Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Räuber,
verworrene Bild des allgemeinen Elends zu zerglie-
dern. -- Oder willst du mich durch immer neue
Geburten und immer neue Schaupläze des Elends
von Stufe zu Stufe -- zur Vernichtung -- füh-
ren? Kann ich nicht die Lebensfäden, die mir jen-
seits gewoben sind so leicht zerreissen wie diesen? --
Du kannst mich zu nichts machen -- Diese Frey-
heit kannst du mir nicht nehmen Er lädt die Pistole.
Plözlich hält er inn.
Und soll ich für Furcht eines
qualvollen Lebens sterben? -- Soll ich dem Elend
den Sieg über mich einräumen? -- Nein! ich wills
dulden Er wirft die Pistole weg. Die Qual erlahme an
meinem Stolz! Jch wills vollenden.

Es wird immer Finstrer.
Herrmann. Der durch den Wald kommt.
Horch! Horch! grausig heulet der Kauz -- zwölf
schlägts drüben im Dorf -- wohl, wohl -- das
Bubenstük schläft -- in dieser Wilde kein Lauscher.
Trit an das Schloß und pocht. Komm herauf, Jam-
mermann, Thurmbewohner! -- Deine Mahlzeit ist
bereitet.
Moor Sachte zurüktretend. Was soll das bedeu-
ten?
Eine Stimme aus dem Schloß. Wer pocht da?
He? Bist dus Herrmann mein Rabe?
Hermann. Bins Herrmann, dein Rabe. Steig
herauf ans Gitter und iß. Eulen schreyen. Fürchter-
lich
Die Raͤuber,
verworrene Bild des allgemeinen Elends zu zerglie-
dern. — Oder willſt du mich durch immer neue
Geburten und immer neue Schauplaͤze des Elends
von Stufe zu Stufe — zur Vernichtung — fuͤh-
ren? Kann ich nicht die Lebensfaͤden, die mir jen-
ſeits gewoben ſind ſo leicht zerreiſſen wie dieſen? —
Du kannſt mich zu nichts machen — Dieſe Frey-
heit kannſt du mir nicht nehmen Er laͤdt die Piſtole.
Ploͤzlich haͤlt er inn.
Und ſoll ich fuͤr Furcht eines
qualvollen Lebens ſterben? — Soll ich dem Elend
den Sieg uͤber mich einraͤumen? — Nein! ich wills
dulden Er wirft die Piſtole weg. Die Qual erlahme an
meinem Stolz! Jch wills vollenden.

Es wird immer Finſtrer.
Herrmann. Der durch den Wald kommt.
Horch! Horch! grauſig heulet der Kauz — zwoͤlf
ſchlaͤgts druͤben im Dorf — wohl, wohl — das
Bubenſtuͤk ſchlaͤft — in dieſer Wilde kein Lauſcher.
Trit an das Schloß und pocht. Komm herauf, Jam-
mermann, Thurmbewohner! — Deine Mahlzeit iſt
bereitet.
Moor Sachte zuruͤktretend. Was ſoll das bedeu-
ten?
Eine Stimme aus dem Schloß. Wer pocht da?
He? Biſt dus Herrmann mein Rabe?
