Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

Bild:
<< vorherige Seite
ein Schauspiel.
fel -- Noch einmal, mein Sohn! wenn dir noch
ein Funken von Hofnung irgend anderswo glimmt,
so verlaß diesen schröcklichen Bund, den nur Ver-
zweiflung eingeht, wenn ihn nicht eine höhere Weis-
heit gestiftet hat -- man kann sich täuschen --
Glaube mir, man kann das für Stärke des Geistes
halten, was doch am Ende Verzweiflung ist --
Glaube mir, mir! und mach dich eilig hinweg.
Kosinsky. Nein! ich fliehe izt nicht mehr.
Wenn dich meine Bitten nicht rühren, so höre die
Geschichte meines Unglücks. -- Du wirst mir dann
selbst den Dolch in die Hände zwingen, du wirst
-- lagert euch hier auf dem Boden, und hört
mir aufmerksam zu!
Moor. Jch will sie hören.
Kosinsky. Wisset also, ich bin ein böhmischer
Edelmann, und wurde durch den frühen Tod mei-
nes Vaters Herr eines ansehnlichen Ritterguts.
Die Gegend war paradisisch -- denn sie enthielt
einen Engel -- ein Mädgen geschmückt mit allen
Reizen der blühenden Jugend, und keusch wie das
Licht des Himmels. Doch, wem sag ich das?
Es schallt an euren Ohren vorüber -- ihr habt
niemals geliebt, seyd niemals geliebt worden --
Schweizer. Sachte, sachte! unser Hauptmann
wird feuerroth.
Moor. Hör auf! ich wills ein andermal hö-
ren -- morgen, nächstens, oder -- wenn ich
Blut gesehen habe.
Kosins-
J
ein Schauſpiel.
fel — Noch einmal, mein Sohn! wenn dir noch
ein Funken von Hofnung irgend anderswo glimmt,
ſo verlaß dieſen ſchroͤcklichen Bund, den nur Ver-
zweiflung eingeht, wenn ihn nicht eine hoͤhere Weis-
heit geſtiftet hat — man kann ſich taͤuſchen —
Glaube mir, man kann das fuͤr Staͤrke des Geiſtes
halten, was doch am Ende Verzweiflung iſt —
Glaube mir, mir! und mach dich eilig hinweg.
Koſinsky. Nein! ich fliehe izt nicht mehr.
Wenn dich meine Bitten nicht ruͤhren, ſo hoͤre die
Geſchichte meines Ungluͤcks. — Du wirſt mir dann
ſelbſt den Dolch in die Haͤnde zwingen, du wirſt
— lagert euch hier auf dem Boden, und hoͤrt
mir aufmerkſam zu!
Moor. Jch will ſie hoͤren.
Koſinsky. Wiſſet alſo, ich bin ein boͤhmiſcher
Edelmann, und wurde durch den fruͤhen Tod mei-
nes Vaters Herr eines anſehnlichen Ritterguts.
Die Gegend war paradiſiſch — denn ſie enthielt
einen Engel — ein Maͤdgen geſchmuͤckt mit allen
Reizen der bluͤhenden Jugend, und keuſch wie das
Licht des Himmels. Doch, wem ſag ich das?
Es ſchallt an euren Ohren voruͤber — ihr habt
niemals geliebt, ſeyd niemals geliebt worden —
Schweizer. Sachte, ſachte! unſer Hauptmann
wird feuerroth.
Moor. Hoͤr auf! ich wills ein andermal hoͤ-
ren — morgen, naͤchſtens, oder — wenn ich
Blut geſehen habe.
