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Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746.

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ein Trauerspiel.
Doch da er, was geschehn, so großmuthsvoll vergißt,
Weiß ich, daß meine Pflicht es zu erwähnen ist.
Darf ich ie sein Geboth zu brechen mich erkühnen,
So ists, um seine Huld durch Bitten zu verdienen.
Hätt ich dem Ulfo gleich mein Herz auch nicht geweyht,
Der Ehrgeitz ist ein Fehl, dem leicht ein Held verzeiht.
Da ich dich, Godewin, begnadigt angetroffen.
Darf Ulfo noch vielmehr auf gleiche Güte hoffen.
Godewin.
Daß ich begnadigt sey, Prinzeßin, weiß ich nicht,
Vergebung braucht nur der, der seine Pflichten bricht.
Mein Herz verwahrte stets in ungeschwächtem Triebe,
Dem König meine Treu, so wie dir meine Liebe.
Die letzte hast du selbst dem Ulfo nachgesetzt:
Die erste steht noch fest, und nichts hat sie verletzt.
Mein Ehrgeitz treibt mich nicht aus des Gehorsams
Schranken,
Kein unbiegsamer Stolz bekrönt mich in Gedanken.
Canut, der meine Treu stets zu erkennen schien,
Hat oft mir Gunst erzeigt, doch niemals mir verziehn.
Zwar dich, Prinzeßin, rührt der Glanz weit höhrer
Dinge;
Der Ruhm, getreu zu seyn, scheint bey dir nur geringe.
Hätt ich vielleicht ein Herz, das herrschen will, gezeigt:
So hätt ich zwar gefehlt, doch du wärst mir geneigt.
Nicht daß ich Ulfons Werth bey dir verkleinern
wollte:
Jch ehre dich zu sehr, daß ich ihn hassen sollte.
Doch selbst die Ehrbegier seh ich für schimpflich an,
Die mich vergessen lehrt, ich sey ein Unterthan.

Estri-
ein Trauerſpiel.
Doch da er, was geſchehn, ſo großmuthsvoll vergißt,
Weiß ich, daß meine Pflicht es zu erwaͤhnen iſt.
Darf ich ie ſein Geboth zu brechen mich erkuͤhnen,
So iſts, um ſeine Huld durch Bitten zu verdienen.
Haͤtt ich dem Ulfo gleich mein Herz auch nicht geweyht,
Der Ehrgeitz iſt ein Fehl, dem leicht ein Held verzeiht.
Da ich dich, Godewin, begnadigt angetroffen.
Darf Ulfo noch vielmehr auf gleiche Guͤte hoffen.
Godewin.
Daß ich begnadigt ſey, Prinzeßin, weiß ich nicht,
Vergebung braucht nur der, der ſeine Pflichten bricht.
Mein Herz verwahrte ſtets in ungeſchwaͤchtem Triebe,
Dem Koͤnig meine Treu, ſo wie dir meine Liebe.
Die letzte haſt du ſelbſt dem Ulfo nachgeſetzt:
Die erſte ſteht noch feſt, und nichts hat ſie verletzt.
Mein Ehrgeitz treibt mich nicht aus des Gehorſams
Schranken,
Kein unbiegſamer Stolz bekroͤnt mich in Gedanken.
Canut, der meine Treu ſtets zu erkennen ſchien,
Hat oft mir Gunſt erzeigt, doch niemals mir verziehn.
Zwar dich, Prinzeßin, ruͤhrt der Glanz weit hoͤhrer
Dinge;
Der Ruhm, getreu zu ſeyn, ſcheint bey dir nur geringe.
Haͤtt ich vielleicht ein Herz, das herrſchen will, gezeigt:
So haͤtt ich zwar gefehlt, doch du waͤrſt mir geneigt.
Nicht daß ich Ulfons Werth bey dir verkleinern
wollte:
Jch ehre dich zu ſehr, daß ich ihn haſſen ſollte.
Doch ſelbſt die Ehrbegier ſeh ich fuͤr ſchimpflich an,
Die mich vergeſſen lehrt, ich ſey ein Unterthan.

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[11/0025] ein Trauerſpiel. Doch da er, was geſchehn, ſo großmuthsvoll vergißt, Weiß ich, daß meine Pflicht es zu erwaͤhnen iſt. Darf ich ie ſein Geboth zu brechen mich erkuͤhnen, So iſts, um ſeine Huld durch Bitten zu verdienen. Haͤtt ich dem Ulfo gleich mein Herz auch nicht geweyht, Der Ehrgeitz iſt ein Fehl, dem leicht ein Held verzeiht. Da ich dich, Godewin, begnadigt angetroffen. Darf Ulfo noch vielmehr auf gleiche Guͤte hoffen. Godewin. Daß ich begnadigt ſey, Prinzeßin, weiß ich nicht, Vergebung braucht nur der, der ſeine Pflichten bricht. Mein Herz verwahrte ſtets in ungeſchwaͤchtem Triebe, Dem Koͤnig meine Treu, ſo wie dir meine Liebe. Die letzte haſt du ſelbſt dem Ulfo nachgeſetzt: Die erſte ſteht noch feſt, und nichts hat ſie verletzt. Mein Ehrgeitz treibt mich nicht aus des Gehorſams Schranken, Kein unbiegſamer Stolz bekroͤnt mich in Gedanken. Canut, der meine Treu ſtets zu erkennen ſchien, Hat oft mir Gunſt erzeigt, doch niemals mir verziehn. Zwar dich, Prinzeßin, ruͤhrt der Glanz weit hoͤhrer Dinge; Der Ruhm, getreu zu ſeyn, ſcheint bey dir nur geringe. Haͤtt ich vielleicht ein Herz, das herrſchen will, gezeigt: So haͤtt ich zwar gefehlt, doch du waͤrſt mir geneigt. Nicht daß ich Ulfons Werth bey dir verkleinern wollte: Jch ehre dich zu ſehr, daß ich ihn haſſen ſollte. Doch ſelbſt die Ehrbegier ſeh ich fuͤr ſchimpflich an, Die mich vergeſſen lehrt, ich ſey ein Unterthan. Eſtri-

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Zitationshilfe: Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746/25>, abgerufen am 18.04.2024.