Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite

einleitung.
auf den Höhen hinter diesem Dorf, wo ich überall nur
reinen Urboden und nirgends in mehr als 1 Meter Tiefe
den Fels fand, nachgewiesen, dass dort nie menschliche
Wohnungen gewesen sind. Dies bestätigt auch, überall
wo die Erde fehlt, die bald spitze, bald abrupte und
stets ganz anomale Form der Felsen. Eine halbe Stunde
hinter Bunarbaschi ist allerdings die auf zwei Seiten
von Abgründen und von den andern Seiten von den
Trümmern einer Ringmauer umgebene Baustelle einer
ganz kleinen Stadt, welche ich für Skamandria hielt und
so auf meiner Karte der Ebene von Troja nannte. Eine
der in den Trümmern des Minervatempels des Iliums
der griechischen Colonie gefundenen Inschriften lässt
mich jedoch jetzt mit Bestimmtheit vermuthen, dass es
nicht die Baustelle von Skamandria, sondern die von
Gergis war. Auch ist dort die Schuttaufhäufung nur
höchst unbedeutend, und sieht man nicht nur in der
kleinen Akropolis, sondern auch auf der Baustelle der
kleinen Stadt auf gar vielen Stellen den nackten Fels
herausgucken. Ausserdem findet man dort überall, wo
Schuttaufhäufung ist, hellenische Topfscherben, und aus-
schliesslich hellenische Topfscherben bis zum Urboden.
Da die Archäologie den ältesten dieser Scherben
höchstens 500 bis 600 Jahre v. Chr. zugestehen kann,
so können auch die Mauern der kleinen Stadt, welche
man denen von Mykene an Alter gleichzustellen pflegte,
keinenfallsälter sein als alleräusserst 500 bis 600 Jahre v. Chr.

Unmittelbar vor dieser kleinen Stadt sind drei Hel-
dengräber, wovon man eins dem Priamos, ein anderes
dem Hektor zuschrieb, weil es ganz von kleinen Steinen
erbaut war. Dies letztere Grab ist im October 1872

einleitung.
auf den Höhen hinter diesem Dorf, wo ich überall nur
reinen Urboden und nirgends in mehr als 1 Meter Tiefe
den Fels fand, nachgewiesen, dass dort nie menschliche
Wohnungen gewesen sind. Dies bestätigt auch, überall
wo die Erde fehlt, die bald spitze, bald abrupte und
stets ganz anomale Form der Felsen. Eine halbe Stunde
hinter Bunarbaschi ist allerdings die auf zwei Seiten
von Abgründen und von den andern Seiten von den
Trümmern einer Ringmauer umgebene Baustelle einer
ganz kleinen Stadt, welche ich für Skamandria hielt und
so auf meiner Karte der Ebene von Troja nannte. Eine
der in den Trümmern des Minervatempels des Iliums
der griechischen Colonie gefundenen Inschriften lässt
mich jedoch jetzt mit Bestimmtheit vermuthen, dass es
nicht die Baustelle von Skamandria, sondern die von
Gergis war. Auch ist dort die Schuttaufhäufung nur
höchst unbedeutend, und sieht man nicht nur in der
kleinen Akropolis, sondern auch auf der Baustelle der
kleinen Stadt auf gar vielen Stellen den nackten Fels
herausgucken. Ausserdem findet man dort überall, wo
Schuttaufhäufung ist, hellenische Topfscherben, und aus-
schliesslich hellenische Topfscherben bis zum Urboden.
Da die Archäologie den ältesten dieser Scherben
höchstens 500 bis 600 Jahre v. Chr. zugestehen kann,
so können auch die Mauern der kleinen Stadt, welche
man denen von Mykene an Alter gleichzustellen pflegte,
keinenfallsälter sein als alleräusserst 500 bis 600 Jahre v. Chr.

