Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schirmer, David: Erstes Rosen Gepüsche. [s. l.], 1653.

Bild:
<< vorherige Seite

sich ein warmer und hitziger Muth die Kälte der un-
freundligkrit dämpffen unnd unterdrücken lassen?
Warümb solte er sich solcher anmutigen und ohne al-
len Nachteil lieblichen Ergetzung entschlagen? Wa-
rüm solte das noch nicht gegenwertige Alter die Ede-
le Jugend zur Furcht bewegen? Jch bekenne es
frey/ das ich nach meiner Wenigkeit manche trau-
rige und saure Stunde mir mit Lust etwas aufzuse-
tzen versüsset habe/ weil zum theil die allerherrlichsten
Wissenschafften/ als göldne äpfel auf einen schönen
Purpur/ zum theil eine Sittsame Höfligkeit/ als
ein köstlicher Wein in einem theuren Pocale darun-
ter verstecket und verborgen ligen. Daß ich aber so
vieler Namen und Bulschaften gedacht/ ist kei-
nes weges dahin zu deuten/ als solte unter einer ie-
den Schale eine Nuß/ und unter einen ieden ver-
blümten Worte eine absonderliche Person vermummet
und verbildert stehen. Jch bin hier denen vortrefli-
chen Leuten/ als ein kleiner Schatten einen grossen
Leibe/ nachgegangen/ haben sie mich verführet/ so wil
ich mit ihnen dem Vrtheil gerne dulden und leiden/
Mich bedüncket aber/ Plato/ Cicero/ Plinius/
Apuleius/ Horatius/ Naso/ Tibullus/ Propertius/
und andere tapfere Geister/ denen es am meisten ge-
lungen/ werden deßwegen nicht zuverwerffen seyn/
daß sie ihre Arbeit mit einer angebildeten Liebe/ und
zwar mit frembden und unbekanten Benamungen/
durchsüsset und besänftiget haben. Wer schilt
die hohen und fast Göttlichen Männer vor
vnnd zu unserer Zeit? Angerianus liebet Ce-

lien

ſich ein warmer und hitziger Muth die Kaͤlte der un-
freundligkrit daͤmpffen unnd unterdruͤcken laſſen?
Waruͤmb ſolte er ſich ſolcher anmutigen und ohne al-
len Nachteil lieblichen Ergetzung entſchlagen? Wa-
ruͤm ſolte das noch nicht gegenwertige Alter die Ede-
le Jugend zur Furcht bewegen? Jch bekenne es
frey/ das ich nach meiner Wenigkeit manche trau-
rige und ſaure Stunde mir mit Luſt etwas aufzuſe-
tzen verſuͤſſet habe/ weil zum theil die allerherrlichſten
Wiſſenſchafften/ als goͤldne aͤpfel auf einen ſchoͤnen
Purpur/ zum theil eine Sittſame Hoͤfligkeit/ als
ein koͤſtlicher Wein in einem theuren Pocale darun-
ter verſtecket und verborgen ligen. Daß ich aber ſo
vieler Namen und Bulſchaften gedacht/ iſt kei-
nes weges dahin zu deuten/ als ſolte unter einer ie-
den Schale eine Nuß/ und unter einen ieden ver-
bluͤmten Worte eine abſonderliche Perſon vermum̃et
und verbildert ſtehen. Jch bin hier denen vortrefli-
chen Leuten/ als ein kleiner Schatten einen groſſen
Leibe/ nachgegangen/ haben ſie mich verfuͤhret/ ſo wil
ich mit ihnen dem Vrtheil gerne dulden und leiden/
Mich beduͤncket aber/ Plato/ Cicero/ Plinius/
Apuleius/ Horatius/ Naſo/ Tibullus/ Propertius/
und andere tapfere Geiſter/ denen es am meiſten ge-
lungen/ werden deßwegen nicht zuverwerffen ſeyn/
daß ſie ihre Arbeit mit einer angebildeten Liebe/ und
zwar mit frembden und unbekanten Benamungen/
durchſuͤſſet und beſaͤnftiget haben. Wer ſchilt
die hohen und faſt Goͤttlichen Maͤnner vor
vnnd zu unſerer Zeit? Angerianus liebet Ce-

