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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

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liche ist das Denken und Dichten,
und das ist nur durch Passivität
möglich. Freylich ist es eine absicht-
liche, willkührliche, einseitige, aber
doch Passivität. Je schöner das
Klima ist, je passiver ist man. Nur
Italiäner wissen zu gehen, und nur
die im Orient verstehen zu liegen;
wo hat sich aber der Geist zarter
und süßer gebildet als in Indien?
Und unter allen Himmelsstrichen ist
es das Recht des Müssiggangs was
Vornehme und Gemeine unterschei-
det, und das eigentliche Prinzip des
Adels.

Endlich wo ist mehr Genuß, und
mehr Dauer, Kraft und Geist des
Genusses; bey den Frauen, deren
Verhältniß wir Passivität nennen,

liche iſt das Denken und Dichten,
und das iſt nur durch Paſſivität
möglich. Freylich iſt es eine abſicht-
liche, willkührliche, einſeitige, aber
doch Paſſivität. Je ſchöner das
Klima iſt, je paſſiver iſt man. Nur
Italiäner wiſſen zu gehen, und nur
die im Orient verſtehen zu liegen;
wo hat ſich aber der Geiſt zarter
und ſüßer gebildet als in Indien?
Und unter allen Himmelsſtrichen iſt
es das Recht des Müſſiggangs was
Vornehme und Gemeine unterſchei-
det, und das eigentliche Prinzip des
Adels.

Endlich wo iſt mehr Genuß, und
mehr Dauer, Kraft und Geiſt des
Genuſſes; bey den Frauen, deren
Verhältniß wir Paſſivität nennen,

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[86/0091] liche iſt das Denken und Dichten, und das iſt nur durch Paſſivität möglich. Freylich iſt es eine abſicht- liche, willkührliche, einſeitige, aber doch Paſſivität. Je ſchöner das Klima iſt, je paſſiver iſt man. Nur Italiäner wiſſen zu gehen, und nur die im Orient verſtehen zu liegen; wo hat ſich aber der Geiſt zarter und ſüßer gebildet als in Indien? Und unter allen Himmelsſtrichen iſt es das Recht des Müſſiggangs was Vornehme und Gemeine unterſchei- det, und das eigentliche Prinzip des Adels. Endlich wo iſt mehr Genuß, und mehr Dauer, Kraft und Geiſt des Genuſſes; bey den Frauen, deren Verhältniß wir Paſſivität nennen,

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/91>, abgerufen am 25.04.2024.