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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

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an die sanften Züge und an die
kindlichen Gespräche und Scherze,
und lächelt dann eine Thräne, hold
erröthend, auch sich nun unter den
Blumen der bunten Erde zu er-
blicken.

Andeuten will ich dir wenigstens
in göttlichen Sinnbildern, was ich
nicht zu erzählen vermag. Denn
wie ich auch die Vergangenheit über-
denke, und in mein Ich zu dringen
strebe, um die Erinnerung in klarer
Gegenwart anzuschauen und dich an-
schauen zu lassen: es bleibt immer
etwas zurück, was sich nicht äußer-
lich darstellen läßt, weil es ganz
innerlich ist. Der Geist des Men-
schen ist sein eigner Proteus, ver-
wandelt sich und will nicht Rede

an die ſanften Züge und an die
kindlichen Geſpräche und Scherze,
und lächelt dann eine Thräne, hold
erröthend, auch ſich nun unter den
Blumen der bunten Erde zu er-
blicken.

Andeuten will ich dir wenigſtens
in göttlichen Sinnbildern, was ich
nicht zu erzählen vermag. Denn
wie ich auch die Vergangenheit über-
denke, und in mein Ich zu dringen
ſtrebe, um die Erinnerung in klarer
Gegenwart anzuſchauen und dich an-
ſchauen zu laſſen: es bleibt immer
etwas zurück, was ſich nicht äußer-
lich darſtellen läßt, weil es ganz
innerlich iſt. Der Geiſt des Men-
ſchen iſt ſein eigner Proteus, ver-
wandelt ſich und will nicht Rede

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[213/0218] an die ſanften Züge und an die kindlichen Geſpräche und Scherze, und lächelt dann eine Thräne, hold erröthend, auch ſich nun unter den Blumen der bunten Erde zu er- blicken. Andeuten will ich dir wenigſtens in göttlichen Sinnbildern, was ich nicht zu erzählen vermag. Denn wie ich auch die Vergangenheit über- denke, und in mein Ich zu dringen ſtrebe, um die Erinnerung in klarer Gegenwart anzuſchauen und dich an- ſchauen zu laſſen: es bleibt immer etwas zurück, was ſich nicht äußer- lich darſtellen läßt, weil es ganz innerlich iſt. Der Geiſt des Men- ſchen iſt ſein eigner Proteus, ver- wandelt ſich und will nicht Rede

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/218>, abgerufen am 20.04.2024.