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Schenk, Gottfried Anton: Geschicht–Beschreibung der Stadt Wißbaden. Frankfurt (Main), 1758.

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Geschicht-Schreiber nicht das geringste wissen. Und was die Felsen in dem Rhein bey Bingen anbelanget, welche denselben, wie einige meynen, vormals in seinem Lauf sollen aufgehalten, und die grosse Ergiessungen desselben verursachet haben, nachmals aber weggeräumet worden seyn; so ist solches ebenfalls ohne allen Grund. Denn obgleich diese Felsen von Zeit zu Zeit immer in etwas mehr erweitert worden sind, so sind sie doch niemals so groß gewesen, daß der Rhein dadurch seinen Lauf nicht hinlänglich hätte nehmen können. Und es haben die alte Römer, um die Zeit der Geburt Christi, wie auch andere, in den nachmaligen Zeiten, gefolgte Völcker immerzu eben so wohl, obgleich mit einiger mehreren Unbequemlichkeit, diese Felsen, oder das so genannte Binger-Loch, mit Schiffen befahren, als die Leute zu unserer Zeit, wie alle alte Geschicht-Bücher solches bezeugen. Doch es ist nicht nöthig, bey Widerlegung des vorgegebenen Wißbadischen Bad-Sees und seines vermeynten Rheinischen Dammes sich länger aufzuhalten. Denn der Ungrund dieser Sache fällt einem jeden, der dieselbe vernünftig überleget, gar leicht von selber in die Sinnen. Und wenn der blosse Nahme einer alten Sage (die jedoch manchmal neu genug ist) einen hinlänglichen Grund von der Wahrheit der gesagten Sache abgeben könnte, so müsten mehr dergleichen alte

Geschicht-Schreiber nicht das geringste wissen. Und was die Felsen in dem Rhein bey Bingen anbelanget, welche denselben, wie einige meynen, vormals in seinem Lauf sollen aufgehalten, und die grosse Ergiessungen desselben verursachet haben, nachmals aber weggeräumet worden seyn; so ist solches ebenfalls ohne allen Grund. Denn obgleich diese Felsen von Zeit zu Zeit immer in etwas mehr erweitert worden sind, so sind sie doch niemals so groß gewesen, daß der Rhein dadurch seinen Lauf nicht hinlänglich hätte nehmen können. Und es haben die alte Römer, um die Zeit der Geburt Christi, wie auch andere, in den nachmaligen Zeiten, gefolgte Völcker immerzu eben so wohl, obgleich mit einiger mehreren Unbequemlichkeit, diese Felsen, oder das so genannte Binger-Loch, mit Schiffen befahren, als die Leute zu unserer Zeit, wie alle alte Geschicht-Bücher solches bezeugen. Doch es ist nicht nöthig, bey Widerlegung des vorgegebenen Wißbadischen Bad-Sees und seines vermeynten Rheinischen Dammes sich länger aufzuhalten. Denn der Ungrund dieser Sache fällt einem jeden, der dieselbe vernünftig überleget, gar leicht von selber in die Sinnen. Und wenn der blosse Nahme einer alten Sage (die jedoch manchmal neu genug ist) einen hinlänglichen Grund von der Wahrheit der gesagten Sache abgeben könnte, so müsten mehr dergleichen alte

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Geschicht-Schreiber nicht das geringste wissen. Und was die Felsen in dem Rhein bey Bingen anbelanget, welche denselben, wie einige meynen, vormals in seinem Lauf sollen aufgehalten, und die grosse Ergiessungen desselben verursachet haben, nachmals aber weggeräumet worden seyn; so ist solches ebenfalls ohne allen Grund. Denn obgleich diese Felsen von Zeit zu Zeit immer in etwas mehr erweitert worden sind, so sind sie doch niemals so groß gewesen, daß der Rhein dadurch seinen Lauf nicht hinlänglich hätte nehmen können. Und es haben die alte Römer, um die Zeit der Geburt Christi, wie auch andere, in den nachmaligen Zeiten, gefolgte Völcker immerzu eben so wohl, obgleich mit einiger mehreren Unbequemlichkeit, diese Felsen, oder das so genannte Binger-Loch, mit Schiffen befahren, als die Leute zu unserer Zeit, wie alle alte Geschicht-Bücher solches bezeugen. Doch es ist nicht nöthig, bey Widerlegung des vorgegebenen Wißbadischen Bad-Sees und seines vermeynten Rheinischen Dammes sich länger aufzuhalten. Denn der Ungrund dieser Sache fällt einem jeden, der dieselbe vernünftig überleget, gar leicht von selber in die Sinnen. Und wenn der blosse Nahme einer alten Sage (die jedoch manchmal neu genug ist) einen hinlänglichen Grund von der Wahrheit der gesagten Sache abgeben könnte, so müsten mehr dergleichen alte
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[50/0086] Geschicht-Schreiber nicht das geringste wissen. Und was die Felsen in dem Rhein bey Bingen anbelanget, welche denselben, wie einige meynen, vormals in seinem Lauf sollen aufgehalten, und die grosse Ergiessungen desselben verursachet haben, nachmals aber weggeräumet worden seyn; so ist solches ebenfalls ohne allen Grund. Denn obgleich diese Felsen von Zeit zu Zeit immer in etwas mehr erweitert worden sind, so sind sie doch niemals so groß gewesen, daß der Rhein dadurch seinen Lauf nicht hinlänglich hätte nehmen können. Und es haben die alte Römer, um die Zeit der Geburt Christi, wie auch andere, in den nachmaligen Zeiten, gefolgte Völcker immerzu eben so wohl, obgleich mit einiger mehreren Unbequemlichkeit, diese Felsen, oder das so genannte Binger-Loch, mit Schiffen befahren, als die Leute zu unserer Zeit, wie alle alte Geschicht-Bücher solches bezeugen. Doch es ist nicht nöthig, bey Widerlegung des vorgegebenen Wißbadischen Bad-Sees und seines vermeynten Rheinischen Dammes sich länger aufzuhalten. Denn der Ungrund dieser Sache fällt einem jeden, der dieselbe vernünftig überleget, gar leicht von selber in die Sinnen. Und wenn der blosse Nahme einer alten Sage (die jedoch manchmal neu genug ist) einen hinlänglichen Grund von der Wahrheit der gesagten Sache abgeben könnte, so müsten mehr dergleichen alte

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Zitationshilfe: Schenk, Gottfried Anton: Geschicht–Beschreibung der Stadt Wißbaden. Frankfurt (Main), 1758, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schenck_wissbaden_1758/86>, abgerufen am 19.04.2024.