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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

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Achtes Buch.
"Mit was du dich geprahlt, das kommt von oben her;
"Nicht dein, des Himmels ist der Wercke Kunst und Ehr.
"Das was dein Winckelmaß und deine Richtschnur bauet,
"Jst stumm, wann man darauf nicht meine Zierden schauet.
225"Das Helden-Bild, das ich dir erst beschrieben hab,
"Gäb mehr als ein Gebäu von tausend Säulen ab.
"Es würde von Metall, Gold oder Erz gegossen,
"Mit Sieges-Rüstungen und Kriegs-Geräth umschlossen.
Die Bau-Kunst wiedersprach: "Wie stünd es ohne mich?
230"Du lobest dein Geschniz und Stein-Bild meisterlich.
"Wo stelltest du es hin, wann ich nicht alles füge,
"Was dieses Ehren-Mahl auf seinem Rucken trüge?
"Da wär es fest gegründt ", sprach die Bildhauerey,
"So fest, als ein Gemäur in einer Schilderey.
235"Mein, rede nichts von mir, betrachte deine Mauern,
"An welchen oft die Zeit und Arbeit zu bedauern.
"Warum verwühlst du oft, was du so künstlich baust?
"Wie manch Mahl schielest du, wann du dein Werck beschaust;
"Warum? weil was zuvor auf dem Papier gepranget,
240"Nun seinem Grund zu schwer in Eisen-Banden hanget.
"Kurz: ich verlange dich und deinen Grund-Stein nicht;
"Jch hab auf eigne Macht gegründte Zuversicht.
"Jch will das Meisterstück auf einen Felsen sezen:
"Da laß du nur den Neid daran die Zähne wezen.
Die
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Achtes Buch.
„Mit was du dich geprahlt, das kommt von oben her;
„Nicht dein, des Himmels iſt der Wercke Kunſt und Ehr.
„Das was dein Winckelmaß und deine Richtſchnur bauet,
„Jſt ſtumm, wann man darauf nicht meine Zierden ſchauet.
225„Das Helden-Bild, das ich dir erſt beſchrieben hab,
„Gaͤb mehr als ein Gebaͤu von tauſend Saͤulen ab.
„Es wuͤrde von Metall, Gold oder Erz gegoſſen,
„Mit Sieges-Ruͤſtungen und Kriegs-Geraͤth umſchloſſen.
Die Bau-Kunſt wiederſprach: „Wie ſtuͤnd es ohne mich?
230„Du lobeſt dein Geſchniz und Stein-Bild meiſterlich.
„Wo ſtellteſt du es hin, wann ich nicht alles fuͤge,
„Was dieſes Ehren-Mahl auf ſeinem Rucken truͤge?
„Da waͤr es feſt gegruͤndt „, ſprach die Bildhauerey,
„So feſt, als ein Gemaͤur in einer Schilderey.
235„Mein, rede nichts von mir, betrachte deine Mauern,
„An welchen oft die Zeit und Arbeit zu bedauern.
„Warum verwuͤhlſt du oft, was du ſo kuͤnſtlich bauſt?
„Wie manch Mahl ſchieleſt du, wann du dein Werck beſchauſt;
„Warum? weil was zuvor auf dem Papier gepranget,
240„Nun ſeinem Grund zu ſchwer in Eiſen-Banden hanget.
„Kurz: ich verlange dich und deinen Grund-Stein nicht;
„Jch hab auf eigne Macht gegruͤndte Zuverſicht.
„Jch will das Meiſterſtuͤck auf einen Felſen ſezen:
„Da laß du nur den Neid daran die Zaͤhne wezen.
Die
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[0043] Achtes Buch. „Mit was du dich geprahlt, das kommt von oben her; „Nicht dein, des Himmels iſt der Wercke Kunſt und Ehr. „Das was dein Winckelmaß und deine Richtſchnur bauet, „Jſt ſtumm, wann man darauf nicht meine Zierden ſchauet. „Das Helden-Bild, das ich dir erſt beſchrieben hab, „Gaͤb mehr als ein Gebaͤu von tauſend Saͤulen ab. „Es wuͤrde von Metall, Gold oder Erz gegoſſen, „Mit Sieges-Ruͤſtungen und Kriegs-Geraͤth umſchloſſen. Die Bau-Kunſt wiederſprach: „Wie ſtuͤnd es ohne mich? „Du lobeſt dein Geſchniz und Stein-Bild meiſterlich. „Wo ſtellteſt du es hin, wann ich nicht alles fuͤge, „Was dieſes Ehren-Mahl auf ſeinem Rucken truͤge? „Da waͤr es feſt gegruͤndt „, ſprach die Bildhauerey, „So feſt, als ein Gemaͤur in einer Schilderey. „Mein, rede nichts von mir, betrachte deine Mauern, „An welchen oft die Zeit und Arbeit zu bedauern. „Warum verwuͤhlſt du oft, was du ſo kuͤnſtlich bauſt? „Wie manch Mahl ſchieleſt du, wann du dein Werck beſchauſt; „Warum? weil was zuvor auf dem Papier gepranget, „Nun ſeinem Grund zu ſchwer in Eiſen-Banden hanget. „Kurz: ich verlange dich und deinen Grund-Stein nicht; „Jch hab auf eigne Macht gegruͤndte Zuverſicht. „Jch will das Meiſterſtuͤck auf einen Felſen ſezen: „Da laß du nur den Neid daran die Zaͤhne wezen. Die G g

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/43>, abgerufen am 28.03.2024.