Koſins-
J
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#MOOR">
            <p><pb facs="#f0151" n="129"/><fw place="top" type="header">ein Schau&#x017F;piel.</fw><lb/>
fel &#x2014; Noch einmal, mein Sohn! wenn dir noch<lb/>
ein Funken von Hofnung irgend anderswo glimmt,<lb/>
&#x017F;o verlaß die&#x017F;en &#x017F;chro&#x0364;cklichen Bund, den nur Ver-<lb/>
zweiflung eingeht, wenn ihn nicht eine ho&#x0364;here Weis-<lb/>
heit ge&#x017F;tiftet hat &#x2014; man kann &#x017F;ich ta&#x0364;u&#x017F;chen &#x2014;<lb/>
Glaube mir, man kann das fu&#x0364;r Sta&#x0364;rke des Gei&#x017F;tes<lb/>
halten, was doch am Ende Verzweiflung i&#x017F;t &#x2014;<lb/>
Glaube mir, mir! und mach dich eilig hinweg.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KOS">
            <speaker> <hi rendition="#b">Ko&#x017F;insky.</hi> </speaker>
            <p>Nein! ich fliehe izt nicht mehr.<lb/>
Wenn dich meine Bitten nicht ru&#x0364;hren, &#x017F;o ho&#x0364;re die<lb/>
Ge&#x017F;chichte meines Unglu&#x0364;cks. &#x2014; Du wir&#x017F;t mir dann<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t den Dolch in die Ha&#x0364;nde zwingen, du wir&#x017F;t<lb/>
&#x2014; lagert euch hier auf dem Boden, und ho&#x0364;rt<lb/>
mir aufmerk&#x017F;am zu!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MOOR">
            <speaker> <hi rendition="#b">Moor.</hi> </speaker>
            <p>Jch will &#x017F;ie ho&#x0364;ren.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KOS">
            <speaker> <hi rendition="#b">Ko&#x017F;insky.</hi> </speaker>
            <p>Wi&#x017F;&#x017F;et al&#x017F;o, ich bin ein bo&#x0364;hmi&#x017F;cher<lb/>
Edelmann, und wurde durch den fru&#x0364;hen Tod mei-<lb/>
nes Vaters Herr eines an&#x017F;ehnlichen Ritterguts.<lb/>
Die Gegend war paradi&#x017F;i&#x017F;ch &#x2014; denn &#x017F;ie enthielt<lb/>
einen Engel &#x2014; ein Ma&#x0364;dgen ge&#x017F;chmu&#x0364;ckt mit allen<lb/>
Reizen der blu&#x0364;henden Jugend, und keu&#x017F;ch wie das<lb/>
Licht des Himmels. Doch, wem &#x017F;ag ich das?<lb/>
Es &#x017F;challt an euren Ohren voru&#x0364;ber &#x2014; ihr habt<lb/>
niemals geliebt, &#x017F;eyd niemals geliebt worden &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SCHWEI">
            <speaker> <hi rendition="#b">Schweizer.</hi> </speaker>
            <p>Sachte, &#x017F;achte! un&#x017F;er Hauptmann<lb/>
wird feuerroth.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MOOR">
            <speaker> <hi rendition="#b">Moor.</hi> </speaker>
            <p>Ho&#x0364;r auf! ich wills ein andermal ho&#x0364;-<lb/>
ren &#x2014; morgen, na&#x0364;ch&#x017F;tens, oder &#x2014; wenn ich<lb/>
Blut ge&#x017F;ehen habe.</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">J</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Ko&#x017F;ins-</hi> </hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0151] ein Schauſpiel. fel — Noch einmal, mein Sohn! wenn dir noch ein Funken von Hofnung irgend anderswo glimmt, ſo verlaß dieſen ſchroͤcklichen Bund, den nur Ver- zweiflung eingeht, wenn ihn nicht eine hoͤhere Weis- heit geſtiftet hat — man kann ſich taͤuſchen — Glaube mir, man kann das fuͤr Staͤrke des Geiſtes halten, was doch am Ende Verzweiflung iſt — Glaube mir, mir! und mach dich eilig hinweg. Koſinsky. Nein! ich fliehe izt nicht mehr. Wenn dich meine Bitten nicht ruͤhren, ſo hoͤre die Geſchichte meines Ungluͤcks. — Du wirſt mir dann ſelbſt den Dolch in die Haͤnde zwingen, du wirſt — lagert euch hier auf dem Boden, und hoͤrt mir aufmerkſam zu! Moor. Jch will ſie hoͤren. Koſinsky. Wiſſet alſo, ich bin ein boͤhmiſcher Edelmann, und wurde durch den fruͤhen Tod mei- nes Vaters Herr eines anſehnlichen Ritterguts. Die Gegend war paradiſiſch — denn ſie enthielt einen Engel — ein Maͤdgen geſchmuͤckt mit allen Reizen der bluͤhenden Jugend, und keuſch wie das Licht des Himmels. Doch, wem ſag ich das? Es ſchallt an euren Ohren voruͤber — ihr habt niemals geliebt, ſeyd niemals geliebt worden — Schweizer. Sachte, ſachte! unſer Hauptmann wird feuerroth. Moor. Hoͤr auf! ich wills ein andermal hoͤ- ren — morgen, naͤchſtens, oder — wenn ich Blut geſehen habe. Koſins- J

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/151
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/151>, abgerufen am 24.04.2024.