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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

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und vortrefflichen Wünschen. Julius
kam nicht weiter und ward nicht
klarer, er handelte nicht und er bil-
dete nichts. Ja er vernachläßigte
seine Kunst fast nie mehr, als da
er sich und seine Freunde mit Pro-
jekten überströmte von allen Wer-
ken, die er vollbringen wollte, und
die ihm im Augenblick der ersten
Begeisterung schon fertig schienen.
Die wenigen Anwandlungen von
Nüchternheit, die ihm noch übrig
blieben, erstickte er in Musik, die
für ihn ein gefährlicher, bodenloser
Abgrund von Sehnsucht und Weh-
muth war, in den er sich gern und
willig versinken sah.

Diese innere Gährung hätte heil-
sam seyn können, und aus der Ver-

und vortrefflichen Wünſchen. Julius
kam nicht weiter und ward nicht
klarer, er handelte nicht und er bil-
dete nichts. Ja er vernachläßigte
ſeine Kunſt faſt nie mehr, als da
er ſich und ſeine Freunde mit Pro-
jekten überſtrömte von allen Wer-
ken, die er vollbringen wollte, und
die ihm im Augenblick der erſten
Begeiſterung ſchon fertig ſchienen.
Die wenigen Anwandlungen von
Nüchternheit, die ihm noch übrig
blieben, erſtickte er in Muſik, die
für ihn ein gefährlicher, bodenloſer
Abgrund von Sehnſucht und Weh-
muth war, in den er ſich gern und
willig verſinken ſah.

Dieſe innere Gährung hätte heil-
ſam ſeyn können, und aus der Ver-

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[162/0167] und vortrefflichen Wünſchen. Julius kam nicht weiter und ward nicht klarer, er handelte nicht und er bil- dete nichts. Ja er vernachläßigte ſeine Kunſt faſt nie mehr, als da er ſich und ſeine Freunde mit Pro- jekten überſtrömte von allen Wer- ken, die er vollbringen wollte, und die ihm im Augenblick der erſten Begeiſterung ſchon fertig ſchienen. Die wenigen Anwandlungen von Nüchternheit, die ihm noch übrig blieben, erſtickte er in Muſik, die für ihn ein gefährlicher, bodenloſer Abgrund von Sehnſucht und Weh- muth war, in den er ſich gern und willig verſinken ſah. Dieſe innere Gährung hätte heil- ſam ſeyn können, und aus der Ver-

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/167>, abgerufen am 25.04.2024.