Unmittelbar vor dieser kleinen Stadt sind drei Hel-
dengräber, wovon man eins dem Priamos, ein anderes
dem Hektor zuschrieb, weil es ganz von kleinen Steinen
erbaut war. Dies letztere Grab ist im October 1872

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0049" n="XLIII"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">einleitung</hi>.</fw><lb/>
auf den Höhen hinter diesem Dorf, wo ich überall nur<lb/>
reinen Urboden und nirgends in mehr als 1 Meter Tiefe<lb/>
den Fels fand, nachgewiesen, dass dort nie menschliche<lb/>
Wohnungen gewesen sind. Dies bestätigt auch, überall<lb/>
wo die Erde fehlt, die bald spitze, bald abrupte und<lb/>
stets ganz anomale Form der Felsen. Eine halbe Stunde<lb/>
hinter Bunarbaschi ist allerdings die auf zwei Seiten<lb/>
von Abgründen und von den andern Seiten von den<lb/>
Trümmern einer Ringmauer umgebene Baustelle einer<lb/>
ganz kleinen Stadt, welche ich für Skamandria hielt und<lb/>
so auf meiner Karte der Ebene von Troja nannte. Eine<lb/>
der in den Trümmern des Minervatempels des Iliums<lb/>
der griechischen Colonie gefundenen Inschriften lässt<lb/>
mich jedoch jetzt mit Bestimmtheit vermuthen, dass es<lb/><hi rendition="#g">nicht</hi> die Baustelle von Skamandria, sondern die von<lb/>
Gergis war. Auch ist dort die Schuttaufhäufung nur<lb/>
höchst unbedeutend, und sieht man nicht nur in der<lb/>
kleinen Akropolis, sondern auch auf der Baustelle der<lb/>
kleinen Stadt auf gar vielen Stellen den nackten Fels<lb/>
herausgucken. Ausserdem findet man dort überall, wo<lb/>
Schuttaufhäufung ist, hellenische Topfscherben, und aus-<lb/>
schliesslich hellenische Topfscherben bis zum Urboden.<lb/>
Da die Archäologie den <hi rendition="#g">ältesten</hi> dieser Scherben<lb/>
höchstens 500 bis 600 Jahre v. Chr. zugestehen kann,<lb/>
so können auch die Mauern der kleinen Stadt, welche<lb/>
man denen von Mykene an Alter gleichzustellen pflegte,<lb/>
keinenfallsälter sein als alleräusserst 500 bis 600 Jahre v. Chr.</p><lb/>
        <p>Unmittelbar vor dieser kleinen Stadt sind drei Hel-<lb/>
dengräber, wovon man eins dem Priamos, ein anderes<lb/>
dem Hektor zuschrieb, weil es ganz von kleinen Steinen<lb/>
erbaut war. Dies letztere Grab ist im October 1872<lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XLIII/0049] einleitung. auf den Höhen hinter diesem Dorf, wo ich überall nur reinen Urboden und nirgends in mehr als 1 Meter Tiefe den Fels fand, nachgewiesen, dass dort nie menschliche Wohnungen gewesen sind. Dies bestätigt auch, überall wo die Erde fehlt, die bald spitze, bald abrupte und stets ganz anomale Form der Felsen. Eine halbe Stunde hinter Bunarbaschi ist allerdings die auf zwei Seiten von Abgründen und von den andern Seiten von den Trümmern einer Ringmauer umgebene Baustelle einer ganz kleinen Stadt, welche ich für Skamandria hielt und so auf meiner Karte der Ebene von Troja nannte. Eine der in den Trümmern des Minervatempels des Iliums der griechischen Colonie gefundenen Inschriften lässt mich jedoch jetzt mit Bestimmtheit vermuthen, dass es nicht die Baustelle von Skamandria, sondern die von Gergis war. Auch ist dort die Schuttaufhäufung nur höchst unbedeutend, und sieht man nicht nur in der kleinen Akropolis, sondern auch auf der Baustelle der kleinen Stadt auf gar vielen Stellen den nackten Fels herausgucken. Ausserdem findet man dort überall, wo Schuttaufhäufung ist, hellenische Topfscherben, und aus- schliesslich hellenische Topfscherben bis zum Urboden. Da die Archäologie den ältesten dieser Scherben höchstens 500 bis 600 Jahre v. Chr. zugestehen kann, so können auch die Mauern der kleinen Stadt, welche man denen von Mykene an Alter gleichzustellen pflegte, keinenfallsälter sein als alleräusserst 500 bis 600 Jahre v. Chr. Unmittelbar vor dieser kleinen Stadt sind drei Hel- dengräber, wovon man eins dem Priamos, ein anderes dem Hektor zuschrieb, weil es ganz von kleinen Steinen erbaut war. Dies letztere Grab ist im October 1872

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/49
Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. XLIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/49>, abgerufen am 29.03.2024.