Hermann. Bins Herrmann, dein Rabe. Steig
herauf ans Gitter und iß. Eulen ſchreyen. Fuͤrchter-
lich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#BRU">
            <p><pb facs="#f0194" n="172"/><fw place="top" type="header">Die Ra&#x0364;uber,</fw><lb/>
verworrene Bild des allgemeinen Elends zu zerglie-<lb/>
dern. &#x2014; Oder will&#x017F;t du mich durch immer neue<lb/>
Geburten und immer neue Schaupla&#x0364;ze des Elends<lb/>
von Stufe zu Stufe &#x2014; zur Vernichtung &#x2014; fu&#x0364;h-<lb/>
ren? Kann ich nicht die Lebensfa&#x0364;den, die mir jen-<lb/>
&#x017F;eits gewoben &#x017F;ind &#x017F;o leicht zerrei&#x017F;&#x017F;en wie die&#x017F;en? &#x2014;<lb/>
Du kann&#x017F;t mich zu nichts machen &#x2014; Die&#x017F;e Frey-<lb/>
heit kann&#x017F;t du mir nicht nehmen <stage>Er la&#x0364;dt die Pi&#x017F;tole.<lb/>
Plo&#x0364;zlich ha&#x0364;lt er inn.</stage> Und &#x017F;oll ich fu&#x0364;r Furcht eines<lb/>
qualvollen Lebens &#x017F;terben? &#x2014; Soll ich dem Elend<lb/>
den Sieg u&#x0364;ber mich einra&#x0364;umen? &#x2014; Nein! ich wills<lb/>
dulden <stage>Er wirft die Pi&#x017F;tole weg.</stage> Die Qual erlahme an<lb/>
meinem Stolz! Jch wills vollenden.</p><lb/>
            <stage>Es wird immer Fin&#x017F;trer.</stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#HER">
            <speaker> <hi rendition="#b">Herrmann.</hi> </speaker>
            <stage>Der durch den Wald kommt.</stage><lb/>
            <p>Horch! Horch! grau&#x017F;ig heulet der Kauz &#x2014; zwo&#x0364;lf<lb/>
&#x017F;chla&#x0364;gts dru&#x0364;ben im Dorf &#x2014; wohl, wohl &#x2014; das<lb/>
Buben&#x017F;tu&#x0364;k &#x017F;chla&#x0364;ft &#x2014; in die&#x017F;er Wilde kein Lau&#x017F;cher.<lb/><stage>Trit an das Schloß und pocht.</stage> Komm herauf, Jam-<lb/>
mermann, Thurmbewohner! &#x2014; Deine Mahlzeit i&#x017F;t<lb/>
bereitet.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MOOR">
            <speaker> <hi rendition="#b">Moor</hi> </speaker>
            <stage>Sachte zuru&#x0364;ktretend.</stage>
            <p>Was &#x017F;oll das bedeu-<lb/>
ten?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#STIM">
            <speaker> <hi rendition="#b">Eine Stimme</hi> </speaker>
            <stage>aus dem Schloß.</stage>
            <p>Wer pocht da?<lb/>
He? Bi&#x017F;t dus Herrmann mein Rabe?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#HER">
            <speaker> <hi rendition="#b">Hermann.</hi> </speaker>
            <p>Bins Herrmann, dein Rabe. Steig<lb/>
herauf ans Gitter und iß. <stage>Eulen &#x017F;chreyen.</stage> Fu&#x0364;rchter-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lich</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0194] Die Raͤuber, verworrene Bild des allgemeinen Elends zu zerglie- dern. — Oder willſt du mich durch immer neue Geburten und immer neue Schauplaͤze des Elends von Stufe zu Stufe — zur Vernichtung — fuͤh- ren? Kann ich nicht die Lebensfaͤden, die mir jen- ſeits gewoben ſind ſo leicht zerreiſſen wie dieſen? — Du kannſt mich zu nichts machen — Dieſe Frey- heit kannſt du mir nicht nehmen Er laͤdt die Piſtole. Ploͤzlich haͤlt er inn. Und ſoll ich fuͤr Furcht eines qualvollen Lebens ſterben? — Soll ich dem Elend den Sieg uͤber mich einraͤumen? — Nein! ich wills dulden Er wirft die Piſtole weg. Die Qual erlahme an meinem Stolz! Jch wills vollenden. Es wird immer Finſtrer. Herrmann. Der durch den Wald kommt. Horch! Horch! grauſig heulet der Kauz — zwoͤlf ſchlaͤgts druͤben im Dorf — wohl, wohl — das Bubenſtuͤk ſchlaͤft — in dieſer Wilde kein Lauſcher. Trit an das Schloß und pocht. Komm herauf, Jam- mermann, Thurmbewohner! — Deine Mahlzeit iſt bereitet. Moor Sachte zuruͤktretend. Was ſoll das bedeu- ten? Eine Stimme aus dem Schloß. Wer pocht da? He? Biſt dus Herrmann mein Rabe? Hermann. Bins Herrmann, dein Rabe. Steig herauf ans Gitter und iß. Eulen ſchreyen. Fuͤrchter- lich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/194
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/194>, abgerufen am 23.04.2024.