Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

hältnissen mit ihr, sie war kränklich
und etwas älter wie er; dabey aber
von hellem reifen Verstand, von
gradem gesundem Sinn, und selbst
im Auge der Fremden bis zur Lie-
benswürdigkeit rechtlich. Alles was
sie unternahm, athmete den Geist
freundlicher Ordnung, und wie von
selbst entwickelte sich die gegenwär-
tige Thätigkeit allmählig aus der
vorigen und bezog sich still auf die
künftige. In dieser Anschauung be-
griff es Julius klar, daß es keine
andre Tugend gebe als Consequenz.
Aber es war nicht die kalte steife
Übereinstimmung berechneter Grund-
sätze oder Vorurtheile, sondern die
beharrliche Treue eines mütterlichen
Herzens, das den Kreis seiner Wirk-

hältniſſen mit ihr, ſie war kränklich
und etwas älter wie er; dabey aber
von hellem reifen Verſtand, von
gradem geſundem Sinn, und ſelbſt
im Auge der Fremden bis zur Lie-
benswürdigkeit rechtlich. Alles was
ſie unternahm, athmete den Geiſt
freundlicher Ordnung, und wie von
ſelbſt entwickelte ſich die gegenwär-
tige Thätigkeit allmählig aus der
vorigen und bezog ſich ſtill auf die
künftige. In dieſer Anſchauung be-
griff es Julius klar, daß es keine
andre Tugend gebe als Conſequenz.
Aber es war nicht die kalte ſteife
Übereinſtimmung berechneter Grund-
ſätze oder Vorurtheile, ſondern die
beharrliche Treue eines mütterlichen
Herzens, das den Kreis ſeiner Wirk-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0187" n="182"/>
hältni&#x017F;&#x017F;en mit ihr, &#x017F;ie war kränklich<lb/>
und etwas älter wie er; dabey aber<lb/>
von hellem reifen Ver&#x017F;tand, von<lb/>
gradem ge&#x017F;undem Sinn, und &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
im Auge der Fremden bis zur Lie-<lb/>
benswürdigkeit rechtlich. Alles was<lb/>
&#x017F;ie unternahm, athmete den Gei&#x017F;t<lb/>
freundlicher Ordnung, und wie von<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t entwickelte &#x017F;ich die gegenwär-<lb/>
tige Thätigkeit allmählig aus der<lb/>
vorigen und bezog &#x017F;ich &#x017F;till auf die<lb/>
künftige. In die&#x017F;er An&#x017F;chauung be-<lb/>
griff es Julius klar, daß es keine<lb/>
andre Tugend gebe als Con&#x017F;equenz.<lb/>
Aber es war nicht die kalte &#x017F;teife<lb/>
Überein&#x017F;timmung berechneter Grund-<lb/>
&#x017F;ätze oder Vorurtheile, &#x017F;ondern die<lb/>
beharrliche Treue eines mütterlichen<lb/>
Herzens, das den Kreis &#x017F;einer Wirk-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0187] hältniſſen mit ihr, ſie war kränklich und etwas älter wie er; dabey aber von hellem reifen Verſtand, von gradem geſundem Sinn, und ſelbſt im Auge der Fremden bis zur Lie- benswürdigkeit rechtlich. Alles was ſie unternahm, athmete den Geiſt freundlicher Ordnung, und wie von ſelbſt entwickelte ſich die gegenwär- tige Thätigkeit allmählig aus der vorigen und bezog ſich ſtill auf die künftige. In dieſer Anſchauung be- griff es Julius klar, daß es keine andre Tugend gebe als Conſequenz. Aber es war nicht die kalte ſteife Übereinſtimmung berechneter Grund- ſätze oder Vorurtheile, ſondern die beharrliche Treue eines mütterlichen Herzens, das den Kreis ſeiner Wirk-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Darüber hinaus sind keine weiteren Teile erschien… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/187
Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/187>, abgerufen am 29.03.2024.