen) im Maule hatte/ und doch über alle mas-
sen sehr geifferte. Wo bleibet nun hier
die Probe dieses schönen Glaubens-
Artickuls?



Das

Unterſuchung derer von ſuper-klugen
ſich der Finſterniß zum Betrug bedienet/ und
machet Partiererey mit der Karte/ oder nim-
met einem andern vom Gelde/ und ſo fort/ da-
durch hernach Zanck entſtehet; alsdenn muß
das Tiſch Leuchten die Urſach ſeyn. Ich laſſe a-
ber einen vernuͤnfſtigen Menſchen hiervon un-
paſſioniret urtheilen/ ob das Leuchten untern
Tiſch/ die rechte eintzige Urſach des Zancks ſey?

Das 49. Capitel.

Die Pathen ſollen dem Kinde ein
Loffelgen kauffen/ ſonſtler net es
geiffern.

ICh kenne ſehr viel Kinder/ welche nicht
geiffern ob ihnen gleich kein Pathe ein Loͤf-
felgen gekaufft hat/ und kan dieſer albere
Glaubens-Grund ſtracks mit der taͤglichen Er-
fahrung uͤbern Hauffen geworffen werden.
Hingegen habe ich ohnlaͤngſt eines Schneiders
Kind geſehen/ welches den gantzen Tag das Pa-
then-Geſchencke (nehmlich ein klein ſtibern Loͤf-
felgen) im Maule hatte/ und doch uͤber alle maſ-
ſen ſehr geifferte. Wo bleibet nun hier
die Probe dieſes ſchoͤnen Glaubens-
Artickuls?



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[86/0108] Unterſuchung derer von ſuper-klugen ſich der Finſterniß zum Betrug bedienet/ und machet Partiererey mit der Karte/ oder nim- met einem andern vom Gelde/ und ſo fort/ da- durch hernach Zanck entſtehet; alsdenn muß das Tiſch Leuchten die Urſach ſeyn. Ich laſſe a- ber einen vernuͤnfſtigen Menſchen hiervon un- paſſioniret urtheilen/ ob das Leuchten untern Tiſch/ die rechte eintzige Urſach des Zancks ſey? Das 49. Capitel. Die Pathen ſollen dem Kinde ein Loffelgen kauffen/ ſonſtler net es geiffern. ICh kenne ſehr viel Kinder/ welche nicht geiffern ob ihnen gleich kein Pathe ein Loͤf- felgen gekaufft hat/ und kan dieſer albere Glaubens-Grund ſtracks mit der taͤglichen Er- fahrung uͤbern Hauffen geworffen werden. Hingegen habe ich ohnlaͤngſt eines Schneiders Kind geſehen/ welches den gantzen Tag das Pa- then-Geſchencke (nehmlich ein klein ſtibern Loͤf- felgen) im Maule hatte/ und doch uͤber alle maſ- ſen ſehr geifferte. Wo bleibet nun hier die Probe dieſes ſchoͤnen Glaubens- Artickuls? Das

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/108>, abgerufen am 29.03.2024.