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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

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Siebendes Buch.
"Welch unverzagtes Volck? erweget nicht die Zahl!
"Nur dessen Streitbarkeit, Herz, Antliz, Muth und Wahl!
"Jst es nicht eine Reih von unbesiegten Rittern,
"Die nur, wann sich der Feind entfernt, für Rache zittern?
325"Habt ihr nicht jenes Barts, des dick bewachsnen Kinns,
"Des scheelen Augenblicks, des starren Krieger-Sinns
"Lebendiges Gerüst, das Waffen-Haus gesehen?
"Mit was vor Muth und Lust es pflegt zum Kampf zu gehen?
"Es schmiegt, verbirget sich, steckt in dem Wald bereit;
330"Eh sich der Feind versieht, wirfft es sich in den Streit,
"Schießt, hauet, schlägt und sticht, stürmt, hagelt, stürzt und wittert,
"Daß für der Gräßlichkeit sich Erd und Luft erschüttert.
"Wie viele des Geschlechts bewaffnen nicht die Faust,
"Daß es den Helden selbst für solchen Helden graußt?
335"Sie lassen Heerd und Pflug auf ihren Feldern stehen,
"Für ihre Königinn ins Krieges-Feld zu gehen.
"Jst Eisen oder Stahl zum Ackerbau geschmidt,
"So wird es hingerafft, es muß zum Kämpfen mit.
"Da denckt man nimmermehr den Bauren-Hof zu hütten;
340"Nein: sondern Königen in Schlachten zu gebieten.
"Allein, was halt' ich mich bey diesen Kriegern auf,
"Fort, lassen wir das Volck in seinem Waffen-Lauf!
"Betrachten wir das Haupt, die Führer dieser Schaaren,
"Die stets den Tapfersten vor dem Gesichte waren;
345 "Scheints
Siebendes Buch.
„Welch unverzagtes Volck? erweget nicht die Zahl!
„Nur deſſen Streitbarkeit, Herz, Antliz, Muth und Wahl!
„Jſt es nicht eine Reih von unbeſiegten Rittern,
„Die nur, wann ſich der Feind entfernt, fuͤr Rache zittern?
325„Habt ihr nicht jenes Barts, des dick bewachsnen Kinns,
„Des ſcheelen Augenblicks, des ſtarren Krieger-Sinns
„Lebendiges Geruͤſt, das Waffen-Haus geſehen?
„Mit was vor Muth und Luſt es pflegt zum Kampf zu gehen?
„Es ſchmiegt, verbirget ſich, ſteckt in dem Wald bereit;
330„Eh ſich der Feind verſieht, wirfft es ſich in den Streit,
„Schießt, hauet, ſchlaͤgt und ſticht, ſtuͤrmt, hagelt, ſtuͤrzt und wittert,
„Daß fuͤr der Graͤßlichkeit ſich Erd und Luft erſchuͤttert.
„Wie viele des Geſchlechts bewaffnen nicht die Fauſt,
„Daß es den Helden ſelbſt fuͤr ſolchen Helden graußt?
335„Sie laſſen Heerd und Pflug auf ihren Feldern ſtehen,
„Fuͤr ihre Koͤniginn ins Krieges-Feld zu gehen.
„Jſt Eiſen oder Stahl zum Ackerbau geſchmidt,
„So wird es hingerafft, es muß zum Kaͤmpfen mit.
„Da denckt man nimmermehr den Bauren-Hof zu huͤtten;
340„Nein: ſondern Koͤnigen in Schlachten zu gebieten.
„Allein, was halt’ ich mich bey dieſen Kriegern auf,
„Fort, laſſen wir das Volck in ſeinem Waffen-Lauf!
„Betrachten wir das Haupt, die Fuͤhrer dieſer Schaaren,
„Die ſtets den Tapferſten vor dem Geſichte waren;
345 „Scheints
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[0017] Siebendes Buch. „Welch unverzagtes Volck? erweget nicht die Zahl! „Nur deſſen Streitbarkeit, Herz, Antliz, Muth und Wahl! „Jſt es nicht eine Reih von unbeſiegten Rittern, „Die nur, wann ſich der Feind entfernt, fuͤr Rache zittern? „Habt ihr nicht jenes Barts, des dick bewachsnen Kinns, „Des ſcheelen Augenblicks, des ſtarren Krieger-Sinns „Lebendiges Geruͤſt, das Waffen-Haus geſehen? „Mit was vor Muth und Luſt es pflegt zum Kampf zu gehen? „Es ſchmiegt, verbirget ſich, ſteckt in dem Wald bereit; „Eh ſich der Feind verſieht, wirfft es ſich in den Streit, „Schießt, hauet, ſchlaͤgt und ſticht, ſtuͤrmt, hagelt, ſtuͤrzt und wittert, „Daß fuͤr der Graͤßlichkeit ſich Erd und Luft erſchuͤttert. „Wie viele des Geſchlechts bewaffnen nicht die Fauſt, „Daß es den Helden ſelbſt fuͤr ſolchen Helden graußt? „Sie laſſen Heerd und Pflug auf ihren Feldern ſtehen, „Fuͤr ihre Koͤniginn ins Krieges-Feld zu gehen. „Jſt Eiſen oder Stahl zum Ackerbau geſchmidt, „So wird es hingerafft, es muß zum Kaͤmpfen mit. „Da denckt man nimmermehr den Bauren-Hof zu huͤtten; „Nein: ſondern Koͤnigen in Schlachten zu gebieten. „Allein, was halt’ ich mich bey dieſen Kriegern auf, „Fort, laſſen wir das Volck in ſeinem Waffen-Lauf! „Betrachten wir das Haupt, die Fuͤhrer dieſer Schaaren, „Die ſtets den Tapferſten vor dem Geſichte waren; 345 „Scheints

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/17>, abgerufen am 29.03.2024.