Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

Vielmehr waren die Umrisse sanft,
die Glieder voll und rund, doch war
nirgends ein Überfluß. In hellem
Licht bildete die Oberfläche überall
breite Massen und der glatte Kör-
per schien dicht und fest wie Mar-
mor, und in den Kämpfen der Liebe
entwickelte sich mit einemmale der
ganze Reichthum seiner kräftigen
Bildung.

Sie erfreuten sich des jugendlichen
Lebens, Monate vergingen wie Tage
und mehr als zwey Jahre waren vor-
über. Nun ward Julius erst allmäh-
lig inne, wie groß seine Ungeschicklich-
keit sey und sein Mangel an Ver-
stand. Er hatte die Liebe und das
Glück überall gesucht, wo sie nicht
zu finden waren, und nun da er

Vielmehr waren die Umriſſe ſanft,
die Glieder voll und rund, doch war
nirgends ein Überfluß. In hellem
Licht bildete die Oberfläche überall
breite Maſſen und der glatte Kör-
per ſchien dicht und feſt wie Mar-
mor, und in den Kämpfen der Liebe
entwickelte ſich mit einemmale der
ganze Reichthum ſeiner kräftigen
Bildung.

Sie erfreuten ſich des jugendlichen
Lebens, Monate vergingen wie Tage
und mehr als zwey Jahre waren vor-
über. Nun ward Julius erſt allmäh-
lig inne, wie groß ſeine Ungeſchicklich-
keit ſey und ſein Mangel an Ver-
ſtand. Er hatte die Liebe und das
Glück überall geſucht, wo ſie nicht
zu finden waren, und nun da er

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0206" n="201"/>
Vielmehr waren die Umri&#x017F;&#x017F;e &#x017F;anft,<lb/>
die Glieder voll und rund, doch war<lb/>
nirgends ein Überfluß. In hellem<lb/>
Licht bildete die Oberfläche überall<lb/>
breite Ma&#x017F;&#x017F;en und der glatte Kör-<lb/>
per &#x017F;chien dicht und fe&#x017F;t wie Mar-<lb/>
mor, und in den Kämpfen der Liebe<lb/>
entwickelte &#x017F;ich mit einemmale der<lb/>
ganze Reichthum &#x017F;einer kräftigen<lb/>
Bildung.</p><lb/>
            <p>Sie erfreuten &#x017F;ich des jugendlichen<lb/>
Lebens, Monate vergingen wie Tage<lb/>
und mehr als zwey Jahre waren vor-<lb/>
über. Nun ward Julius er&#x017F;t allmäh-<lb/>
lig inne, wie groß &#x017F;eine Unge&#x017F;chicklich-<lb/>
keit &#x017F;ey und &#x017F;ein Mangel an Ver-<lb/>
&#x017F;tand. Er hatte die Liebe und das<lb/>
Glück überall ge&#x017F;ucht, wo &#x017F;ie nicht<lb/>
zu finden waren, und nun da er<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201/0206] Vielmehr waren die Umriſſe ſanft, die Glieder voll und rund, doch war nirgends ein Überfluß. In hellem Licht bildete die Oberfläche überall breite Maſſen und der glatte Kör- per ſchien dicht und feſt wie Mar- mor, und in den Kämpfen der Liebe entwickelte ſich mit einemmale der ganze Reichthum ſeiner kräftigen Bildung. Sie erfreuten ſich des jugendlichen Lebens, Monate vergingen wie Tage und mehr als zwey Jahre waren vor- über. Nun ward Julius erſt allmäh- lig inne, wie groß ſeine Ungeſchicklich- keit ſey und ſein Mangel an Ver- ſtand. Er hatte die Liebe und das Glück überall geſucht, wo ſie nicht zu finden waren, und nun da er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Darüber hinaus sind keine weiteren Teile erschien… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/206
Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/206>, abgerufen am 20.04.2024.