lien
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016"/>
&#x017F;ich ein warmer und hitziger Muth die Ka&#x0364;lte der un-<lb/>
freundligkrit da&#x0364;mpffen unnd unterdru&#x0364;cken la&#x017F;&#x017F;en?<lb/>
Waru&#x0364;mb &#x017F;olte er &#x017F;ich &#x017F;olcher anmutigen und ohne al-<lb/>
len Nachteil lieblichen Ergetzung ent&#x017F;chlagen? Wa-<lb/>
ru&#x0364;m &#x017F;olte das noch nicht gegenwertige Alter die Ede-<lb/>
le Jugend zur Furcht bewegen? Jch bekenne es<lb/>
frey/ das ich nach meiner Wenigkeit manche trau-<lb/>
rige und &#x017F;aure Stunde mir mit Lu&#x017F;t etwas aufzu&#x017F;e-<lb/>
tzen ver&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;et habe/ weil zum theil die allerherrlich&#x017F;ten<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften/ als go&#x0364;ldne a&#x0364;pfel auf einen &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
Purpur/ zum theil eine Sitt&#x017F;ame Ho&#x0364;fligkeit/ als<lb/>
ein ko&#x0364;&#x017F;tlicher Wein in einem theuren Pocale darun-<lb/>
ter ver&#x017F;tecket und verborgen ligen. Daß ich aber &#x017F;o<lb/>
vieler Namen und Bul&#x017F;chaften gedacht/ i&#x017F;t kei-<lb/>
nes weges dahin zu deuten/ als &#x017F;olte unter einer ie-<lb/>
den Schale eine Nuß/ und unter einen ieden ver-<lb/>
blu&#x0364;mten Worte eine ab&#x017F;onderliche Per&#x017F;on vermum&#x0303;et<lb/>
und verbildert &#x017F;tehen. Jch bin hier denen vortrefli-<lb/>
chen Leuten/ als ein kleiner Schatten einen gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Leibe/ nachgegangen/ haben &#x017F;ie mich verfu&#x0364;hret/ &#x017F;o wil<lb/>
ich mit ihnen dem Vrtheil gerne dulden und leiden/<lb/>
Mich bedu&#x0364;ncket aber/ Plato/ Cicero/ Plinius/<lb/>
Apuleius/ Horatius/ Na&#x017F;o/ Tibullus/ Propertius/<lb/>
und andere tapfere Gei&#x017F;ter/ denen es am mei&#x017F;ten ge-<lb/>
lungen/ werden deßwegen nicht zuverwerffen &#x017F;eyn/<lb/>
daß &#x017F;ie ihre Arbeit mit einer angebildeten Liebe/ und<lb/>
zwar mit frembden und unbekanten Benamungen/<lb/>
durch&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;et und be&#x017F;a&#x0364;nftiget haben. Wer &#x017F;chilt<lb/>
die hohen und fa&#x017F;t Go&#x0364;ttlichen Ma&#x0364;nner vor<lb/>
vnnd zu un&#x017F;erer Zeit? Angerianus liebet Ce-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lien</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0016] ſich ein warmer und hitziger Muth die Kaͤlte der un- freundligkrit daͤmpffen unnd unterdruͤcken laſſen? Waruͤmb ſolte er ſich ſolcher anmutigen und ohne al- len Nachteil lieblichen Ergetzung entſchlagen? Wa- ruͤm ſolte das noch nicht gegenwertige Alter die Ede- le Jugend zur Furcht bewegen? Jch bekenne es frey/ das ich nach meiner Wenigkeit manche trau- rige und ſaure Stunde mir mit Luſt etwas aufzuſe- tzen verſuͤſſet habe/ weil zum theil die allerherrlichſten Wiſſenſchafften/ als goͤldne aͤpfel auf einen ſchoͤnen Purpur/ zum theil eine Sittſame Hoͤfligkeit/ als ein koͤſtlicher Wein in einem theuren Pocale darun- ter verſtecket und verborgen ligen. Daß ich aber ſo vieler Namen und Bulſchaften gedacht/ iſt kei- nes weges dahin zu deuten/ als ſolte unter einer ie- den Schale eine Nuß/ und unter einen ieden ver- bluͤmten Worte eine abſonderliche Perſon vermum̃et und verbildert ſtehen. Jch bin hier denen vortrefli- chen Leuten/ als ein kleiner Schatten einen groſſen Leibe/ nachgegangen/ haben ſie mich verfuͤhret/ ſo wil ich mit ihnen dem Vrtheil gerne dulden und leiden/ Mich beduͤncket aber/ Plato/ Cicero/ Plinius/ Apuleius/ Horatius/ Naſo/ Tibullus/ Propertius/ und andere tapfere Geiſter/ denen es am meiſten ge- lungen/ werden deßwegen nicht zuverwerffen ſeyn/ daß ſie ihre Arbeit mit einer angebildeten Liebe/ und zwar mit frembden und unbekanten Benamungen/ durchſuͤſſet und beſaͤnftiget haben. Wer ſchilt die hohen und faſt Goͤttlichen Maͤnner vor vnnd zu unſerer Zeit? Angerianus liebet Ce- lien

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schirmer_rosengepuesche_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schirmer_rosengepuesche_1653/16
Zitationshilfe: Schirmer, David: Erstes Rosen Gepüsche. [s. l.], 1653, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schirmer_rosengepuesche_1653/16>, abgerufen am 16.04.2024.