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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

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Nur in der Ruhe der Nacht,
sagte Lucinde, glüht und glänzt die
Sehnsucht und die Liebe hell und
voll wie diese herrliche Sonne. --
Und am Tage, erwiederte Julius,
schimmert das Glück der Liebe blaß,
so wie der Mond nur sparsam leuch-
tet. -- Oder es erscheint und schwin-
det plötzlich ins allgemeine Dunkel,
fügte Lucinde an, wie jene Blitze,
die uns das Gemach erhellten, da
der Mond verhüllt war.

Nur in der Nacht singt Klagen,
sprach Julius, die kleine Nachtigall
und tiefe Seufzer. Nur in der Nacht
eröffnet sich die Blume schüchtern
und athmet frey den schönsten Duft,
um Geist und Sinne in gleicher
Wonne zu berauschen. Nur in der

Nur in der Ruhe der Nacht,
ſagte Lucinde, glüht und glänzt die
Sehnſucht und die Liebe hell und
voll wie dieſe herrliche Sonne. —
Und am Tage, erwiederte Julius,
ſchimmert das Glück der Liebe blaß,
ſo wie der Mond nur ſparſam leuch-
tet. — Oder es erſcheint und ſchwin-
det plötzlich ins allgemeine Dunkel,
fügte Lucinde an, wie jene Blitze,
die uns das Gemach erhellten, da
der Mond verhüllt war.

Nur in der Nacht ſingt Klagen,
ſprach Julius, die kleine Nachtigall
und tiefe Seufzer. Nur in der Nacht
eröffnet ſich die Blume ſchüchtern
und athmet frey den ſchönſten Duft,
um Geiſt und Sinne in gleicher
Wonne zu berauſchen. Nur in der

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[287/0292] Nur in der Ruhe der Nacht, ſagte Lucinde, glüht und glänzt die Sehnſucht und die Liebe hell und voll wie dieſe herrliche Sonne. — Und am Tage, erwiederte Julius, ſchimmert das Glück der Liebe blaß, ſo wie der Mond nur ſparſam leuch- tet. — Oder es erſcheint und ſchwin- det plötzlich ins allgemeine Dunkel, fügte Lucinde an, wie jene Blitze, die uns das Gemach erhellten, da der Mond verhüllt war. Nur in der Nacht ſingt Klagen, ſprach Julius, die kleine Nachtigall und tiefe Seufzer. Nur in der Nacht eröffnet ſich die Blume ſchüchtern und athmet frey den ſchönſten Duft, um Geiſt und Sinne in gleicher Wonne zu berauſchen. Nur in der

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/292>, abgerufen am 28.03.2024.